Die Bundesregierung plant allein in diesem Jahr 101 Regierungsbauten im Volumen von 4,8 Milliarden Euro. Dies geht aus einer Aufstellung des Bundesfinanzministeriums hervor, über die das „Handelsblatt“ berichtet. Allein das Bundesinnenministerium plant 45 Bauprojekte für sich und nachgeordnete Behörden, das Bundesfinanzministerium elf, das Verteidigungs- und Landwirtschaftsministerium jeweils neun.
Dabei hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erst kürzlich den seit 2019 in der Berliner Wilhelmstraße geplanten Neubau des Finanzministeriums infrage gestellt. Offenbar wollte er damit ein Beispiel der Sparsamkeit geben. „Uns fehlen bezahlbare Wohnungen. Es macht daher wenig Sinn, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen. Wir werden stattdessen jetzt prüfen, ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann“, sagte Lindner.
Dass der Bundesfinanzminster mit diesen Aussagen seine Kabinettskollegen und nicht zuletzt auch den Kanzler selbst unter Druck setzt, ist offenkundig. Gerade der Anbau des Kanzleramtes ist umstritten. Diese Kosten sind in der Summe von 4,8 Milliarden Euro allerdings noch gar nicht mit eingerechnet, weil sie sich ausschließlich auf geplante Kosten im Haushaltsjahr 2023 bezieht. Rechnet man den Anbau des Kanzleramts hinzu, dessen Planungen noch auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurückgehen, liegen die Kosten noch deutlich höher.
Verbunden durch eine Brücke soll auf der anderen Seite der Spree ein großer Erweiterungsbau errichtet werden. Mit dem Erweiterungsbau sollen Hunderte neue Büros entstehen, rund ein Drittel der Beschäftigten des Kanzleramtes ist bisher extern untergebracht. Das Kanzleramt war ursprünglich auf 400 Mitarbeiter ausgelegt, hat aber inzwischen rund 770 Mitarbeiter. Zunächst war der Bau mit 600 Millionen Euro veranschlagt worden, doch Experten warnen, dass die Kosten wegen gestiegener Zinsen und Baukosten auf über eine Milliarde Euro steigen könnten.
Auch eine Kindertagesstätte und ein Hubschrauberlandeplatz sind geplant, zudem ein abhörsicheres Gebäude für Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND).
Apropos Bundesnachrichtendienst: Nach Informationen des Handelsblatts könnten zu den 4,8 Milliarden noch weitere Kosten für neue Liegenschaften des Bundesnachrichtendienstes hinzukommen. Der aus dem Kanzleramt gesteuerte Geheimdienst spielt aus Platzmangel sowohl einen Anbau der Berliner Zentrale als auch Um- und Neubauten am alten Stammsitz in Pullach bei München durch.
Die Kosten dafür beziffert der BND auf inzwischen 1,3 bis 1,7 Milliarden Euro, wie das Handelsblatt unter Berufung auf mehrere Personen schreibt, die mit den als geheim eingestuften Bauplänen des Geheimdienstes betraut sind. Bisher war von Kosten im dreistelligen Millionenbereich die Rede gewesen. Die höheren Ausgaben seien nötig, weil mehr Personal untergebracht und die Baukosten gestiegen seien, heißt es. Noch sind die Pläne nicht vom Haushaltsausschuss abgesegnet. Auch prüft der Bundesrechnungshof derzeit, ob ein Anbau angemessen ist.
Die Frage stellt sich, warum der BND überhaupt Liegenschaften an zwei Orten hält. Nachdem im Jahr 1991 der Beschluss fiel, wurde eine neue Zentrale in Berlin gebaut. Der Umzug von mehreren tausend Mitarbeitern von Pullach nach Berlin war dann im Januar 2019 abgeschlossen. Man versprach sich von der räumlichen Nähe zu den politisch Verantwortlichen eine bessere Zusammenarbeit zwischen BND und Politik. Am 8. Februar 2019 wurde der Neubau in der Berliner Chausseestraße festlich eingeweiht. Festrednerin war Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Angesichts der in Deutschland herrschenden Wohnungsnot, die durch die Masseneinwanderung noch verschärft wird, wundert man sich über die rege Bautätigkeit des Bundes, was Regierungsgebäude angeht. Sinnvoller wären Investitionen in den Wohnungsbau.
So kritisiert CDU-Wohnungspolitiker Jan-Marco Luczak die zahlreichen Bauvorhaben des Bundes: „In einer Zeit, wo viele Menschen und Unternehmen unter Energiepreisen und Inflation ächzen und oftmals um ihre Existenz fürchten, muss kritisch überprüft werden, ob das alles noch in die Zeit passt.“ Er mahnt: „Statt Prachtbauten wie das Bundeskanzleramt wäre es besser, mehr Wohnungen zu bauen.“