Tichys Einblick
Allensbach-Umfrage zur Meinungsfreiheit

Nur noch 45 Prozent sagen, dass man seine Meinung frei äußern kann

Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigen: Nicht einmal die Hälfte der Menschen in Deutschland glauben noch, dass man seine Meinung frei äußern kann. Nur die Anhänger der Grünen sind davon in großer Mehrheit überzeugt.

Kristina Flour

Die alte Beziehung zwischen der FAZ und dem Institut für Demoskopie Allensbach besteht immer noch. Während die Frankfurter Tageszeitung sich von ihren Wurzeln politisch, geistig und kulturell weit entfernt hat, ist dieser Prozess im Allensbacher Institut nicht so weit gediehen.

Im neuesten Beitrag für die FAZ zitiert Dr. Thomas Petersen, Institut für Demoskopie Allensbach, einleitend, dass Alexis de Tocqueville bei seinem Besuch in den Vereinigten Staaten „in der dortigen Gesellschaft eine Neigung zum Konformismus (beobachtete), die ihn befremdete. Nicht die Regierung, sondern die Gesellschaft selbst gab sich Regeln, die auf die Bürger starken Druck ausübten. Eine starke soziale Kontrolle, so schien ihm, schrieb dem Einzelnen vor, wie er sich zu verhalten habe, und der Einzelne beuge sich aus Angst vor Isolation diesem Druck.”

Als Gefahr für die Freiheit des Einzelnen habe Tocqueville das Mehrheitsprinzip in der Demokratie gesehen: „Was wäre, wenn die Mehrheit beschlösse, die Minderheit zu unterdrücken?” Gegen eine solche „Tyrannei der Mehrheit“ könne man sich nicht wehren, an wen solle sich der Einzelne wenden, fragte Tocqueville:

„An die öffentliche Meinung? Sie ist es, die die Mehrheit bildet. An die gesetzgebende Versammlung? Sie stellt die Mehrheit dar und gehorcht ihr blind. An die ausübende Gewalt? Sie wird durch die Mehrheit ernannt und dient ihr als gefügiges Werkzeug.“

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Manches erinnere einen heute an Tocqueville, schreibt Petersen. Heute klagten auffallend viele Bürger über eine starke soziale Kontrolle, hätten den Eindruck, „dass versucht werde, ihnen bis ins Detail vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten hätten, und viele haben das Gefühl, sich nicht dagegen wehren zu können.” Doch eines sei heute anders mit der Meinungsfreiheit als von Tocqueville beschrieben: „Der Druck geht nicht von der Mehrheit, sondern von einer Minderheit aus. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der F.A.Z.”:

Seit 1953 stellt Allensbach regelmäßig die Frage zur Meinungsfreiheit: „Haben Sie das Gefühl, dass man heute in Deutschland seine politische Meinung frei sagen kann, oder ist es besser, vorsichtig zu sein?“ Von den sechziger Jahren bis ins vergangene Jahrzehnt hinein hätten stets mehr als zwei Drittel der Befragten gesagt, man könne seine Meinung frei äußern. Doch das hat sich dramatisch verändert.

Petersen: „Im Juni 2021 sagten gerade noch 45 Prozent, man könne seine Meinung frei sagen, praktisch gleich viele, 44 Prozent, widersprachen.”

Die Anhänger der Grünen unter den Befragten glauben zu 62 Prozent, dass man seine Meinung frei äußern könne. Bei den CDU/CSU-Anhängern sind es 53 Prozent. Bei den Anhängern der anderen Parteien ist dieser Glaube schon eine deutliche Minderheitsposition. Wie sagte doch Tocqueville? Die öffentliche Meinung ist es, die die Mehrheit bildet: die Anhänger der Grünen als Träger der öffentlichen Meinung – und auch der veröffentlichten – deutlich mehr als die Unionsanhänger.

Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage zur Meinungsfreiheit des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der FAZ bestätigen, was viele Beiträge auf TE sagen, und die dafür von Einheitsmeinungsmedien politisch in ein falsches Licht gerückt werden.

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