Die ungeklärte Haftungsfrage könnte die AstraZeneca-Impfungen ins Stocken bringen. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg rät ihren Mitgliedern, den Impfstoff nicht an unter-60-Jährige zu impfen, weil sich Ärzte bei Impfschäden haftbar machen könnten. Das geht aus einem Schreiben vom Freitag hervor, das TE vorliegt. Laut einem Sprecher ging die Email an alle Haus- und Fachärzte in Baden-Württemberg, die ihre Leistungen bei gesetzlichen Krankenkassen abrechnen dürfen. Das seien “Tausende”, schätzte er.
In dem Schreiben heißt es: “Bei Impfschäden greift im Hinblick auf Versorgungsansprüche bei öffentlicher Empfehlung nach § 60 InfSchG eine Haftung des Staates. Angesichts der Formulierung der STIKO in deren Mitteilungen vom 01.04.2021 greift diese Regelung bei unter 60-jährigen Patient*innen bei der Verwendung des AstraZeneca Impfstoffes derzeit (Stand 15.04.2021) nicht.”
Insofern könne eine Impfung mit Astrazeneca an unter-60-Jährige “wegen der nicht abschließend geklärten Frage der Staatshaftung” nicht empfohlen werden, heißt es weiter. “Wenn Komplikationen auftreten, ist die Frage der Staatshaftung nicht abschließend geklärt”, ist da zu lesen. Unterschrieben haben den Text der Vorstandsvorsitzende Norbert Metke und sein Stellvertreter Johannes Fechner.
Die Haftungsfrage könnte folgenreich sein. Der Immunologe und Toxikologe Stefan Hockertz sagte auf TE-Anfrage, viele Mediziner könnten aufgrund der Empfehlung die Hände von AstraZeneca lassen. “Die Haftungsproblematik hat das Potenzial, allen Corona-Impfstoffen einen empfindlichen Dämpfer zu verpassen”, sagte der Corona-Impfkritiker. Er sehe die Frage bei allen Corona-Impfstoffen als ungeklärt an und erwarte große Rechtsstreitfälle, ähnlich dem Contergan-Skandal der Sechziger Jahre. Der Professor für Molekulare Immuntoxikologie ist mit seinem Unternehmen selbst an der Entwicklung von Impfstoffen beteiligt.
Zuletzt hatten einige Staaten entschieden, AstraZeneca vorerst nicht mehr impfen zu lassen. Dänemark hatte die Impfungen sogar dauerhaft gestoppt. Es gebe “echte und ernsthafte Hinweise” auf schwere Nebenwirkungen, sagte der Chef der dänischen Gesundheitsbehörde, Sören Broström, laut einem Bericht der Tagesschau. Hintergrund sind laut dem Artikel Berichte über einen Zusammenhang des Impfstoffs mit Thrombosen.
Laut dem Paul-Ehrlich-Institut treten bei AstraZeneca-Geimpften am häufigsten Nebenwirkungen auf – verglichen mit Comirnaty von Biontech/Pfizer und Moderna. Das Institut betont allerdings, dass nicht erwiesen sei, dass die Impfstoffe ursächlich seien. Laut dem Sicherheitsbericht vom 2. April zählte das PEI 17.170 Verdachtsfälle bei AstraZeneca. Davon waren 8 Prozent schwerwiegend. Auf 1000 AstraZeneca-Impfdosen kamen 5,8 Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen und 0,5 von schwerwiegenden Nebenwirkungen. Das war deutlich mehr als der Durchschnitt für alle drei Impfstoffe, der bei 2,2 beziehungsweise 0,2 pro 1000 Impfdosen lag.