Deutschland lebt von Kernkraft aus Frankreich

Deutschland produziert keinen Strom mehr mit Kernenergie. Frankreich erzeugt sehr viel Strom mit Kernenergie. Deutschland erzeugt insgesamt zu wenig Strom und muss ihn anderswo einkaufen. Und oh Wunder: Immer mehr Strom kaufen wir in Frankreich.

IMAGO

Sie lesen ja ein Meinungsmagazin. Das steht so auch im Titel, gleich unter dem Namen „Tichys Einblick“. Das heißt aber nicht, dass ein Autor hier immer auch seine eigene Meinung hinschreiben muss. Manchmal genügen auch einfach ein paar Zahlen vom Statistischen Bundesamt destatis.

*****

Im ersten Halbjahr 2023 haben wir in Deutschland 233,9 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und in unsere Netze eingespeist. Klingt nach viel, ist es aber gar nicht: Tatsächlich sind es 11,4 % weniger als im ersten Halbjahr 2022.

Wenig überraschend haben wir in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auch knapp ein Fünftel weniger Strom exportiert (- 18,1 %). Geradezu explodiert sind dagegen unsere Stromimporte, um fast ein Drittel (+ 30,8 %).

Im zweiten Quartal dieses Jahres – also in den Monaten April bis Juni 2023 – haben die letzten betriebenen drei Kernkraftwerke bei uns fast keinen Strom mehr geliefert, sie wurden ja am 15. April abgeschaltet. In dieser Zeit haben wir mit 18,5 Mrd. kWh deutlich mehr Strom importiert, als exportiert wurde (11,4 Mrd. kWh).

Dazu schreibt nun destatis, Zitat:

„Dieser Importüberschuss von 7,1 Milliarden Kilowattstunden entspricht etwa der Strommenge, die im 2. Quartal 2022 noch von den drei Kernkraftwerken eingespeist worden war (7,3 Milliarden Kilowattstunden).“

Wir holen uns also praktisch den gesamten Strom, den wir vorher mit unseren Kernkraftwerken selbst produziert haben, jetzt aus dem Ausland.

*****

Bei Stromimporten gibt die Statistik keine Auskunft über die im Ausland zur Stromerzeugung eingesetzten Energieträger. Dafür wissen wir genau, woher der Strom kommt, den wir anderswo einkaufen.

Kurzer Rückblick: In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres waren die Importe aus Frankreich stark zurückgegangen – laut destatits wegen „Problemen in den dortigen Kernkraftwerken“. Damals haben wir sogar mehr Strom nach Frankreich geschickt als Frankreich zu uns.

Jetzt laufen die Kernkraftwerke dort bekanntlich wieder reibungslos und volle Pulle. Prompt steigen unsere Stromimporte aus Frankreich so stark wie aus keinem anderen Land: um satte 147,8 %. Allein in Frankreich haben wir im ersten Halbjahr 2023 4,4 Mrd. kWh eingekauft.

Wir haben unsere Atomkraftwerke abgeschaltet. Frankreich erzeugt weit über zwei Drittel seines Stroms in seinen Atomkraftwerken. Was sagt uns das alles?

*****

Manchmal genügen halt auch einfach ein paar Zahlen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 79 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

79 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Jens E.
1 Jahr her

Bereits die Überschrift ist falsch. Man kann einzelne Aussagen aus destatis herausnehmen und plakativ ausweisen, das macht es insgesamt aber nicht richtig. Ganz fettgedruckt steht in dem destatis Artikel: „Stromexporte weiterhin höher als -importe, aber deutlich geringerer Exportüberschuss“ und außerdem: „Gründe für den Rückgang der insgesamt verfügbaren Strommenge waren Einsparbemühungen wegen hoher Energiepreise und eine konjunkturelle Abschwächung, insbesondere in den energieintensiven Industriezweigen.“ Tatsächlich hatte Deutschland im letzten Jahr viel Strom nach Frankreich verkauft, darunter auch Gas- und Kohlestrom. Den verkaufen wir nicht mehr, deshalb weniger Stromexport. Der Anteil der erneuerbaren ist weiter stetig gestiegen. Was versuchen sie uns hier zu… Mehr

Timur Andre
1 Jahr her

aber auch politisch dümmer als alle andere, und daher verlieren sie immer am Ende, jedesmal und garantiert.
Habe so meine Theorie, unser politischer Nachwuchs wird von einigen Staaten kontrolliert, so sichert man sich die Herrschaft der Dummen und Willigen für ihr den eigenen Vorteil.

Timur Andre
1 Jahr her

Frankreich lebt vom Uran aus den BRICS Staaten und Afrika, nun wird es eng und teuer.

Michael M.
1 Jahr her

Es genügen eigentlich immer ein paar Zahlen, allerdings muß man diese auch interpretieren können und, ganz wichtig, das auch wollen.
Jeder halbwegs gebildete Bürger, der sich auf den einschlägigen Webseiten die Zahlen der Stromerzeugung aufgesplittert noch Kohle, Gas, PV, Windmühlen, Importe etc. und des Verbrauchs (das ist nämlich der Knackpunkt, dass Erzeugung und Verbrauch sekundengenau identisch sein muss) anschaut, der wird sehr schnell erkennen, dass die grüne Energiewende in der jetzigen Form ohne KKWs niemals funktionieren wird.

Biskaborn
1 Jahr her

In unserer Landeszeitung wurde darüber berichtet und der Verband der Energieerzeuger zitiert. Der gab sinngemäß zu Protokoll, der Importüberschuss speziell in den Sommermonaten ist günstig für Deutschland und wenn wir selbst weniger Energie erzeugen ist das gut fürs Klima. Noch Worte?

Waldorf
1 Jahr her

Frankreichs Atomkonzern kommt vor Freude nicht mehr in den Schlaf, die Schweizer auch nicht. Fassungslosigkeit über unsere Dummheit wird zwar auch mitschwingen, die Freude über die geschenkten Milliarden wird aber wohl überall überwiegen. Früher mußte man sich noch in Energiekonzerne mühevoll einkaufen, 1001 Vorschrift beachten und bekam rund um die Uhr zudem noch Kopfschmerzen im Bürokratie-Djungel. Heute reicht es zu liefern was die binationalen Übergabepunkte hergeben, bzw gegen Bezahlung Überschußstrom gnädig abzunehmen, um zb seine Pumpspeicherwerke zu füllen – deren Strom sich wieder an die Dummen Bäumeumarmer teuer verkaufen läßt. Warum nur 1x kassieren, wenn es auch 2x geht –… Mehr

DerWestfale
1 Jahr her

Was mir hier im Artikel fehlt ist der monetäre Aspekt – also der volkswirtschaftliche Schaden durch die Stromeinkäufe im Ausland. Im Morgenwecker wird dankenswerterweise täglich über die horrenden Einkaufspreise – und Mengen (selbst im Sommer) berichtet. Aber erst durch die Kostenanalyse würde klar werden welche Dimensionen hier im Raum stehen. So wie ich es den Zahlen entnehme scheint der tägliche Import mindestens das dreifache zu kosten wie die eigene AKW- Produktion. Hinzu kommt dass in den Wintermonaten der Photovoltaik- Anteil wegbrechen wird, sich der Zukauf also mindestens verdreifachen wird.Wie soll das gehen ?

Dieter Rose
1 Jahr her

Französische Kernkraft ist ungefährlich,
deutsche Kernkraft ist gefährlich.
Kapieren Sie es doch endlich!
Grünes Denken ist doch leicht nachvollziehbar, alles Deutsche ist wie ganz Deutschland
„ein mieses Stück Sch…e“ (OT grün).

Silverager
1 Jahr her
Antworten an  Dieter Rose

Habeck hat uns ja erzählt, er hätte auch gern Strom aus der Ukraine importiert, von Kernkraftwerken dort, weil die ja gebaut seien.
Die tiefgründige Logik des Klimaministers ist einfach nur zu bewundern.

giesemann
1 Jahr her

In FR ist der el. Strom so billig, dass man dort directement damit heizt. Eigentlich wäre FR das ideale Land für die „warme Pumpe“ des Häuptlings. Könnte er nunmehr die Franzosen dazu bringen, ab itzo el. Wärmepumpen zu betreiben und den so ersparten Atomstrom an uns zu verkaufen – damit sie mit dem Erlös die Wärmepumpen bei uns kaufen können, dann wäre das ein perfekter deal, oder? Das schreib‘ ich jetzt dem BMWK. Mal sehen, ob er anbeißt.

Peter Pascht
1 Jahr her

Deutschland lebt von Kernkraft aus Frankreich, wie auch vom Wasserkraftstrom aus Norwegen. AKW wurde abgeschaltet, Wind wehte weniger und die Sonne schien 2022 auch weniger. Bei destatis kann man dann solchen Unfug lesen: „im Jahr 2022 in Deutschland 509 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und eingespeist“ Das ist pyhsikalische Nonsens. „eingespeist“ wird da gar nichts. Strom kann nur in dem Maße erzeugt worden sein, in dem Maße er geflossen, also verbraucht wurde. Wo kein Strom verbraucht wurde, wurde auch kein Strom erzeugt. Stromerzeugung = Stromverbrauch sagt die Physik. Weil weniger Wind wehte und die Sonne weniger schien, brauchten wir 38% mehr… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her
Antworten an  Peter Pascht

„Der tatsächliche erzeugte Anteil von Wind und Sonne lag bei 11%…“ Das stimmt so nicht. Vom 01.01.-06.09.23 betrug der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung ~53% (nur Sonne und Wind ~43%). Das dieser Strom nicht immer dann produziert wurde wenn er auch gebraucht wird, das ist ein anderes Thema. Zur „Effizienz“: Die Photovoltaik kam in diesem Zeitraum auf 11,8% ihrer installierten Leistung, die Onshore-WKA auf 20,8% und die Offshore WKA auf den im Verhältnis geradezu atemberaubenden Wert von 29,8%! Rechnet man das um, kommen Sonne und Wind gerade einmal auf einen Wirkungsgrad von ~0,17! Zum Vergleich, ein modernes Gaskraftwerk kommt… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch