Alles wie immer, und doch ganz anders

Wir spüren, dass wir in Zeiten großen Umbruchs leben: Freiheit soll ersetzt werden durch Gehorsam, Gemeinschaft durch Vereinzelung, Wohlstand durch Verzicht, Solidität durch Kredit. Und doch: Es weihnachtet sehr. Die Kräfte schlummern nur.

„Alle Jahre wieder“? Vieles wiederholt sich im Jahreslauf; unsere Kultur, unser Leben ist darauf eingerichtet, dass sich die Jahreszeiten wiederholen, am Morgen die Sonne wieder aufgeht; jeden Tag etwas früher ab sofort. Vivaldi hat mit seinem grandiosen Werk „Die Vier Jahreszeiten“ den scheinbar unabänderlichen Lauf der Dinge, den immer gleichen Rhythmus des immer sich Ändernden in Musik gefasst.

Wir Menschen haben uns daraus gelöst. Orangen zu jeder Jahreszeit, die Regale immer voll, die Wohnung immer warm, eine Pille für jedes Wehwehchen, Wettereinbrüche nur ein lästiges Intermezzo, möglichst perfekt vorhergesagt vom Wetterdienst. Verkehrseinschränkungen sind Anlass für Wutausbrüche statt für Schulterzucken: Der Mensch beherrscht die Welt, fast perfekt. Außer natürlich den Unterhalt von Brücken in Deutschland; aber dafür können wir neuerdings Klima.

Jetzt wiederholt sich etwas, was uns nicht gefallen kann. Erneut tiefe Einschränkungen unseres Lebens durch die amtliche Bekämpfung des Virus, und machen wir uns nichts vor: Noch spüren die wenigsten die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen. Frisches Geld aus der Druckerpresse scheint noch alle Probleme zu lösen, die entstehen, wenn eine Gesellschaft beginnt, Nichts-Tun für eine neue Tugend zu halten, die medizinisch notwendig scheint und für den Klimawandel sogar erwünscht ist.

Wieder ist Weihnachten ein Fest, das nicht so richtig fröhlich werden mag. Es soll nur die Ouvertüre sein für noch härtere Einschränkungen. Sind die sich wiederholenden Einschränkungen nur die Einübung zu ganz anderen Einschränkungen? Das Misstrauen wächst. Die Zahl der Misstrauischen wächst. Die Zahl der Gläubigen nimmt ab. Noch dürfen wir mit ärztlicher Genehmigung vereinzelt die Messe besuchen, aber die Staatskirchen sind erkennbar bereit, ihre Tore für die letzten Gläubigen wieder zu schließen: Die Kirchensteuer wird elektronisch überwiesen, wozu sich mit Mitternachtsmessen abquälen? Die Kirchen haben ihre Gläubigen einfach aufgegeben und hängen an ihre Türen ein Schild: „Wegen Reichtum geschlossen“.

Ich bemühe mein historisches Gedächtnis, aber mir fällt keine historische Periode ein, in der sich die Kirchen derart entschlossen von den Menschen ab- und dem Mammon zugewandt haben. Sie haben sich von ihrem Gott befreit und es sich am Katzentisch der Mächtigen bequem gemacht, in biblischer Sprache: für ein Linsengericht. Es geht aber nicht um Glaubensfragen: Wir werden ent-heimatet. Das Vertraute soll verschwinden, der Rhythmus gebrochen werden, damit das Lebendige zum Räderwerk wird, über das andere bestimmen.

Noch etwas anderes ist gleichgeblieben:
Wir sind so dumm als wie zuvor.

Wir wissen wenig über das Wirken, seine Verbreitung und Folgen des Virus. Wo steckt man sich an, wie ist es mit der Belastung für Kinder, welche Alternativen der Behandlung gibt es? Wenig Neues in einer Welt, die sonst ständig Neues produziert. Die „Impfung“ verliert an Versprechen, Wirkmächtigkeit und Wirkungsdauer; sie soll zum halbjährlichen, dann vierteljährlichen – bald monatlichen? – Ritual werden. Eine gigantische Impfmaschinerie wird aufgebaut, und sie beginnt, unser Leben zu beherrschen, sich zu verselbständigen im Takt, den ihr Shareholder-Value verlangt.

Die Regierung macht aktivistisch auf selbstbewusst, beschimpft Abweichler und Kritiker, und wirkt doch schon nach ein paar Amtswochen verbraucht, dabei haben sie noch gar nicht richtig angefangen. Statt Lösungen anzubieten, werden Drohungen ausgesprochen – an innere Feinde, weil sie nicht Hurra schreien zur neuen Regierung, an äußere Feinde sowieso: Der desolate Weg Deutschlands sagt Chinesen und Russen, wo es lang geht. Die europäischen Partner sollen nach Pfiff der Berliner Pfeife tanzen. An die Stelle notwendiger Demut vor einem großen Amt ist Großmannssucht getreten, die nur eines zeigt: Sie können es nicht.

Zum Ende des Jahres werden funktionierende Kraftwerke abgeschaltet; neue sollen an ihre Stelle treten, aber erst in vielen Jahren, und betrieben mit Gas, das wir nicht haben, und Wind, der nur weht, wann er will. An die Stelle der Realität tritt Illusionspolitik: Es wird schon gut gehen.

Das Gute ist: Es wird schon irgendwie gut gehen.

Dafür ist ja Weihnachten da, und zwar für Gläubige wie für Nichtgläubige: Das Ausruhen der Natur als Chance zu begreifen, die Verlangsamung des Lebens als Beschleunigung für das eigene Bewusstsein zu verstehen, die abgestrahlte Energie wiederzugewinnen, um neue Kraft zu entwickeln. Das ist die Kraft des Rhythmus. Darum haben wir TE für diese Zeit etwas umgebaut: zum Atemholen, zum Genuss des Schönen, zur Entspannung.

Besinnen wir uns darauf, auf unsere innere Kraft. Denn wir werden sie brauchen. Was wir nicht tun, macht keiner für uns. Und während wir alle vereinsamen sollen und vereinzelt werden, die erlaubte Gruppengröße zusammenschnurrt: Denken Sie daran – wir sind ein Volk. Trotz alledem.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben fröhliche Weihnachten und schöne, entspannte Weihnachtsfeiertage!

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Kommentare ( 76 )

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JamesBond
2 Jahre her

Die Kirchen haben sich wie alle politischen Parteien von Recht und Gesetz und der Freiheit verabschiedet, es geht nicht um die Sicherheit oder gar die Gesundheit wie manche uns glauben machen wollen: “Der Historiker Malte Thießen erklärte kürzlich: „Corona ist die erste Pandemie [..], in der wir Sicherheit über Freiheit stellen” . Es geht um das Gesundheitssystem – wie früher im Ostblock, wie bei den Kommunisten es geht ums System und nur darum. Nie um die Menschen und das Gesundheitssystem wird laut Regierung und Leopoldina so gestaltet, das es Geld bringt. Corona? Egal, das System ist wichtig und sonst nix.

Fredi
2 Jahre her

Der gesellschaftlichen Vermerkelung, Vermaasung, Verspahnung folgte nun die Verscholzung, Verbaerbockung und Verlauterbachung mit der Konstante Versöderung. Corona ist dabei nur der bittere Trank der Erkenntnis. Ähnliches widerfuhr ca. 80 % der Nutzer des Wahlomats. Wir erleben gerade ein Staatsversagen quer durch Parteien und gesellschaftliche Insitutionen, wo nur noch die gegenseitige Schuldzuweisungen verlässlich funktionieren. Ein Crash verhindern noch die Malocher, die es zum Glück, trotz zunehmend widriger Umstände, auf vielen gesellschsftlichen Ebenen noch gibt. Wieder einmal bewahrheitet sich der Spruch der Fisch stinkt vom Kopf, um so mehr je höher und mit mehr Arroganz er getragen wird. Dies gilt nicht nur,… Mehr

chez Fonfon
2 Jahre her

Meine Mutter, 90, sehr katholisch im guten Sinn, kann schon lange keine Fernseh-Gottesdienste mehr ertragen. Kein Trost, kein Mut, nur regierungskonformes Geschwätz in der Predigt, sagt sie. Sie ist schon froh, wenn fast alles auf Latein ist, dann klingt das vertrauter im Ohr als die grässliche Verballhornung der Weihnachtsgeschichte, wenn Maria und Josef abwechselnd Flüchtlinge oder bedauernswerte Palästinenser sind. Den Papst mag meine Mutter inzwischen auch nicht mehr. Das will schon was heißen!

Heiner Mueller
2 Jahre her
Antworten an  chez Fonfon

Dann sollte sie sich einmal die Predigten von Pastor Tscharnke in der freien evangelischen Krchengemeinde in Riedlingen anhören. https://www.efk-riedlingen.de/ Dort wird noch Gottes Wort gepredigt – und zwar klar und deutlich!

chez Fonfon
2 Jahre her
Antworten an  Heiner Mueller

Guter Tipp. Denn meine katholische Mutter würde sich inzwischen jedwede christliche Richtung anhören, wenn sie nur mal wieder Gottes Wort hörte.

Wertkonserve
2 Jahre her
Antworten an  chez Fonfon

Ihre Mutter hat dann sicher auch große Freude an den täglichen Live-Stream-Messen (oder auch den Aufzeichnungen davon) aus dem katholischen Priesterseminar Herz Jesu aus Zaitzkofen bei Regensburg. Hier wird noch kernig wertkonservativ katholisch gepredigt und da man nicht von der Kirchensteuer, sondern nur von Spenden der Gläubigen und Wohltäter abhängig ist, gibt es keinerlei staatshörigkeit oder modische Anlehnung an Zeitgeistthemen. Erfrischen wohltuend, sozusagen Tichys Einblick der kath. Kirche.

Sabine W.
2 Jahre her

Für die Kirchen besteht Nächstenliebe inzwischen ausschließlich darin, illegale Migranten aus dem Mittelmeer zu fischen.

Für bedürftige Inländer, die bei caritativen Einrichtungen Hilfe suchen (müssen), gilt inzwischen überwiegend die 2G-Regelung – sonst werden sie abgewiesen.

Na….? Hat gerade noch jemand Lust auf ein Gäbelchen Gänsebraten?
Oder vergeht Ihnen, ähnlich wie mir, immer mehr der Appetit?
Ach, kommen Sie… Wir sind doch alle umgeben vom Geist der Weihnacht, von jeder Menge christlicher Nächstenliebe, oder?!

Klaus Weber
2 Jahre her

“Noch etwas anderes ist gleich geblieben: Wir sind so dumm als wie zuvor!“
Und sie werden auch nicht mehr gescheiter, weil sie es nicht wollen. Wenn man vage und pauschal bleibt, läßt es sich viel leichter regieren!

pantau
2 Jahre her

Vielleicht erscheint es spitzfindig Ihnen an einer Stelle zu widersprechen, lieber Herr Tichy, aber der Gegensatz „Gemeinschaft vs Vereinzelung“ löst bei mir Unbehagen aus. Mir ist bewußt, dass Sie das nicht stumpf meinen, aber ich glaube nur an Interessengruppen und in diesem Fall mag sie identisch sein mit der gesamten Bevölkerung, weil es hier um Grundrechtssabotage geht. Jedoch ist glaube ich das Entscheidende die gezielte Zerstörung von VERSTÄNDIGUNG, und laufe sie auch auf die gemeinsame Feststellung von Differenzen hinaus. Man kann nicht mehr verlangen von 2 Individuen, als dass sie sich verständigen, völlig gleichgültig, ob am Ende auch nur die… Mehr

Lizzard04
2 Jahre her

Frohe Weihnacht, lieber Herr Tichy, für Sie und Ihr tolles Team! Bleiben Sie auch in 22 weiter so stark bei den Themen und Recherchen wie bisher. Ihr Block (und die Printausgabe) bieten Vernunft und Realität ein Sprachrohr, ohne dass ich in diesem Land wohl schon völlig verzweifelt wäre. TE ist für mich mittlerweile die wichtigste Informationsquelle! Alles Gute und bleiben Sie gesund!

Digenis Akritas
2 Jahre her

Solch erbauliche Worte wünscht man sich von der Kanzel.
Weihnachten geschieht im Dunkeln, im Abseits, geschieht bei Ausgegrenzten (Hirten) und zieht Kreise bis zu den Mächtigen (weltlichen, wie geistlichen: Herodes u. Hohepriester)
Gott wird Mensch – ein revolutionäres Fest!

lacrima
2 Jahre her

Lieber Herr Tichy, liebes TE-Team, vielen Dank für Ihre unermüdliche Arbeit! Ohne Tichys Einblick wäre ich wahrscheinlich schon chronisch depressiv und würde immer mehr an meinem Verstand zweifeln; was allerdings angesichts der heutigen neuesten Nachrichten ( Holatschek will Ungeimpfte an Behandlungskosten beteiligen ) kein Wunder wäre….
Mein gekündigtes Bildplus-Abo werde ich ab sofort nur zu gerne Tichys Einblick zukommen lassen, Sie haben es sich wahrlich verdient!!!
Frohe Weihnachten!

K.Behrens
2 Jahre her

In 2022 wünschen wir uns weiter Tichys Einblick, neben den Profis auch die Nachwuchskräfte, die in diesem Jahr überzeugten und gerne noch investigativer wirken mögen (Tschentscher/Scholz)! Ein Blick auf den Berliner Bundestag genügt, Abgeordnete glänzen mit Abwesenheit, Abgeordnete schauen gelangweilt auf ihr “Telefon”… das Gesetz für Massen, die auch in 2022 wie “Aliens” auf ihr “Telefon” starren und das für Fortschritt halten?
Möglicherweise folgt nur eine Minderheit den Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst, Winter?