Preise für E-Autos im freien Fall

Vor einem „Blutbad“ warnt der Stellantis-CEO, sollte der von Tesla begonnene Preiskrieg weiter um sich greifen. Das Ende des Umweltbonus in Deutschland facht die Situation auf dem E-Auto-Markt weiter an. Weltweit schreiben E-Auto-Hersteller im steigenden Umfang rote Zahlen.

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Die von Tesla-Chef Elon Musk im Herbst 2023 in China angezettelte Rabattschlacht mit stufenweiser kräftiger Absenkung der Neuwagenpreise, um ein Jahresabsatzziel von rund 2 Millionen Teslas noch zu erreichen, hat sich mittlerweile rund um den Globus fortgesetzt. In allen hochentwickelten Automärkten kam ab Herbst die Nachfrage nach Elektroautos ins Stocken, darob die Hersteller anfingen, ihr wachsendes Angebot an unverkuften Elektroautos mit hohen Rabatten in den Markt zu drücken.

Die Folgen waren für Automobil-Marktexperten nicht überraschend: Der Markt für Elektroautos insgesamt wuchs durch diese Absenkung des Preisniveaus zwar nicht, wohl aber die individuellen Verluste, die nahezu alle Hersteller von E-Autos bislang ohnehin schon in dieser Geschäftssparte erlitten.

Das überraschende Ende des Umweltbonus war nicht der Beginn, sondern lediglich ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem Preiskampf auf dem E-Auto-Markt, wie er bislang in der 100-jährigen Autogeschichte nicht gekannt war. Weltweit schreiben Autohersteller mit der E-Auto-Produktion im steigenden Umfang rote Zahlen, wird jedes E-Auto mit Verlust verkauft. Und dieser Absturz der Profitabilität einer ganzen Branche breitet sich zurzeit weltweit aus. Vor einem industrieweiten „Blutbad“ warnt der Stellantis-CEO Carlos Tavares, sollte der von Tesla begonnene Preiskrieg weiter um sich greifen. Auch Teslas Profite sind laut seinem jüngsten Finanzbericht zufolge stark geschrumpft (Automobil Industrie).

Tesla und die chinesische Automarke BYD (Build Your Dreams), inzwischen vor Tesla Weltmarktführer bei BEV-Elektroautos, sind die aggressivsten Preiskämpfer. Waren es ab Herbst 2023 zunächst nur temporäre Rabatt-Aktionen, die von den Autoherstellern einer nach dem anderen zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen und zur Absatzförderung ihrer Elektroautos gewährt wurden, befinden sich die Autopreise für Elektroautos seit Jahresbeginn „im freien Fall“ (Automobilwoche). Mitte 2023 noch undenkbar, war die E-Autowelt noch in Ordnung.

Begonnen hatte alles in China, wo Vertriebs-Greenhorn Musk, amerikanische Gepflogenheiten folgend, seine gängigen Modelle Model3 Und Model Y in mehreren Stufen im Verkaufspreis drastisch senkte. Niedrige Produktionskosten und hohe Margen machten das möglich. Andere folgten unmittelbar nach.

Die meisten Hersteller von Elektrofahrzeugen – mit ganz wenigen Ausnahmen – schreiben rote Zahlen. Und dieser Absturz der Profitabilität einer ganzen Branche breitet sich zurzeit weltweit aus. Auch Teslas Profite sind seinem jüngsten Finanzbericht zufolge stark geschrumpft. Der deutsche Elektroauto-Markt spielt wegen des Wegfalls des Umweltbonus eine Sonderrolle. Ein Hersteller nach dem anderen sah sich gezwungen, die staatliche Förderung durch Eigenmittel zu ersetzen, und sogar weiter aufzustocken, je nach Absatz-Notlage.

Exemplarisch für den Rest der Branche soll hier die Preispolitik von Dacia angeführt werden, die mit Preissenkungen von fast 50 Prozent besonders krass hervorsticht. Dacia hat Anfang Januar unmittelbar nach Wegfall der Kaufprämie den Preis für sein Modell Spring Electric um 10.000 Euro auf 13.000 Euro gesenkt. Der Dacia Spring ist ohnehin schon eines der günstigsten Elektroautos. Der Hersteller gewährte nunmehr zusätzlich einen Rabatt von über 40 Prozent. Die Autos müssen allerdings bis zum 31. März 2024 zugelassen sein.

Vom Dacia Spring wurden seit der Markteinführung in Deutschland 30.000 Exemplare verkauft. Nach Angaben von Dacia ist der elektrische Spring derzeit in den Versionen Essential Electric 45 und Extreme Electric 65 verfügbar. Der Basispreis des Essential Electric 45 liegt bei 22.750 Euro, so dass abzüglich des Elektrobonus das Fahrzeug ohne Überführungskosten weniger als 13.000 Euro kosten würde. Der Extreme Electric 65 kostet in der Basisversion 24.550 Euro, mit dem Elektrobonus dann 14.550 Euro.

Auch andere Hersteller kündigten nach dem Wegfall der staatlichen Umweltprämie im vergangenen Dezember vorübergehende Rabatte an. So hat VW die Preise für seine ID-Modelle um teilweise fast 8.000 Euro gesenkt.

Als jüngstes Beispiel für einen Preis-Coup auf dem deutschen Markt sei der chinesische Elektroauto-Hersteller Polestar genannt, Tochter des chinesischen Geely-Konzerns. Als Ausgleich für die Kaufprämie gewährt auch Polestar ab Februar 2024 hohe Rabatte auf sein bislang einziges Modell, die Mittelklasse-Limousine Polestar 2.

Laut Automobilwoche erhalten Polestar-Kunden 4500 Euro Rabatt auf die Single-Motor-Varianten des Polestar 2. Für die Versionen mit zwei Motoren gibt es sogar 6500 Euro Nachlass, wie der Hersteller mitteilt. Beide Angebote gelten ab Anfang Februar und für Bestellungen bis Ende März.

Polestar reagiert damit auf die allgemeine Nachfrageschwäche bei E-Autos. Zuvor hat das Unternehmen den Abbau von 15 Prozent der Stellen angekündigt, zudem will Volvo den Hersteller nicht mehr länger finanziell unterstützen. Der gemeinsame Mutterkonzern Geely betonte jedoch, Polestar weiterhin unter die Arme greifen zu wollen. Im vergangenen Jahr hat Polestar mit 54.600 Autos zwar seinen Absatz gesteigert, das selbstgesteckte Ziel von 80.000 Einheiten aber deutlich verfehlt. Das lag unter anderem daran, dass für 2023 eigentlich der Marktstart des SUVs Polestar 3 sowie des Crossover Polestar 4 geplant war, aber nicht erfolgte. Diese Modelle sollen 2024 auf den Markt kommen, also mitten in der Flaute des E-Auto-Marktes. Polestar erhofft sich davon eine deutliche Steigerung der Nachfrage. Bisher hat die Marke nur den Polestar 2 im Angebot.

Ebenso wie der Rest im Markt leidet Polestar unter der sinkenden Nachfrage nach Elektroautos. Nachdem die Autobauer in den vergangenen Jahren wegen des Chipmangels nicht so viele Fahrzeuge liefern konnten, wie die Kunden kaufen wollten, ist die Nachfrage nun spürbar eingebrochen. Der neueste DAT Käufer-Report 2024 kennt sogar für die Zurückhaltung den Hauptgrund: Elektroautos sind bei Kunden nicht sehr beliebt, auch bei niedrigen Preisen nicht, wie sich inzwischen herausstellt. Drohende Wertverluste in Zukunft schrecken ab.

Der aktuelle Preiskrieg bestätigt die Einschätzung von „gelernten“ Automobilmarkt-Experten, wonach Preissenkungen, die bei schwacher Nachfrage von allen mehr oder weniger im Gleichschritt vorgenommen werden, keinem der Wettbewerber Vorteile, aber allen erhebliche Verluste verschafften.

Das Gegenteil war erwartet worden, nachdem die Kaufprämien zum Jahresende 2023 eingestellt worden waren und alle Hersteller mit eigenen Rabattaktionen begonnen hatten, den staatlichen Prämienentzug aus eigenen Mittel auszugleichen.

Vergeblich, wenn die Nachfrageschwäche keine konjunkturellen, sondern strukturelle, das heißt dauerhafte Ursachen hat. Wenn der Markt nicht mehr wächst, weil die Kunden eben nicht mehr kaufen wollen, helfen auch Rabatte nichts. Nach dem Motto: „Wenn die Masse im Gleichschritt marschiert, bedeutet das noch lange nicht, dass die Richtung stimmt“ (Thomas Sonnabend). Oder im Fach-Chinesisch ausgedrückt: Die Preiselastizität der Nachfrage nach Elektroautos tendiert ab einem bestimmten Marktdurchdringungs-Grad geht gegen Null.

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Kommentare ( 56 )

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Michaelis
9 Monate her

„Industrieweites Blutbad“ – phantastisch!! Ich habe selbst viele Jahre im Forschungsbereich der Autoindustrie gearbeitet, und dabei wiederholt feststellen müssen, wie strunzdumm manche CEOs sind. Nahezu null Weitsicht oder Marktverständnis mit Blick auf die Zukunft. Aber Managerseminare mit irgendwelchen perversen Gurus und blindes Vertrauen in irgendwelche selbsternannte „Trendforscher“ – das hatten die drauf.

Martin Aston
9 Monate her

Lustig, erst wurde hier rumgeheult, dass die E-Autos ja viiiel zu teuer seien, jetzt, da sie billiger werden, wird „die E-Auto Welt“ als „nicht mehr in Ordnung“ bejammert. Das nennt sich schlicht Marktwirtschaft. Lediglich die rückständig-verschlafene deutsche Autoindustrie schreibt rote Zahlen. Wie viel vorher abkassiert wurde (auch durch die Prämie, die einfach auf den Preis aufgeschlagen wurde) kann man an den plötzlich möglichen Nachlässen sehen. Bei den anderen Herstellern sinkt vielleicht die Marge etwas, aber das war realistischerweise zu erwarten. E-Mobilität wird erschwinglich für Jedermann. Die Welt geht Richtung E-Mobilität. Ob Deutschland, mit seinen nicht mal 2% Anteil am weltweiten… Mehr

Wuehlmaus
9 Monate her
Antworten an  Martin Aston

Verschlafen nennen ich die deutsche Automobilindustrie nicht. Sie baut nur die falschen Autos, die keiner will.
Nur Benziner, als manche mit Stromern experimentieren wollten.
Dann kündigt sie die Benziner ab, als nur noch diese gefragt waren. Und konzentriert sich auf das Premiumsegment, als sich kaum noch ein ehrlicher Angestellter sich diese privat leisten kann.

BK
9 Monate her

Wenn man schon bei den Bauern die „Subventionen“ für den Agrardiesel streichen will, dann sollte man die E-Autobesitzer auch angemessen besteuern. Richtig wäre, für den doch inzwischen sehr knappen Strom, der den E-Kfz als Ladestrom dient und alles andere als öko ist, ein Äquivalent dessen aufzuschlagen, was als Mineralölsteuer an der Tankstelle fällig wird. Damit wird die Steuergerechtigkeit hergestellt. Denn auch der E-Autofahrer muss zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Selbst wenn die kWh am Schnellader dann 2 Euro kostet. Die grüne Forderung, dass der Liter Super 5,-DM kosten soll, hatten wir mit Beginn des Ukrainekrieges fast erreicht. Nun sind… Mehr

Apfelmann
9 Monate her
Antworten an  BK

Bitte erst informieren und dann schreiben. Der Strom der „alles andere als öko ist“ enthält genauso den CO2 Preis und natürlich Stromsteuer. Da gibt es nichts geschenkt.

Gernoht
9 Monate her

Sozialismus führt unweigerlich zur Rückkehr des Trabant mit einer Wartezeit von 10 Jahren für Neuwagen und Gebrauchtwagenpreisen deutlich höher als der Neuwagenpreis. Insofern geht der Trend in die richtige Richtung.

alter weisser Mann
9 Monate her

„Die staatlichen Subventionen für den Ausbau der Netzinfrastruktur im Zuge der Energiewende wurden im Haushalt der Bundesregierung gestrichen. In diesem Zusammenhang kommt es zu einer deutlichen Erhöhung der Netznutzungsentgelte durch die Netzbetreiber und damit verbunden auch zu einem Anstieg der § 19 StromNEV-Umlage. Leider haben wir keinen Einfluss auf diesen Kostenanstieg.“ (EnBW 02/2024)
… und so steigt der Strompreis um 10% und der Grundpreis um 50% (bei mir).
Sowas hilft den E-Autos sicher auch nicht.

TschuessDeutschland
9 Monate her

Ihr Ansatz enthält einen kleinen aber wesentlichen Denkfehler:
Ein „E-Auto“ braucht etwa fünfmal mehr Rohstoffe (Kupfer, Silber, Aluminium usw.) wie ein Verbrenner. Manche Rohstoffe, die ein E-Auto braucht kommen in einem Verbrenner gar nicht vor, weil unnötig (seltene Erden, Cobalt usw.).
Wer damit Geld verdienen will – viel Erfolg und Toi Toi Toi.

Last edited 9 Monate her by TschuessDeutschland
TschuessDeutschland
9 Monate her

Fehler im Text:
Falsch:
„Begonnen hatte alles in China, wo Vertriebs-Greenhorn Musk, amerikanische Gepflogenheiten folgend, seine gängigen Modelle Model3 Und Model Y in mehreren Stufen im Verkaufspreis drastisch senkte. Niedrige Produktionskosten und hohe Margen machten das möglich.“
Richtig:
„Begonnen hatte alles in China, wo Polit-Profi Musk, amerikanische Gepflogenheiten folgend, seine gängigen Modelle Model3 Und Model Y in mehreren Stufen im Verkaufspreis drastisch senkte. Subventionen durch den amerikanischen Steuerzahler und politische „Donations“ machten das möglich.“

D. Ilbert
9 Monate her

Das deckt sich ziemlich genau mit meiner Sichtweise. Beim E-Fahrzeug entfällt der Verbrennungsmotor mit all seinen Nebenaggregaten wie Einspritz- und Abgasanlage, Turbo und, nicht zu vergessen, die horrenden Entwicklungskosten. Auch das Getriebe entfällt und darüber hinaus kann die pauschale Rückstellung für Gewährleistung erheblich reduziert werden kann. Was nicht da ist, was sich nicht bewegt, kann auch nicht kaputt gehen.

M.E. sollte das batterieelektrisch angetriebene Fahrzeug billiger herzustellen sein als das vergleichbare Modell mit Verbrennungsmotor.

Kuno.2
9 Monate her

Tesla hatte vor zehn Jahren seine S Klasse (diese wird in manchen Städten gern als Taxi benutzt) mit kostenlosem Strom auf Lebenszeit des Mobils verkauft. Ein mir bekannter Taxiunternehmer in Alsfeld (Oberhessen) hatte dieses Fahrzeug mit etwa 160.000 Km und zehn Jahren auf dem Buckel zum damaligen Neupreis gekauft. Neupreis? Ja! Denn der kostenlose Strom gilt für die gesamte Lebenszeit des Fahrzeugs. Meine Frage nach der Batterie beantwortete er, dass diese „etwas“ nachgelassen habe. Aber er fahre sowieso nur immer im Kreis Alsfeld und selten mal eine Flughafenfahrt nach Frankfurt.

alter weisser Mann
9 Monate her
Antworten an  Kuno.2

Neupreis? Ja, zu welchen Preis als den Neupreis hätte man ein Model S denn vor 10 Jahren sonst kaufen können?
Und ehrlich … es sagt doch keiner, dass das E-Auto mit vernünftigen Preisen nicht seine Marktsegmente findet: Zweitauto für Pendler oder Mama-Taxi, Rentner, die keine Langstrecken mehr selbst fahren.
Nur ist es nicht die eine Mobilitätslösung für alle.

D. Ilbert
9 Monate her

Von „Blutbad“ würde ich hier nicht sprechen wollen. Schauen Sie sich die VW-Gewinne von 2016 bis 2022 an. 2016 = 5 Mrd.- 2022 = 15 Mrd. €. Sieht so ein Blutbad aus? „Die Elektromobilität“ macht vielleicht 10% der Leistung des Konzerns aus. Mag sein, daß VW bei jedem batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeug „Geld drauflegt“. ABER: noch 2020 kostete der billigste Golf rd. 21.000€ (der billigste Golf von 2000 lag bei rd. 15.000€. In 20 Jahren also eine Oreissteigerung von rd. 33%). 2024 mußten hierfür rd. 28.000€ ausgegeben werden. Er war damit innerhalb von 3 Jahren rd. 40% teurer geworden. Und erscheint… Mehr