Unfreiwillige Komik ist meistens besonders lustig. Kaum hatte Air Berlin Insolvenz angemeldet, postete der SPD-Bundesvorstand: „Wir stehen an der Seite der Beschäftigten und holen die Urlauber zurück.“ Das wirft doch einige Fragen auf:
- Betreibt die SPD jetzt eine eigene Fluglinie – Schulzflug statt Schulzzug?
- Werden Spitzen-Genossen gestrandete Urlauber persönlich an sonnigen Stränden abholen?
- Oder zahlt die SPD die 150 Millionen Euro, mit denen die Bundesregierung Air Berlin vorerst am Fliegen hält, aus der Parteikasse?
Fragen über Fragen. Tatsache aber ist, dass die SPD über reichhaltige Erfahrungen im Flugverkehr verfügt – mit dem Pannenflughafen BER.
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Eigentlich sollte Ex-Kanzler Gerhard Schröder im Wahlkampf Stimmung für seine Partei machen. Wahlkampf kann er, doch dürfte die SPD lieber auf seinen Einsatz verzichten. Denn Schröders bevorstehender Einzug in den Board des russischen Öl-Konzerns Rosneft bereitet den Genossen Sorgen. Rosneft ist nämlich kein gewöhnliches Unternehmen. Es wurde u. a. so groß, weil es sich die besten Stücke des Yukos-Konzerns des enteigneten und inhaftierten Putin-Kritikers Chodorkowski einverleiben durfte. Die Süddeutsche schreibt dazu: „Alles, woran Russland krankt, ist bei Rosneft vereint: Rohstoffabhängigkeit, Kleptokratie, fehlende Rechtssicherheit, Verquickung von Politik und Wirtschaft.“
Gerhard Schröder lässt sich seine persönliche Verquickung von Politik und Wirtschaft sicher gut bezahlen. Und so jemand soll auf den Marktplätzen das hohe Lied auf „mehr Gerechtigkeit“ singen und zugleich die Kanzlerin kritisieren, weil sie seinen Freund Putin nicht so gut findet wie er? Kein Wunder, dass die SPD auf Distanz zu ihrem einstigen Stimmenfänger geht. Auf Distanz zu dessen größter politischer Leistung, der „Agenda 2010“, ist sie ohnehin schon.
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Was machen eigentlich die Grünen? Von ihrem Wahlziel, mit einem zweistelligen Ergebnis drittstärkste Kraft zu werden, sind sie weit entfernt. Vieles spricht dafür, dass sie mit rund 7 Prozent auf dem letzten Platz landen werden.
Die Grünen leiden – ebenso wie die SPD – daran, dass Merkel eine Themen-Kleptomanin ist. Was Zustimmung und Stimmen verspricht, wird übernommen – auch grüne Ur-Themen wie Atomausstieg und „Ehe für alle“. Aus „Dieselgate“ können die Grünen keinen Honig saugen. Im VW-Land Niedersachsen sitzen sie mit in der Regierung und im Daimler-Land Baden-Württemberg stellen sie gar den Ministerpräsidenten. Da kann man nicht so richtig auf Konfrontationskurs gehen.
Ganz abgesehen davon: Fahrverbote oder ein schnelles Diesel-Verbot träfen auch viele grüne Wähler. Und beim eigenen Geldbeutel hört der ökologische Spaß bekanntlich auf. Das musste 2013 schon Jürgen Trittin mit seinen rigorosen Steuererhöhungsplänen erfahren.
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Alle Umfragen belegen es: Kein anderes Thema bewegt die Menschen so sehr wie Zuwanderung, Integration und Asylrecht. Die CDU/CSU hängt das Thema nach dem „Kontrollverlust“ in der Flüchtlingskrise 2015/16 eher niedrig. Merkels Mantra, eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen, klingt seltsam. Übersetzt heißt das: Wählt mich, damit mir nicht derselbe Fehler wie 2015 noch einmal unterläuft. Typisches Wahlkampfgeschwurbel also.
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Martin Schulz wollte den Komplex „Flüchtlinge“ thematisieren – eigentlich. Jetzt hielt er eine groß angekündigte Grundsatzrede zur Integrationspolitik. Aber er vermied die wirklich heißen Eisen. Kein Wort über Parallelgesellschaften, über die Kölner Silvesternacht, über kriminelle Ausländer. Nur ein paar Floskeln zu einer Abschiebepraxis, die mehr Ausnahmen kennt als vollzogene Abschiebungen.
Dafür machte sich Schulz für ein Einwanderungsgesetz stark. Für eine bessere Regelung der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt gibt es gute Gründe. Aber solang das „Asyl-Tor“ für Missbrauch weit geöffnet bleibt, bewirkt auch das beste Einwanderungsgesetz keinen Rückgang von Migranten, die in Deutschland selbst als Arbeitslose besser leben können als in ihrer alten Heimat.
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Wahlkampfweisheit zum Tage: Das Los der Parteien wird von den Parteilosen bestimmt (Lothar Schmidt).