Gesetze gibt es in Deutschland sicherlich genug. Was es freilich offensichtlich nicht genug gibt, sind Polizeibeamte, die ihnen flächendeckend Geltung verschaffen. „Anders ist es kaum zu erklären, dass seit einigen Jahren die Zahl der nicht vollstreckten Haftbefehle immer weiter steigt – der Menschen also, die eigentlich in einem Gefängnis sitzen sollten, es aber nicht tun“, verkündet selbst die Zeit, die sonst eher zu den Weichzeichnern der Kriminalität hierzulande zählt. Gesuchte Straftäter werden häufig nur zufällig entdeckt – vor allem bei Verkehrskontrollen der Polizei.
Tatsächlich waren zum Stichtag des 28. März 2019 in der Polizeidatenbank Inpol-z deutschlandweit 185.736 Personen mit einem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben. Das geht aus der regierungsamtlichen Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic hervor.
Hessen: Rund 11.000 „offene Haftbefehle“ – Zahl der Islamismus-Haftbefehle seit 2014 verachtfacht
Allein im Bundesland Hessen (Einwohnerzahl: 6.265.800) gab es schon Anfang November dieses Jahres 10.964 „offene Haftbefehle“. Im Jahr zuvor waren es 11.004, im Jahr 2017 konnten die Behörden 10.923 Haftanordnungen nicht vollstrecken. Das räumte das Innenministerium in Wiesbaden ein, nachdem die AfD-Landtagsfraktion hierzu eine Parlamentarische Anfrage an die schwarz-grüne Landesregierung gestellt hatte.
Zwar soll es hier in den meisten Fällen „um Alltagskriminalität und Straftaten wie Erschleichen von Leistungen, Fahren ohne Führerschein oder einfache Körperverletzung“ gehen (Bild-Zeitung), aber viele der gesuchten Täter haben sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht.
Gravierend sind auch die Misserfolge bei politisch motivierten Gewalttätern. So konnten die Ermittlungsbehörden in der islamistischen Szene Hessens bei 58 Haftbefehlen sage und schreibe 52 der zur Fahndung ausgeschriebenen Täter nicht fassen. Angeblich befinden sich in 51 Fällen die gesuchten Straftäter im Ausland.
Im Sektor Islamismus hat sich die Zahl der Offenen Strafbefehle von 2014 bis 2019 deutlich erhöht. Das geht aus der Landtags-Drucksache hervor. 2014 wurden ganze acht solcher Strafbefehle notiert, 2018 waren es 53 und derzeit sind es bereits 65. Die Erklärung der Landesregierung, viele der gesuchten Täter befänden sich im Ausland, ist wohl eine vage Schönfärberei. Die wirklichen „Auslandszahlen“ kennt niemand – nicht einmal der hessische Verfassungsschutz.
Von 31 Haftbefehlen in der rechtsextremistischen Szenerie Hessens wurden nur 17 vollstreckt. Im linksextremistischen Bereich werden offenbar nur fünf Straftäter gesucht, einer davon hält sich anscheinend im Ausland auf.
Berlin ist wieder einmal Negativ-Spitzenreiter
In anderen Bundesländern sehen die Gesamtzahlen nicht besser aus, hier drei Bespiele:
- In Niedersachsen (Einwohnerzahl: 7.982.400) konnten Polizisten in 14.791 Fällen gesuchter – namentlich bekannter – Straftäter nicht habhaft werden, weil sie angeblich untergetaucht sind. Das teilte das Innenministerium auf eine Bild-Anfrage mit. „Wie viele davon Mörder, Vergewaltiger oder Räuber sind, konnte die Behörde nicht mitteilen.“ Klar ist aber offenbar: „In 3.290 Fällen ist eine Straftat Anlass der sogenannten Fahndungsnotierungen, in 7.581 Fällen Strafvollstreckung (z. B. bei nicht gezahlter Geldstrafe).“ Interessanterweise ging es dabei „5.047 Mal (…) um Ausweisung, Ab- oder Zurückschiebung“.
- Im Freistaat Bayern (Einwohner: 13.076.700) werden derzeit rund 30.000 „Flüchtige“ gesucht. Erstaunlich, betont doch die CSU-Landeregierung unter Markus Söder (CSU) immer wieder, „wie wichtig ihr Ordnung und Sicherheit sei“ (Die Zeit).
- An der Spitze des Versagens steht freilich wieder einmal der – rot-grün-rot regierte – Stadtstaat Berlin (Einwohnerzahl: 3.644.000). Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl gibt es hier bundesweit die meisten unvollstreckten Haftbefehle, berichtet die Hamburger Wochenzeitung. Auf 10.000 Einwohner kommen in der Hauptstadt demnach 23,3 Haftbefehle. Das sind in der Summe rund 8.500.
Bundesgebiet: Zahlen zum Linksextremismus sind stark geschönt
Interessant sind zum Beispiel die bundesweiten Zahlen der offenen Haftbefehle im Bereich des politischen Extremismus. Der Spiegel berichtet, dass in diesen Szenarien im März 2019 insgesamt 5.980 offene Haftbefehle gezählt worden seien. 4.503 – etwa 75 Prozent – davon entfielen auf „religiös motivierte“ Täter (in der Regel sind das Islamisten).
Dass die Polizeidienstellen heutzutage in Sachen Extremismus hauptsächlich mit Islamismus beschäftigt sind, wird in den Medien nicht oft berichtet. 657 Haftanordnungen beziehen sich nach diesem Spiegel-Bericht auf Rechtsextremisten und 141 Haftbefehle auf linke Extremisten. Weitere 679 Haftbefehle betreffen kleinere Gruppierungen oder sind keinem Bereich eindeutig zuzuordnen.
Die Zahlen zu den Rechtsextremisten scheinen erheblich überhöht zu sein. Ohnehin heißt es unter Experten, dass offizielle Stellen bei politisch motivierten Straftaten, bei denen unklar ist, wer die Täter sind, häufig einfach davon ausgegangen wird, dass es sich bei den Tätern um „Rechte“ handelt. Das gilt nicht zuletzt auch für antisemitische Taten. (Siehe: hier)
Kritische Beobachter verweisen etwa auf das Beispiel der bürgerkriegsähnlichen G20-Unruhen in Hamburg. Die Bild-Zeitung hat hierzu im Juli Zahlen zu linksextremistischen Tätern präsentiert, die denen des „Spiegel“ mindestens teilweise stark widersprechen.
Laut „Bild“ gab es allein „im Zusammenhang mit den G20-Krawallen mehr als 3 560 Ermittlungsverfahren, davon mehr als 850 Verfahren gegen gut 930 namentlich bekannte Beschuldigte“. Bei fünf Öffentlichkeitsfahndungen seit Dezember 2017 seien „Bilder von insgesamt 400 Personen veröffentlicht“ worden, „133 konnten identifiziert werden“. Ähnliche Zahlen hat Tichys Einblick im September veröffentlicht.
Doch in welchen offiziellen Gesamtstatistiken werden diese Tausende „Polit“-Kriminellen aufgeführt? Das Bundesamt für Verfassungsschutz räumt auf seiner Internetseite knapp, aber immerhin ein: „Dem gewaltorientierten linksextremistischen Spektrum werden Ende des Jahres 2018 wie im Vorjahr insgesamt 9.000 Personen zugerechnet, darunter nun 7.400 Autonome (2017: 7.000).“
Wenn man sich allein die Zahl der von linken Extremisten in großer Zahl hierzulande bedrohten oder verhinderten Veranstaltungen etwa von Bernd Lucke, Thilo Sarrazin, Birgit Kelle oder der AfD vor Augen führt, stellt sich die Frage, in welchen Zahlenaufstellungen diese Gewalttäter wohl auftauchen. Der Verdacht, dass in diesem Bereich Tabellen und Texte arg „schön geschrieben“ werden, drängt sich immer wieder auf.
Bedenklich ist ebenfalls, dass nicht wenige Politiker besonders aus den Reihen der Grünen und der Partei Die Linke die extrem gewaltbereite Antifa zumindest partiell sogar als verdeckten Bündnispartner ansehen. Hätten organisierte Rechtsextremisten auch nur annähernd die Mobilisierungsstärke der berüchtigten Antifa, würde hierzulande wohl der – grundgesetzlich definierte – Notstand ausgerufen.
Polizei? Die Tür bleibt zu, Beamte draußen
Wirklich große und engmaschige Fahndungen betreibt die Polizei wegen ihrer personellen Engpässe nur in Ausnahmefällen. Gesuchte öffnen vielfach die Wohnungstür nicht, wenn Polizisten erscheinen. Nicht immer lassen dann die polizeilichen Festnahme-Gruppen die Eingangstür gewaltsam öffnen. Falls die Straftäter in der betreffenden Unterkunft nicht angetroffen werden, wird öfter auch auf genaue Hausdurchsuchungen verzichtet. Andere gesuchte Täter halten sich vorübergehend bei Freunden oder Verwandten – oft im selben Stadtteil – auf, oder sie haben schlicht falsche Adressen angegeben.
Oder – besonders, wenn es sich um Ausländer handelt – die Straftäter leben unter neuem Namen. Oder die zur Fahndung ausgeschriebenen Personen sind im Ausland unterwegs. Handelt es sich bei den Festzunehmenden zum Beispiel um Clan-Mitglieder, trauen sich Polizeibeamte zumeist gar nicht mehr ohne den Begleitschutz größerer Bereitschaftspolizei-Einheiten und schwer bewaffneter Gruppen des SEK (Spezialeinsatzkommando) in die Unterkünfte der „Familien-Mitglieder“. Solche Großaktionen kann man schon aus Personalgründen nicht oft durchführen.
Die Politik versucht zumeist, die besorgniserregenden Zahlen zu den nicht vollstreckbaren Haftbefehlen möglichst hurtig unter den Teppich zu kehren. Anderenfalls käme der gesetzestreue Bürger sicherlich öfter mal ins Grübeln.
Wohin fließen die Gelder?
Jeder Bürger müsste sich fragen, wann wohl jemals all die per Strafbefehl Gesuchten gefasst werden können. Mancher Mitbürger, der sich selbst tagtäglich an die gesellschaftlichen Regeln hält und brav seine Steuern zahlt, fragt sich natürlich, ob unser Rechtsstaat in Teilen nicht längst außer Kraft gesetzt ist. Wer aber trägt die Verantwortung für diese katastrophalen Zustände in einer Gesellschaft, in der sich viele Kriminelle sagen, dass sie wahrscheinlich nie gefasst werden?
Schuldig gemacht haben sich die Verantwortlichen in den Landesexekutiven und in der Bundesregierung, die zwar Milliarden über Milliarden in die de facto grenzenlose Flüchtlingspolitik steckt oder mit unermesslichen Geldaufwendungen Staaten wie Griechenland subventionieren – aber den hiesigen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften die notwendigen Gelder vorenthalten, die nötig wären, damit der Rechtsstaat funktioniert.