Die Grünen sind in der Regierung nur noch Küchenhilfe

Insgesamt 30 Stunden hat die Koalition getagt. Das Ergebnis ist mau. Doch zwei Tendenzen zeichnen sich ab: Die Ampel hat kaum noch Raum für eigene Ideen und die Grünen sind in dieser Koalition nur noch Küchenhilfe.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Annalena Baerbock, Außenministerin, verlässt das Bundeskanzleramt nach dem Treffen des Koalitionsausschusses, 27. März 2023

Längere Fristen für den Heizungsaustausch – und Gasheizungen dürfen weiter betrieben werden, wenn sie als klimaneutral gelabelt werden. Die LKW-Maut soll nach dem Jahresanfang erneut steigen, die Bahn dafür mehr Geld erhalten. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) darf zwar schneller Autobahnen bauen, muss dabei aber Wind- und Solaranlagen aufstellen. Autofahrer müssen mehr für den Ausstoß von Kohlendioxid zahlen und Tankstellenbesitzer E-Ladestellen aufbauen. Wer im Wald Windräder baut, kann sich mit Geld von der Verpflichtung zum Ausgleich des Schadens an der Natur freikaufen.

Mit ihrem Paket wirkt die Ampel wie ein Rentner, der an der Kasse seinen Wocheneinkauf aus dem Münzglas bezahlt: Das sind zehn Cent, zwölf, 17, 18 … Das kann dauern. Und so hat die Koalition denn auch insgesamt 30 Stunden für ihr Paket beraten. Als Zwischenstand verkaufte Kanzler Olaf Scholz (SPD), über das Wichtige sei sich die Runde schnell einig gewesen – die Details hätten so lange gedauert. Was aber in dem Paket das Wichtige ist, ließ er offen.

Inszenierung der Politik
Olaf Scholz und Robert Habeck in „Die Sprachlosen und die Schlaflosen“
Denn ein großer Wurf ist dem Team Scholz nun wirklich nicht gelungen. Die Ampel dreht ein wenig an den Stellschrauben. Und nicht mal da haben sie noch viel Spielraum, wie ein näherer Blick auf die Ergebnisse zeigt. Etwa wenn es darum geht, (noch) höhere Einnahmen zu generieren: Die LKW-Maut steigt – wieder mal. Und Autofahrer müssen künftig mehr für Kohlendioxid zahlen – wieder mal. Den Verbrauchern und Autofahrern ringt die Regierung damit aus ihrer Sicht bestenfalls weitere zehn Milliarden Euro im Jahr  ab. Viel Geld für die Bürger. Aber wenig hilfreich angesichts einer Lücke im Haushalt, die Friedrich Merz (CDU) auf rund 90 Milliarden Euro schätzt. Dass der Oppositionsführer die Quelle für diese Zahl ist, liegt daran, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) immer noch keinen Entwurf für den Haushalt vorgelegt hat – auch nicht nach 30 Stunden Beratung.

Das Stellschrauben-Spiel der Ampel wird im Übrigen weiteres Drehen an anderen Stellschrauben erzwingen. Die höhere LKW-Maut treibt die Preise in den Supermärkten nochmal nach oben, die Kosten für Tankstellenbesitzer die Benzinpreise. Das schreit nach dem nächsten „Entlastungspaket“ oder wie es Kanzler Scholz vermutlich nennen wird: dem Tripple-Wumms. Das sorglosere Abholzen von Bäumen für Windräder wird bewirken, dass Deutschland umso mehr der Natur schadet, desto mehr es über deren Rettung redet. Und so wahnsinnig viele neue Autobahn-Kilometer wird Wissing kaum bauen können, als dass da wirklich viele neue Anlagen für „erneuerbare Energien“ entstehen werden. Der Verkehrsminister hat genug damit zu tun, die bestehenden Autobahn-Kilometer zu sanieren.

Endloser Koalitionsausschuss
FDP-Koalitionsausstieg: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Die Ampel hat mit dem Koalitionsausschuss aber nicht nur gezeigt, dass sie hilflos ist – sondern auch, dass sich die Koordinaten in der Regierung verschoben haben. Unter Gerd Schröder haben die Grünen darunter gelitten, dass er der Koch und sie nur die Kellner waren. Nach der Wahl 2021 haben sie sich zusammen mit der FDP zu Königsmachern gemausert. Zusammen mit ARD, ZDF, Zeit, Süddeutsche und Co als grünen Stimmungsmachern im Rücken konnten die Grünen vor Kraft kaum noch laufen.

Nach anderthalb Jahren Robert Habeck ist davon nicht viel übrig geblieben. Der Lehrling der Wirtschaftspolitik, dem die Bürger beim Lernen und Staunen zuschauen dürfen, hat die Grünen zur Küchenhilfe dieser Regierung degradiert. Das Paket ist sichtlich davon geprägt, dass die Grünen nicht mehr viel zu sagen haben, aber deren Wähler davon möglichst nichts mitbekommen sollen. Alles sollte so aussehen, als ob Habeck doch etwas herausholen konnte – angesichts der Größe dieser Aufgabe ist es erstaunlich, dass dafür dann doch nur flotte 30 Stunden nötig waren.

Die Grünen bauen Autobahnen, dürfen dort aber dafür Windräder aufstellen. Diese Idee könnte aus der Feder eines Kabarett-Autors stammen – wenn es in Deutschland Kabarett gäbe, das sich kritisch mit den Grünen auseinandersetzt. Doch SPD und FDP haben offensichtlich gelernt. Nicht zuletzt aus dem krachend gescheiterten Volksentscheid in Berlin: Die Grünen versammeln zwar eine Mehrheit von über 90 Prozent hinter sich: in der ARD, dem ZDF, der Süddeutschen, dem deutschen Kabarett, dem deutschen Subventionsfilm oder sonstigen Bereichen der „Kulturschaffenden“. Doch im wirklichen Leben waren es höchstens 20 Prozent, die grün gut fanden. Und auch von denen merken immer mehr, dass sie das grüne „Narrativ“ vielleicht gut fanden – aber dass grüne Politik in der Realität nicht ganz so geil für sie ist.

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Kommentare ( 141 )

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moorwald
1 Jahr her

SPD und FDP ziehen den Grünen einen Zahn nach dem anderen. Ganz ohne Betäubung…
Man sieht beispielhaft, wohin Selbstüberschätzung führen kann.

CIVIS
1 Jahr her

>>>“Die Grünen sind in der Regierung nur noch Küchenhilfe“<<<

Wenn´s denn mal so wäre !
Solange die „grüne Küchenhilfe“ bestimmt, was, wann und ob es überhaupt was zu essen gibt, solange sehe ich auch die Position der „nur Küchenhilfe“ als weiterhin bestimmendes Merkmal in der Regierung an. Wer will denn schon verhungern ?!

Lee Bert Aire
1 Jahr her
Antworten an  CIVIS

Genau das ist der springende Punkt! Die Grünen haben erst eine Niederlage erlitten, wenn von ihrer Agenda, die seit mehr als 30 Jahren von allen Parteien umgesetzt wird, eine eindeutige Abkehr erfolgt. Wenn z.B. gegen ihren Willen der Einstieg in die Kernkraft beschlossen wird, der sofortige Stop von Windrädern beschlossen wird, etc.

Kantkopf
1 Jahr her

„Das sorglosere Abholzen von Bäumen für Windräder wird bewirken, dass Deutschland umso mehr der Natur schadet, desto mehr es über deren Rettung redet.“ – Es geht schon lange nicht mehr um den Schutz der Natur, sondern um den des Klimas. Die Flucht in’s Abstrakte hilft den Schlangenölverkäufern und Wanderpredigern der Grünen, ihre Moralmacht ins Unermessliche zu steigern. Erfolge beim Naturschutz lassen sich relativ einfach evaluieren, beim Klimaschutz ist es aufgrund der Komplexität und der Zeiträume unmöglich. Umso besser für die grünen Scharlatane dieser Welt.

bfwied
1 Jahr her

„… Stabilität aufs Spiel gesetzt wird …!“ Die sind doch längst dabei, die Stabilität zu zerstören. Wir haben die Deindustrialisierung, der gefeierte Boom findet nur bei der Anbindung der Windräder in der Nordsee statt, ist also nicht produktiv, sondern kostet Steuergelder bzw. Abgaben. Wir laufen nicht Gefahr abzustürzen, wir stürzen ab, das sagen die Zahlen bez. der Auswanderung von Gebildeten, die Verlagerung von Industriebetrieben, wie BASF, Autoindustrie, Zulieferer, Glasindustrie, Papierindustrie …, es geht schier endlos weiter. Deutschl. war mal Exportweltmeister, aber erlebte in den letzten 2 Jahren negative Zahlen! Die letzte Generation sind wir, die arbeiten, erfinden, produzieren, die Klimakleber… Mehr

albert deutsch
1 Jahr her

Der Berg kreißt und gebar eine Maus.
Horaz (65 – 8 vor Christus)

Ali Mente
1 Jahr her

Das könnte aber auch wieder eine false flag Aktion sein. Die Grünen dominierende Ampel und die Bundespolitik nach belieben, sowohl die Koalition als auch der größte Teil der Opposition folgt ihnen Kritik los. Und auch jetzt haben sie wieder viele ihrer spinnerten und gefährlichen Vorstellungen umgesetzt. Es wird jetzt nur versucht, die Grünen etwas schlecht aussehen zu lassen um ihre Dominanz etwas zu kaschieren, mit ein paar Nachrichten, die ihnen nicht wirklich Schaden aber für den Michel als große grüne Niederlage dargestellt werden. Dann ist der wieder beruhigt und glaubt, die Bestie ist an die Kette gelegt, doch weit gefehlt.… Mehr

Lackyeric
1 Jahr her

Das einzige, was ein klein wenig hoffnungsvoll stimmt, ist das Berliner Abstimmungsergebnis vom letzten Sonntag. Selbst im woken, linksgrün versifften Berlin (jedenfalls in den mittleren gelegenen Stadtbezirken) scheint dem faschistoiden Ökowahnsinn der kalte Wind ins Gesicht zu pusten.

Kantkopf
1 Jahr her
Antworten an  Lackyeric

In Berlin wurde lediglich das Quorum nicht erreicht, ansonsten hätten die Befürworter gewonnen. Die geringe Wahlbeteiligung hat den Irrsinn verhindert.

Werner Geiselhart
1 Jahr her

Ich sehe das umgekehrt:
Die Grünen haben sich voll und ganz durchgesetzt, d.h. alles ist weiterhin Klima.
Die beiden anderen durften noch ein Stück Autobahn beitragen, das nie gebaut werden wird, oder ein bisschen E-fuels, die so teuer sein werden, dass niemand sie tanken wird.
Gasheizungen werden verboten werden, da die klimaneutralen Brennstoffe nirgendwo am Horizont zu sehen sind.
Es ist wie immer, die 15%-Partei bestimmt zu 100%, wo es langgeht.
Grausam.

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  Werner Geiselhart

Es hilft nur, massenhaft anders wählen und internationale Wahlbeobachter einsetzen, denn denen traue ich überhaupt nichts Sauberes zu.

Riffelblech
1 Jahr her

Man kann es immer nur wiederholen , das Klima ist eine mathematische Größe welche auf einen Bereich von 30 Jahren Wetterereignisse mathematisch zusammenfasst . Genauso wie Prozente eine solche Größe sind . Oder hat irgendjemand schon mal ein prozentuales Ereignis durch die Straße laufen sehen ? Also ist der Zustand „ Klimaschädlich „ schon mal nicht zu verifizieren. Wie soll das gehen ,einen Zustand in der Summe der nächsten 30 Jahre als diesen schädigend anzusehen ? Soll heißen das dieser gewaltige Hype um das Klima schlicht nur interessengeleitet ist . Damit stellen sich die Grünen ein angeblich hohes Bedeutungszertifikat aus… Mehr

Jens Frisch
1 Jahr her

Das „Stellschrauben-Spiel der Ampel“ erinnert mich mehr an Daumenschrauben in einem mittelalterlichen Folterkeller.