Ist Trump Botschafter des Friedens? Oder doch der Todesengel des Westens, wie wir ihn bisher kannten? Die SPD hat mit Thomas Oppermann dazu keine Meinung, das muss Frank Plasberg für ihn erledigen, sonst punktet nur die AfD-Sicht der Dinge.
Ach du je, wie blöd muss man sein? Da wechselt der Chef des Haupthauses und die Filialleiter der Franchisetruppe hinter den sieben Bergen wollen die bittere Pille nicht schlucken und proben den Zwergenaufstand, als ginge es ums Überleben der ganzen Branche. Die Rede ist vom Demokratie-Franchisenehmer Deutschland und der neue Oberboss aus Übersee heißt Donald Trump. Anstatt nun aber dem reichen Onkel aus Amerika ein paar nette Grüße und alles Gute zu senden, man kann es ja von hier aus sowieso nicht ändern, macht man die Hart-aber-Fair-Kantine zum bundesrepublikanischen Jammertal: I don’t like Mondays.
Den Pressesprecher der deutschen Filiale gibt Frank Plasberg und die Rolle der ungeliebten Mitarbeiterin des Jahres wird von Beatrix von Storch gespielt, die doch tatsächlich mit dem Ungeheuer aus Übersee sympathisiert. Die Kesse aus der Buchhaltung des Stammhauses wird von der deutsch-amerikanischen Sandra Navidi besetzt. Den unkündbaren Gewerkschaftsschwarzseher macht – na klar – unser Thomas Oppermann. Und als Lehrbuch-Schlaumeier hat man Christian Hacke verpflichtet. Wird er seiner Rolle gerecht werden? Der Herr Professor ist zwar schon im Ruhestand, aber für den kleinen Kantinenaufstand hat er wohl immer noch Zeit.
Und weil ein deutscher Rentner selten alleine auftaucht, hat er auch noch Fritz Pleitgen im Gepäck, den Fernsehonkel aus der guten alten Zeit, damals, als Kennedy noch ein Berliner war und Ronald Reagan die Mauer gemeinsam mit David Hasselhoff niederrang/-sang. Pleitgen soll wohl der kleinen Küchenrevolution den seriösen Anstrich geben, der ist zu alt, um noch zu straucheln. Es ist ja immer so, seit Peter Scholl Latour, wenn’s heikel wird, müssen die Altgedienten mit Hornhaut ran. Also, ran an den hartaberfair-Tresen und losgeht die Trumperei.
Die Trump-Wahl – Wahn- oder Warnzeichen?
„Willkommen in einer neuen Welt, in der Hetze, Lügen und Drohungen den Wahlerfolg bringen“, eröffnet Plasberg schmissig. Ach du je, schon ist die Tageslosung ausgegeben. Die Trump-Wahl soll wohl als Wahn- oder Warnzeichen, als Drohkulisse für die Bundestagswahl 2017 herhalten und also gegen die AfD gespielt werden. Aber ob die Rechnung aufgeht? Warum soll das hier funktionieren, wenn es schon bei der Blaupause iUSA nicht klappte? Es kann doch niemand behaupten, die US-amerikanische Presse hätte Trump mit Glacéhandschuhen angefasst. Und dann kommt der erste Einspieler: Trump light im CBS-Interview.
Fritz Pleitgen meint zu wissen, der New Yorker Wolf hätte nur Kreide gefressen. Weshalb auch sollte Trump seinen Kurs nicht fortsetzen, meint er. „Wer will ihn denn stoppen?“ Senat und Abgeordnetenhaus hätten ihre republikanischen Mehrheiten sogar noch ausgebaut. „So viel Macht hat in den letzten Jahren kein amerikanischer Präsident besessen. Dieser Mann hat bisher noch kein politisches Amt bekleidet.“ Der in Deutschland bereits viel gescholtene Reagan sei hingegen ein geschulter Politiker gewesen. Guter Einwurf Plasberg: „Aber es ging ja genau darum, keinen geschulten Politiker zu wählen.“
Thomas Oppermann wünscht sich dagegen, dass das Amt den Menschen formt und nicht andersherum. Spricht hier der umgedrehte Berufspolitiker aus eigener Erfahrung? Dass Trump die Gesundheitsreform ObamaCare nicht ganz abschaffen wolle, spreche für Mäßigung, aber schon die Ankündigung der Ausweisung von drei Millionen beweise wohl leider das Gegenteil.
Trump-Wahl als welthistorische Wende
Nun kommt Frau Storch, die sitzt im Europaparlament und freut sich über die Wahl von Trump. Alles sei doch demokratisch gelaufen, da anerkennen wir immer das Ergebnis. Sie spricht sogar von einer welthistorischen Wende, besonders mit Blick auf Russland. Da sei jetzt Ausgleich möglich. „Das ist eine Botschaft des Friedens die er sendet. Das ist gut für uns in Europa.“ Klingt nach dieser Sache mit der Vorsehung, oder doch nicht?
Für Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch ist es ein Fehler, Trump wörtlich zu nehmen. Das ist allerdings merkwürdig, denn was soll man sonst? Ein Schuh wird erst draus, als von Storch dagegen hält, was die Vorgänger-Präsidenten getan hätten. Und dann zählt sie eine beeindruckende Liste von Verfehlungen auf, ohne dafür einen Spickzettel zur Hilfe nehmen zu müssen, den später Oppermann benötigt hätte, als sie ihn nach den Unterschieden zwischen der Union und der SPD befragen wird: „Er (Trump) hat schlimme Dinge gesagt, aber die Präsidenten vor ihm, Obama, Bush, Hillarys (Bill) Clinton da mit verantwortlich, haben schlimme Dinge getan. Die haben Kriege geführt, völkerrechtswidrige Kriege geführt, sie haben Menschen getötet, sie haben Drohnenkriege veranstaltet und der Gleichen mehr.“
Wow, die Europaabgeordnete der AfD hat ihr Hausaufgaben gemacht. Sie hat ja auch beste Beziehungen – immerhin sitzt sie mit Nigel Farage in Brüssel am selben Katzentisch und Farage hat Donald Trump gerade als ersten Gast nach der Wahl empfangen. Für die WELT ist dass das erste Signal des designierten Präsidenten für seine EU-Verachtung.
Die Psyche der Amerikaner ist anders als unsere
Politikwissenschaftler Christian Hacke sieht bei deutschen Politikern inklusive der Kanzlerin nur Ratlosigkeit, die würden sich lieber übergeben, als den Namen Trump auszusprechen. „Aber wir müssen den doch nehmen wie er ist.“ Und der gute Mann weiß noch mehr: „Amerikaner sehen zwar aus wie wir, aber die Psyche ist anders. Wir werden uns in Europa warm anziehen müssen.“
Sandra Navidi war schon vor ein paar Tagen in so einem schmusigen Vorwahlbericht mit Markus Lanz zu sehen, als beide im Central Park spazieren gingen. Wer nun glaubt, die fesche Finanzexpertin sei die püppchenhafte Frauenquotenbringerin neben der burschikosen von Storch, der täuscht sich, Navadis Einschätzungen der Lage sind präziser und fundierter, als das Rumgestocher im altbekannten Medienbrei der Altherrenriege um sie herum.
Jetzt spielt Plasberg ein, was Trump gegenüber Merkels Politik geäußert hat, die sei geisteskrank. Die Reaktionen der deutschen Politiker folgte ja auf dem Fuße. Oppermann meint dazu, wer austeilt, muss auch einstecken können. Aber was soll so eine Sandkastenphilosophie sein? Eine David-gegen-Goliath-Sehnsucht? Wird so Weltpolitik gemacht? Wenn Oppermann sagt, man müsse die Dinge beim Namen nennen, dann lacht die ganze Runde. Also die Runde müsste eigentlich lachen, tut sie aber nicht, denn es erinnert sich keiner, was Oppermann sonst so in Talkshows von hinten durchs Auge zum Besten gegeben hatte.
„Wir brauchen Amerika mehr als Amerika uns“, erklärt ihm dann auch Christian Hacke. Die Zukunft sei fantasiereich, wer wüsste heute schon, in welchen sicherheitspolitischen Belangen wir die USA irgendwann dringend bräuchten und die würden sich dann genau erinnern.
Erdogan umarmen, Trump wegstoßen?
Frau von Storch erinnert unter viel Applaus daran, dass Frau Merkel mit zweierlei Maß gerechnet hat, wenn sie einerseits Erdogan umarmt und auf der anderen Seite gegen Trump zu Felde zieht. Die Runde schweigt, also ist es wohl wahr. Oder nicht?
Pleitgen kommt für den Moment nicht mehr mit, er will zwar gegen von Storch argumentieren, erinnert dann aber daran, das Wahlkampf in Amerika immer Schlammschlacht war. Das allerdings hatte die Afd-Frau zuvor ja noch angemerkt, nämlich, dass es einen Unterschied gäbe zwischen Wahlkampf und späterer Politik. Pleitgen begeistert sich sogar dafür, wie geschickt sich Trump direkt ans Volk gewandt hätte, was er bei Clinton so nie bemerkt habe.
Und dann gibt unser Herr Oppermann auch noch Trump Recht, dass wir Europäer im Rahmen der Nato zu wenig bezahlen würden, das müsse man diskutieren, wenn man Sicherheit will. Frau Navadis, die im Laufe des Abends immer noch besser wird, klärt ihn auf, dass dafür eben die Amerikaner immer das Sagen in der Nato gehabt hätten. Oppermann erwidert stumpf, Sicherheitspolitik hänge aber auch von Außenpolitik ab. Sie sei darauf ausgelegt, militärische Konflikte zu deeskalieren. Ach du je, da beschreibt er aber ein echtes deutsches Erfolgsrezept. Deutschland gibt also in Zukunft weiter den Friedensengel und die Amerikaner bleiben beim Racheengel, dafür müssen wir dann nichts bezahlen in das leere Nato-Töpflein? Eine Milchmädchenrechnung mit vielen Unbekannten. Aber immerhin stringent im Merkelschen Imperativ erzählt.
Für Professor Hacke waren die Amerikaner nicht die Problemlöser, sondern hätten etliche Probleme erst geschaffen. Das ist dann in etwa, was Frau von Stroch eingangs schon sagte. Würde man nun noch an die eine Millionen Einwanderer und Flüchtlinge erinnern, hätte der Deckel noch besser gepasst. Wie die Sendung überhaupt im Verlauf des Abends zur AfD-Werbeveranstaltung gerät. Das kennt man ja aus etlichen Vorgängertalkshows. Man gewöhnt sich.
Plasberg wechselt von Moderator zu Merkel-Verteidiger
Man hat in einem Ausmaß die Sorgen der Bürger verkannt, die Menschen wollen nicht mehr gegen eine riesige Wand reden, erklärt Frau Storch. Als die dann auch noch Angela Merkel frontal angreift und Oppermann – schon ganz im 2017er Wahlkampf – wieder nicht interveniert, sondern sogar frech schmunzelt, wird es Frank Plasberg endgültig zu bunt. Er wechselt flugs vom Moderator zum Diskutanten, als er erklärt, er mache jetzt mal Herrn Oppermanns Job (warum sollte das Oppermanns Job sein?) und erinnere daran, dass Angela Merkel irgendwie ambivalenter sei, als hier von von Storch bebildert. Herrlich, besser kann man ja die fundamentale Kritik der Leute an den Medien nicht bestätigen.
Aber Frank wäre nicht Plasberg, wenn ihm der Fauxpas nicht noch im Laufe der Sendung klar geworden wäre. Oder flüstert es ihm einer über Ohrstöpsel? Also spielt er diesen wunderbaren Auftritt von Bastian Hermisson, Chef der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in den USA, ein, der den grünen Besserverdienern auf dem Parteitag die Leviten las, dass es nur so kracht: Man solle doch endlich mal den Duktus der moralischen Überlegenheit ablegen. Und Oppermann stimmt auch noch zu! Druckst herum, lächelt sich weiter den Wolf.
Frau Navidi spricht von einer „IQ-Elite“. Der einfache Handwerker sei nichts mehr wert. „Die Menschen werden eine Handgranate ins System werfen wollen.“ The forgotten ones – „Die vergessenen Männer und Frauen unseres Landes werden nicht länger vergessen bleiben.“, sagte Trump im Wahlkampf. Erstaunlich, dass plötzlich die guten Trump-Zitate gebracht werden und nicht nur seine eklig burschenblöden Attacken gegen Frauen.
Noch ein Pleitgen-Monolog zur Lage der Nation
„Wir müssen realisieren, dass immer mehr Menschen aus unserer Gesellschaft herausfallen. Das kann zu Ergebnissen führen, wie in Amerika jetzt. Wir müssen mal in die Großstädte fahren und sehen, wie es an den Rändern aussieht. Wir kümmern uns zu wenig darum. Wir werden da eines Tages möglicherweise unser blaues Wunder erleben“, sagt Pleitgen. Aber wem sagt er es?
Und dann war da noch dieser Kommentar einer Wilma Lankwitz, die ins Gästebuch der Sendung schrieb:
„Das Volk ist unberechenbar geworden, weil viele Bürger diese elitäre Klüngelei trotz freundlicher Hofberichterstattung durchschauen und ablehnen. Ich vermisse die Selbstkritik der selbst ernannten klugen Leute, die uns mit ihren subjektiven Einschätzungen die Welt erklären wollen.“
Und wenn man es korrekt gegoogelt hat, kommt Frau Lankwitz aus Berlin, ist 65 Jahre alt und man fragt sich, warum Plasberg, anstatt nur das Gästebuch anzubieten, so eine Frau nicht mal an seinen Tresen bittet. So schwer zu finden sind diese kritischen Stimmen doch gar nicht, Stimmen, die noch unter Echtnamen Ihre Meinung vertreten. Dann muss es auch nicht immer Frau von Storch sein oder der alles weglächelnde Herr Oppermann. Volksfernsehen halt. Doku-Soap ganz ohne diese elende Schmierseife.
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