Der Focus-Redakteur und bekannte Publizist Michael Klonovsky (53) wird aus der Redaktion des Nachrichtenmagazins ausscheiden und ab 1. Juni „publizistischer Berater“ der AfD-Parteichefin Frauke Petry. Das erfahren wir im Vorfeld des morgigen AfD-Parteitags. Das journalistische Schwergewicht stärkt Petry`s Rolle an der Parteispitze merklich.
Aktualisierung 15.30: Der Vorsitzende der AfD-Nachwuchsorganisation Markus Frohnmaier wird das Team um Petry weiter verstärken, bestätigte Frohnmaier auf Nachfrage. „Ich freue mich darauf, in Zukunft für eine der mutigsten Frauen in Deutschland arbeiten zu dürfen. Frauke Petry wird unser Land nachhaltig verändern und ich freue mich darauf, sie auf diesem Weg zu begleiten.“
Ein wortgewaltiger Rebell
Klonosvsky wuchs in Ost-Berlin auf, lernte Maurer und schlug sich bis zur Wiedervereinigung als Hilfsarbeiter durch. Über Korrektor bei der Tageszeitung Der Morgen und freiberuflich schreibend für die Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT wurde er schließlich Redakteur des Focus, brachte es zum Chef vom Dienst, leitete das Debatten-Ressort und zeichnete zuletzt als Autor für das Blatt. Er führt eine scharfe Feder und zieht lange Linien.
Bereits 2010 formulierte er in einer Titelgeschichte die Programmatik einer neuen konservativen oder rechtskonservativen Partei. Beide Begriffe, so Klonosvsky, beschrieben eine politische Normalität, besäßen aber „in Deutschland auf Grund jahrzehntelanger Abwertung einen Hautgout, den sie nicht verdient“ hätten, sondern der antidemokratische wirke. Wo es eine Linke gäbe, „müsse es aus simplen Gründen des Gleichgewichts und der Repräsentativität eine Rechte geben. Der Bundesadler ist ein Krüppel, er hat nur einen Flügel“.
Klonovskys damalige Thesen finden sich ziemlich vollständig im neuen Entwurf eines AfD-Programms, der auf dem Parteitag diskutiert werden soll. (Eine Umfangreiche Diskussion des Entwurfs hat Tomas Spahn vorgelegt.) Klonovsky formulierte 2010: „Leitkultur“ sei der „Gegenbegriff zu Multikultikulti“; und „in unserem Weltteil ist die Leitkultur notwendig christlich geprägt.“ Eine konservative Partei wäre „eine Partei der EU-Skepsis. Sie würde dafür plädieren, dass Europa ein Staatenbund bleibt und kein Bundesstaat wird. Finanzpolitisch stünde für eine solche Partei die nationale Stabilität turmhoch über den Alimentierungs-Bedürfnissen anderer Staaten.“ Der Staat „die Kontrolle über den öffentlichen Raum zurückgewinnen“ – ein Punkt, der seit den Übergriffen in Köln zu Sylvester bedeutsam wurde. Auch die aktuelle Islam-Debatte hat Klonovsky vorweg genommen. „Ein liberaler Islam? Was soll das sein? Ich kann nicht liberal beten“, zitierte er einen Muslim in einer Focus-Titelgeschichte über „Die dunkle Seite des Islam“.
Im dauererregten Ismus-Dauerregen
Klonovsky ist als streitbarer Geist bekannt, der als Widerständler in der totalen Konfrontation mit der DDR gestählt mehr Gegenwind auszuhalten gelernt hat, als er in West-Deutschland üblich ist; Rassismus-, Nazismus- oder Anti-Feminismus-Vorwürfe prasseln auf den vielseitigen Publizisten wie ein dauererregter Ismus-Landregen herab. Dabei ist er ein vielschichtiger, vielseitiger und vielzitierter Autor: Er schreibt Romane und Essays, hat aber auch Aphorismen, ein Sportbuch und einen satirischen Weinratgeber veröffentlicht. Er überspitzt gern, legt Sachverhalte schmerzhaft bloß und wählt packende, oft verletzende Formulierungen.
2012 bezeichnete die Zeitschrift Emma Klonovsky als „Strippenzieher“ einer „Verschwörung der Maskulisten“ gegen die Frauen, die Frauenbewegung und Gender Mainstreaming. Für seinen Begriff von den „Ewig-Morgigen“ erhielt er einen Journalistenpreis; er jagt den Gutmenschen zu Wasser, zu Lande und in der Luft. In den vergangenen Monaten war eine zunehmende Polarisierung zu beobachten: Im Zuge der sich verengenden innenpolitischen Mediendebatte zum Flüchtlingsthema verschärften sich die Angriffe der Meinungswächter des Mainstream auf ihn; Klonovsky seinerseits spitzte seine Argumentation weiter zu. So kam es wohl auch zur Entfremdung mit dem Focus, wo er immer weniger Rückhalt erfuhr und als Reaktion seinen Blog ausbaute.
Verstärkung für die Petry-Fraktion
Mit dem konservativen Intellektuellen hat Petry einen Stichwort- und Ratgeber, der das Profil der AfD schärfen und die Partei aus dem Vorwurf der Dumpfheit befreien soll. Er übernimmt damit als scharfzüngiger Intellektueller und Publizist ein Stück weit die Rolle von Konrad Adam, der die AfD mitbegründete und eine Zeit lang führte.
Klonovsky dürfte Petry aber auch in der innerparteilichen Auseinandersetzung dienen. Im März hatte die AfD-Vorsitzende erklärt, zukünftig nicht mehr mit dem Pressesprecher des Bundesvorstands, Christian Lüth, zusammenarbeiten zu wollen. Lüth spreche seither nicht mehr für sie, nur noch für den Vorstand. (Lüth war früher für den FDP-Abgeordneten Werner Hoyer, für die Naumann-Stiftung in Honduras und Entwicklungsminister Dirk Niebel tätig). Die Süddeutsche Zeitung sah darin das nahende Ende von Petry, die in der Parteiführung isoliert sei: „Es hat in anderen Parteien schon bei geringeren Vorgängen Vorsitzende veranlasst, die Vertrauensfrage zu stellen.“ Die Personalie Klonovsky spricht aber wohl nicht für Rückzug, sondern für Angriff.
Als publizistischer Berater soll er zunächst bei der AfD in Sachsen angestellt werden. Als Vertrauter und Berater der Vorsitzenden dürfte er wohl auch die Gesamtverantwortung für die Medienarbeit der Partei beeinflussen wollen. Der intellektuell bisher dominierende stellvertretende Parteivorsitzende Gauland wird sich entscheiden müssen, ob er das Tandem Klonovsky/Petry zum Trio ergänzt oder bekämpft.
Während des AfD-Parteitags dürfen wir Spekulationen erwarten, wie Klonovsky das Machtzentrum der AfD verändert. Vor dem Parteitag schrieb der Stern, Partei-Chefin Petry habe „die Mitglieder zur Mäßigung aufgerufen und erstmals die Möglichkeit eines Rückzugs angedeutet, sollte sich die Partei weiter nach rechts bewegen.“ Neues Deutschland interpretierte, Petry fordert Höcke heraus. Offensichtlich will Petry jedenfalls das rhetorische Schwert führen, das Klonovsky schärft.