Der CDU-„Wahlsieg“ in Berlin und die Causa Maaßen

Die Hauptstadt-CDU konnte laut Wahlprognosen seit Anfang Januar damit rechnen, dass sie am 12. Februar klarer Sieger wird. Mitten hinein in die Siegeszuversicht und dann die Freude über den Zuwachs an zehn Prozent Stimmen und einen ebenso großen Vorsprung krempelt sie die öffentliche Agenda um und verwässert damit ihren Sieg.

IMAGO/J. Schicke, photothek, R.Peters - Collage: TE

Nicht nur in diesen Tagen und Wochen um die Wiederholungswahl in Berlin fragt man sich, welch dilettantische Strategie- und Medienberater die CDU eigentlich hat. Da kann die Hauptstadt-CDU laut Wahlprognosen seit Anfang Januar 2023 damit rechnen, dass sie am Wahltag des 12. Februar als klarer Sieger hervorgeht. Aber was tut sie: Mitten hinein in die Siegeszuversicht und dann in die Freude über den Zuwachs an zehn Prozent Stimmen und über einen ebenso großen Vorsprung vor Grün und vor Rot krempelt sie die öffentliche Agenda um und verwässert damit ihren Sieg. Und zwar sehenden Auges, denn bereits am 30. Januar 2023 hatte das CDU-Präsidium den Parteiausschluss Maaßens auf die Tagesordnung des CDU-Bundesvorstandes vom 13. Februar (also einen Tag nach der Berlin-Wahl) gesetzt. Nun also erklärte der CDU-Bundesvorstand keine 18 Stunden nach Schließung der Wahllokale, die CDU werde ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen in die Wege leiten.

Wie man am medialen Umfang und an der medialen Positionierung dieses Beschlusses ablesen kann, erscheint dieser Beschuss für die Öffentlichkeit als ebenso wichtig wie der Wahlsieg der CDU. Das hätte man in der CDU wissen können. Die üblichen Medien werden den Fortgang des Ausschussverfahrens gegen Maaßen nun mit womöglich noch mehr Verve verfolgen als den Fort- und Ausgang der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Der CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner kann einem nur leidtun.

Überhaupt hat die CDU die Causa Maaßen – und die Causa WerteUnion (WU)! – vergeigt. Einen moderat auftretenden früheren WU-Vorsitzenden Alexander Mitsch hat man desillusioniert, so dass er hinwarf. Sein Nachfolger Max Otte hat sich mit seiner Kandidatur für die Wahl des Bundespräsidenten zugunsten der AfD selbst desavouiert. Mit dem neuen WU-Vorsitzenden Maaßen, einem intellektuell durchaus eigensinnigen Kopf, wäre ein Arrangement möglich gewesen. Wenn man denn hinter verschlossenen Türen und nicht über irgendwelche öffentlichen Statements miteinander geredet hätte. Das gilt übrigens auch für Maaßen, der nun wahrlich nicht in jedes hingehaltene Mikro hätte hineinreden und auf jeden Tweet eines Mittelmeer-„Retters“ hätte reagieren müssen.

Zweierlei Maß?

Und die CDU hätte sich schon auch mal – wenn es denn um Parteischädigung geht – andere CDU-„Größen“ zur Brust nehmen müssen. Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther (Spitzname „Genosse Günter“) hatte ostdeutschen CDU-Verbänden schon auch mal Koalitionen mit der LINKEN (vulgo: Ex-SED) nahegelegt. Auch dem aktuellen CDU-Generalsekretär Mario Czaja drohte in den neunziger Jahren bereits ein Parteiausschluss wegen – so der Vorwurf damals – zu großer Nähe zu der Linken. Linksauslegerin Karin Prien hatte unverhohlen empfohlen, den damaligen CDU-Bundestagskandidaten Maaßen im September 2022 nicht zu wählen. Und das langjährige CDU-Bundesvorstandsmitglied Elmar Brok hatte die WerteUnion so richtig schön in NS-Jargon als ein „Krebsgeschwür“ der CDU gegeißelt. Offenbar gilt dieses Brok’sche Diktum implizit immer noch, denn das CDU-Präsidium verkündete am 30. Januar 2023: „Wer Mitglied der CDU ist, kann nach unserem Verständnis nicht gleichzeitig Mitglied in der sogenannten ‚WerteUnion‘ sein.“

Nun hat man in den eigenen Berliner Sieg gleich eine Menge Wasser gegossen. Will sagen: Die CDU kann es nicht. Oder bildet sich die CDU ein, sie könnte Grün oder Rot qua Morgengabe – sprich: mit einem strammen Vorgehen gegen Maaßen und vermutlich quälend vagem Ausgang – an ihre Seiten ziehen?

Aneckende Intellektualität „Par Ordre de Mufti“ wegwischen?

Die CDU wäre gut beraten, wenn es denn nicht zu spät ist, sich intellektuell mit den provokanten Thesen Maaßens auseinanderzusetzen. Merz will das offenbar nicht, und sein „General“ Czaja kann es nicht. Die seichte Intellektualität der Merkel-CDU setzt sich damit fort. Denn was Maaßen in fragwürdiger Diktion gesagt hat, ist seit Jahren eine Sorge renommierter Leute: das typisch deutsche Bußritual und das typisch europäische Bußritual. Beides einmündend in eine autoaggressive und autorassistische Vision des Verschwindens der Deutschen, der Europäer und der „weißen Rasse“ von der Landkarte der Geschichte. Man möge lesen: Hermann Lübbe „Ich entschuldige mich. Das neue politische Bußritual“ (2001); Pascal Bruckner „Der Schuldkomplex – Vom Nutzen und Nachteil der Geschichte für Europa (2008; französische Originalausgabe 2006: La tyrannie de la pénitence“). Bruckner schreibt gar von der „Eitelkeit des Selbsthasses“ und meint damit die Europäer insgesamt.

Ansonsten sollte man rekapitulieren, was „Linke“ seit Jahrzehnten über Deutschland losgelassen haben. Eine Jutta Ditfurth (vormals „Grüne“) fand – im „Neuen Deutschland“ vom 12. Oktober 1991 – Deutschland „zum Kotzen“.
Eine damalige Vizepräsidentin Roth (Grüne) des Deutschen Bundestages marschiert, ohne einzuschreiten, hinter Transparenten hinterher, auf denen steht: „Deutschland – du mieses Stück Scheiße!“ Oder der „Grüne“ Robert Habeck: 2010 veröffentlichte er, damals Fraktionsvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, ein Buch mit dem Titel „Patriotismus. Ein linkes Plädoyer“, und in diesem Buch schrieb er: „Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.“ Eine Julia Schramm, ab Dezember 2019 Vorstandsreferentin der Links-Fraktion im Deutschen Bundestag, inszenierte sich 2014 (damals noch Mitglied der „Piraten“) mit folgenden Tweets: „Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei!“ „Kartoffel“ war als Anspielung auf den entsprechenden Schimpfnamen für die Deutschen gedacht. Ebenfalls 2014 textete sie: „Bomber-Harris-Flächenbrand – Deutschland wieder Ackerland!“

Es hat also eine lange Vorgeschichte, was Maaßen jetzt zur Sprache brachte. Er hätte all dies allerdings besser in einem durchdachten Essay zur Sprache ausformulieren sollen und nicht in irgendwelchen vergröbernden Tweets.

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Kommentare ( 92 )

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K.Behrens
1 Jahr her

Herr Maaßen versuchte sich unter anderm am Begriff „rot-grüner Rassismus“ und ja, diese gut gemeinte Spiegelung war mehr als dumm. Eine große Mehrheit der Bevölkerung suhlt sich doch schon rückständig gehorsam und von allen Seiten medial bestens vorbereitet 90 Jahre zurück im Dreck von Kampfparolen. Am Ende dieser Nahrungskette steht nicht nur ein verwahrloster Kinderbuch-Autor, der gerne seine Überzeugung mit äußerer Schlampigkeit beim Treffen im Elysee-Palast der Öffentlichkeit präsentiert. Ganz nach dem Motto „Hilfe, die Deutschen kommen mit Nacherziehungsprogramm“. Dank an dieser Stelle TE auch für die Beiträge und Fotomaterial, die neben dem gedeckten Tisch einer Esken auch das innovative… Mehr

Mermaid
1 Jahr her

Ob dieser Essay allerdings solche Verbreitung gefunden hätte?
Maaßen lebt ja auch von der öffentlichen Wahrnehmung seiner Person. Und da muß schon mal ein grober Keil auf den groben Klotz.
Und inhaltlich macht er doch nichts verkehrt, auch wenn er sich an diesem „Seenotretter“ abarbeitet.

Hans-Georg Villy
1 Jahr her

Natürlich hätte HGM nicht in jedes Mikrofon sprechen oder auf den besagten Tweet reagieren müssen. Aber um eine mehr als berechtigte Sache voranzubringen braucht es halt Öffentlichkeit, besonders im Social Media Bereich und vor allen Dingen Reichweite. Die Aussage des links/grünen sog. Seenotretters messerscharf zu benennen und zu etikettieren halte ich strategisch für sehr klug, völlig berechtigt und hat den links/grünen politischen Gegner und die derzeitige „Wokenis“ bis ins Mark getroffen. Wohlwissend, dass die CDU weit nach links gerückt ist und die alten Merkelianer nach wie vor das Sagen haben, hat er die Partei gezwungen, endlich Farbe zu bekennen, wie… Mehr

alter weisser Mann
1 Jahr her

Das gilt übrigens auch für Maaßen ….
Leute die bei Bedarf und für ihre Vorteile schön das Maul halten und alle Vierteljahre mal rumbrummen, aber immer brav mitspielen, haben wir gerade genug.
Wenn keiner „was sagt“ ist es nix, wenn Merz mal „was sagt“ und dann zurückrudert ist es nix, wenn Maaßen „was sagt“ und nicht zurückrudert ist es auch nix?

Last edited 1 Jahr her by alter weisser Mann
Donald G
1 Jahr her

Wie schon mehrfach ausgeführt ist die CDU In ihrer gegenwärtigen Konstellation nicht in der Lage  auf einen gradlinigen, nationalkonservativen Kurs zurückzukehren, dem linksgrünen Meinungsdiktatoren die Stirn zu bieten und so zu handeln wie seinerzeit Franz-Josef Strauß es mal treffend formuliert hat:“ Everybodies Darling is everybodies Depp“.  Schließlich ist es dieser unsäglichen Frau, die fast zwei Jahrzehnte den Bundesvorsitz dieser Partei inne gehabt hat, fast vollständig gelungen alle wichtigen und führenden Positionen mit Duckmäusern, ….kriechern und unfähigen Opportunisten zu besetzen. All jene, die sich nicht unterwerfen wollten erhielten ihr „vollstes Vertrauen“. Daran hat sich bislang auch nicht allzu viel geändert. Solche Leute… Mehr

Warte nicht auf bessre zeiten
1 Jahr her

Das Verhalten der CDU-Führung kann man eigentlich nur erklären, wenn man davon ausgeht, sie ist vom Feind unterwandert. Eine Option für eine Politik der Mitte (will gar nicht sagen rechts von der Mitte) hätte sie nur mit AfD und FDP. Mit der Kampagne gegen die Werteunion und Maaßen sorgt sie für eine weitere Zersplitterung dieses „Lagers“. Die CDU hat klar die Seiten gewechselt. Eine neue Partei der Mitte(rechts) kann nur mit einer charismatischen Führungsperson entstehen, die die Wähler einfach in einem Wirbelsturm aufsaugt. Alles Gerede über die Union ist Zeitverschwendung. Sie ist keine Option. Die Wähler in Berlin werden erkennen,… Mehr

DELO
1 Jahr her

Als jahrzehntelanger Stammwähler der CDU kann man sich nur mit Entsetzen abwenden, unter welchem deppenhaftem Führungsstil diese Partei steht. Gegenwärtig ist ja scheinbar das Wichtigste, den großartigen Wahlsieg von Berlin unter allen Umständen sofort unter den Teppich zu kehren, um sich ja nicht mit den Grünen anlegen zu müssen. Es müßte ja nach aller Wahrscheinlichkeit zu einer schwarz-roten Koalition in Berlin kommen, da das Grüne- Berlin an Unvermögen nicht zu überbieten ist, und das würde schließlich zur Gefährdung der Kanzlerschaft des Meister Merz unter Duldung der Grünen führen können. Merz scheint die größte Fehlbesetzung aller Zeiten in der CDU zu… Mehr

Igel
1 Jahr her
Antworten an  DELO

Bei Merz gehe ich wie bei den anderen Präsidiumsmitgliedern nicht von deppenhaftem Führungsstil aus, sondern von Vorsatz. Beim Stimmvieh im Bundesvorstand mag das anders aussehen.

Rueckbaulogistik
1 Jahr her

Unser Wahlsystem, das lt. Bundesverfassungsgerichtsurteil gegen das Grundgesetz verstößt, ist das Problem.
Über die Listenplätze kann und wird jedes Wählervotum ausgehebelt werden.

Viktor Freimann
1 Jahr her
Antworten an  Rueckbaulogistik

Können Sie das erläutern? Oder können Sie eine Quelle nennen. Ich meine das nicht als kritisches Fragen, sondern denke, dass Sie Recht haben, würde das selbst besser argumentieren können. Im Übrigen ist aber auch 5% Klausel auch undemokratisch, weil es die Neugründungen und damit den Wettbewerb behindert.

dubium
1 Jahr her

In den öffentlichen Medien beginnt eine Schmutzkampagne gegen Merz und die CDU im Allgemeinen, da muss man schließlich nach links abdriften, wenn man nicht in die Rassistenecke gestellt werden will.
Der Linksruck wird jedoch auch nicht enden, wenn der/die letzte CDU Genosse/In auf der grünen Gender-Scheimspur rutscht.
Es lebe die Nationale Einheits-Front, pardon „Internationale“.

Winnetou
1 Jahr her

Die CDU ist ein rückgratloser, grün angehauchter, woker Verein geworden. Von Merkel dazu gemacht und Merz ist zu schwach, es zu revidieren. Damit ist die CDU für mich als ehem. Stammwähler unwählbar geworden.

Cethegus
1 Jahr her
Antworten an  Winnetou

Ob Merz wirklich zu schwach für eine echte konservative Wende wäre, werden wir nie erfahren, denn er versucht es ja nicht einmal!
Der ist voll auf linksgrüner Linie und weicht er einmal auch nur minimal davon ab wird er von den linksgrünen Medien schnell wieder eingenordet.

Proffi
1 Jahr her
Antworten an  Winnetou

Eigentlich sind Alle, die sich der aus dem Blauen heraus geschaffenen Gefahr der Klimaerwärmung ohne zu murren unterwerfen nicht wählbar. Es ist dieser allgemein akzeptierte Irrsinn, der uns die Deindustrialisierung Deutschlands beschert, vorangetrieben von einer Generation naturwissenschaftlich ungebildeter Tagträumer, die auf ihre Unfähigkeit auch noch stolz sind.