Ein Mordversuch gegen einen Politiker, und sei es auch ein Regionalpolitiker, ist eigentlich eine Nachricht von nationaler Tragweite. Man erinnere sich etwa an den Fall des Bürgermeisters von Altena, der 2018 mit einem Messer verletzt wurde. Die mediale Resonanz auf einen Messerangriff gegen den Politiker Bent Lund in Schleswig am 18. Mai ist dagegen sehr bescheiden. Kein großes, überregionales Medium hat bislang berichtet. Das Opfer ist AfD-Kreistagsabgeordneter. Der Täter ist, wie der Oberstaatsanwalt in Flensburg mitteilt, ein 31-jähriger Iraker.
Die AfD schildert die Tat in einer Pressemitteilung als „heimtückischen Mordanschlag“. Der Oberstaatsanwalt sagt gegenüber TE knapper: „Ich kann bestätigen, dass Herr Bent Lund am Abend des 18. Mai 2023 in Schleswig
im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Messer verletzt worden ist. Nach Behandlung im Krankenhaus konnte der Geschädigte entlassen werden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Flensburg am 19. Mai 2023 gegen den Beschuldigten, einen 31-jährigen irakischen Staatsangehörigen, Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr erlassen.“ Auf Nachfrage bestätigt der Flensburger Oberstaatsanwalt, dass der Mann in Haft ist. Das gilt allerdings offenbar nicht für mindestens eine weitere Person, die an der Tat womöglich beteiligt war.
Das gegen den Iraker eröffnete Verfahren wird, wie der Oberstaatsanwalt mitteilt, nicht wegen versuchten Mordes geführt, sondern „wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung“ – strafrechtlich ein deutlich geringerer Vorwurf. Der Hintergrund der „Auseinandersetzung“ zwischen dem Iraker und Lund sei „unklar und gegenwärtig Gegenstand der noch andauernden Ermittlungen“.
In der AfD-Pressemitteilung wird die Gewalttat detaillierter beschrieben: Eine „aus zwei Männern und einer Frau bestehende Tätergruppe aus dem Umfeld eines Schleswiger Clans mit Migrationshintergrund“ habe mit einem SUV den Motorrad fahrenden Lund von der Straße abzudrängen versucht.“ Als das nicht gelang, folgten die Täter dem Opfer bis vor dessen Haustür. Unter der Androhung ihn „kaltmachen“ zu wollen, sprühte man dem Opfer Pfefferspray ins Gesicht. In der Folge hielt einer der Männer das Opfer fest, während der andere mehrfach auf Herrn Lund einzustechen versuchte. Herrn Lund gelang es, vier Stichversuche abzuwehren, wurde aber durch einen fünften schwer getroffen. Das Messer drang im Bereich des Schulterblatts 8cm tief in den Körper ein und verfehlte nur knapp das Herz.“ Lund sei nach der Versorgung seiner Verletzung im Krankenhaus in die Wohnung zurückgekehrt, „aus Sorge um seinen 16-jährigen Sohn, der sich weiter alleine in der gemeinsamen Wohnung befand“. Auch gegen diesen hätten die Täter Morddrohungen erhoben. „Zur Zeit befindet sich der Sohn an einem sicheren Ort und wird geschützt. Aufgrund des Mordanschlags auf seinen Vater und der gegen ihn ausgesprochenen Morddrohungen ist der 16-Jährige traumatisiert und befindet sich in psychologischer Behandlung.“
Zum Hintergrund beziehungsweise der Vorgeschichte der Tat sagt die AfD-Pressemitteilung, „Personen aus dem Umfeld des Opfers und dessen Besucher“ seien schon zuvor mehrfach von Clan-Mitgliedern als „Nazis“ bezeichnet worden. „So auch am Abend vor der Tat, als eine mehrköpfige Personengruppe zuerst Herrn Lund die Zufahrt zu seiner Wohnung versperrte und diese nur widerwillig freigab. In der Folge kam es vor dem Haus zu einem Handgemenge mit Verletzungen auf beiden Seiten. Dabei lag das Kräfteverhältnis bei 10 zu 2 (10 männliche und weibliche Personen mit Migrationshintergrund auf der einen, und Herr Lund nebst seinem Sohn auf der anderen Seite).“ Bei einem Klinikbesuch nach der Tat sei es nochmals zu „Pöbeleien vonseiten der Migranten gegen Herrn Lund und dessen Begleiter“ gekommen. „Auch hier wurden erneut Drohungen gegen Herrn Lund ausgesprochen. Das Klinikpersonal musste die Polizei verständigen“.