Immer heftigere Kritik am Bundeslockdown: Fachwissenschaftler, Verbände und ein Verfassungsrichter nehmen Stellung

Verschiedene angesehene Verbände, Ärzte, Wissenschaftler und Juristen kritisieren Merkels Vorhaben scharf. TE stellt die wichtigsten Äußerungen und Argumente aus verschiedensten Bereichen zusammen.

IMAGO / Jens Schicke

Die Bundeskanzlerin unternimmt kaum erst den Versuch, ihr radikales Vorgehen plausibel zu begründen. Weiterhin gibt sie sich siegesgewiss, lehnt Änderungsvorschläge ab, antwortet meist gar nicht darauf. Doch im Vorfeld der Bundestagsdebatte gaben zahlreiche Verbände und Persönlichkeiten ein Statement zum Antrag ab – überwiegend sind sie kritisch.

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Da wäre zum einen die Gesellschaft für Aerosolforschung. Sie schreibt, dass aus aerosolwissenschaftlicher Sicht Lockerungen im Außenbereich möglich wären und man den Fokus der Pandemiebekämpfung auf die Innenräume verlagern müsste. So heißt es: „Es ist eine Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Raum notwendig: Um der Pandemiemüdigkeit der Bevölkerung entgegenzuwirken, sollten private Treffen von zwei und mehr Hausständen im Freien, bis Inzidenz 200 erlaubt werden und Treffen in Innenräumen auf einen festen Personenkreis beschränkt werden.“ Außerdem: „Für die Wirksamkeit von Ausgangssperren über die Mobilitätseinschränkung hinaus gibt es bislang wenig wissenschaftliche Evidenz. Der Begriff selbst suggeriert, dass es draußen gefährlich ist, obwohl Studien wie (Quian et al) zeigen, dass Infektionen fast ausschließlich in Innenräumen stattgefunden haben.

Auch der Deutsche Landkreistag widerspricht in einem Brief an den Bundestag der Regierung deutlich. Bei dem Entwurf handele es sich „um ein in Gesetzesform gegossenes Misstrauensvotum gegenüber Ländern und Kommunen.“ Man ist ebenfalls der Ansicht, dass der Entwurf entgegen der Meinung der Koalitionsparteien im Bundesrat zustimmungspflichtig sei, da in den Kompetenzbereich der Länder massiv eingegriffen werde. Ausgangssperren und die reine Orientierung an der Inzidenz werden kritisiert, auch die geplante Aufhebung von Modellprojekten stößt auf Widerstand. 

Kritische Stimmen: Krankenhausgesellschaft, Kinderärzte & ein Verfassungsrichter

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft stellt die Maßnahmen zwar nicht in Frage, stellt aber klar: „Trotz der aktuell sehr hohen Belastung für das Personal gehen die Krankenhäuser aktuell nicht davon aus, dass in den kommenden Wochen die schwere Belastung der Krankenhäuser mit Covid-Patient/-innen in der Fläche zu kompletten Ausfällen der notwendigen Patientenversorgung führt. Dringliche Fälle werden weiterhin adäquat behandelt werden können.“

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Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte stört sich an den Schulschließungen und den Einschränkungen für den Freizeitsport. Ihr dringender Appell: „Studien und auch die Erfahrungen in unseren Praxen zeigen, dass Kinder und Jugendliche sich durch die dauerhaften Einschränkungen einsam und isoliert fühlen. Angst,- Zwang- und depressive Störungen nehmen aufgrund der Kontaktbeschränkungen und Schließungen der Betreuungseinrichtungen zu. “
Die Begründung der Regierung wird in vielen Punkten nicht als ausreichend angesehen, die 
Schulen könne man unter wirksamen Hygienekonzepten zumindest teilweise offen halten. Der Entwurf der Regierung enthält eine vollständige Schulschließung ab einer Inzidenz von 200 pro Landkreis.

Auch die rechtlichen Bedenken, die in den letzten Wochen von zahlreichen namenhaften Stellen geäußert wurden, bekommen nun eine weitere gewichtige Unterstützerstimme durch Robert Seegmüller, den Vize-Präsidenten des Landesverfassungsgerichts von Berlin. Er schreibt, dass das Kriterium der Inzidenz nur verfassungsgemäß wäre, wenn es sich als „sachgerecht, insbesondere nicht als willkürlich“ darstelle. Beides könne nicht ohne weiteres angenommen werden. Die Werte des RKIs würden auch von den „Zufälligkeiten der jeweiligen Teststrategie, der Zahl der Testungen und des Meldedatums je Landkreis“ geprägt. Aus der Inzidenz leite sich auch nicht unmittelbar die Gefährdung ab.

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Die Verhältnismäßigkeit von Ausgangssperren liege „nicht auf der Hand“. Er schreibt: „Die Eignung der Maßnahme zur Erreichung des von ihr verfolgten Zwecks setzt zunächst voraus, dass die von den Kontaktbeschränkungen des § 28b Abs. 1 Nr. 1 IfSG-E betroffenen Personen sich an diese in signifikantem Umfang nicht halten werden. Hierfür nennt der Gesetzentwurf keinen Beleg. Auch sonst ist keiner ersichtlich.“

Nachdem gestern die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages schwere rechtliche Zweifel äußerten (das Dokument wurde von TE hier veröffentlicht) wird das Eis immer dünner für die Regierung. Der Bundeslockdown-Vorstoß wird nicht mehr nur aus gesellschaftlicher Perspektive angegriffen, sondern auch aus fachwissenschaftlicher und juristischer. Weiterhin verzichtet die Regierung bis dato darauf, eine umfassende Begründung vorzulegen, warum die geplanten Maßnahmen verhältnismäßig, notwendig oder wirksam sein sollten. Bis heute baut die, im Entwurfstext geschilderte, Begründung wesentlich auf die höhere Sterblichkeit der Virus-Varianten, die zuletzt aber in einer weitreichenden Britischen Studie eindeutig widerlegt wurde.

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Kommentare ( 71 )

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caesar4441
3 Jahre her

Kritik ? Das kann doch einen Diktator nicht erschüttern !

Ernst-Moritz Arndt
3 Jahre her

„… wird das Eis immer dünner für die Regierung … „
Na und? Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis, sagte meine Großmutter. Denen „da oben“ geht es auch zu gut und sie sind keine Esel, sondern Wölfe im Schafspelz.
Die letzte Hoffnung sehe ich im Bundesverfassungsgericht, aber dort sitzen auch „schreckliche Juristen“ irregeführt durch „schreckliche Virologen“. Was kann man von denen noch erwarten. Die Einzelentscheidungen einiger Richter, welche durchsehen, sind wie die eine Schwalbe, die noch keinen Sommer ausmacht. Leider!

horrex
3 Jahre her

Von all den „machtpolitischen“ Gründen, der Aufrechterhaltung der Panik, der Wahl im Sept. ganz abgesehen!

horrex
3 Jahre her

Und WARUM wird die Pandemie „künstlich hochgehalten“???
Fragens ie sich DAS nicht???
Die Unfähigkeit – echt oder gespielt – ist nur EIN Grund (oder Vorwand).
Es geht um Merkels Erbe.
Grün – präziser formuliert „verdecktes ROT“ – an die Macht!
Das ist das in der Person Merkel (Sozialisation + Bildung) angelegte Ziel.

elly
3 Jahre her

durch die Talk Shows tingelt die Virologin Melanie Margarete Brinkmann, seit 2020 gehört sie zum Beraterstab von Merkel. Sie ist eine vehemente Anhängerin der Zero Covid Ideologie. Zerstörte Existenzen, verprügelte Frauen und Kinder interessiert sie nicht. Weitere Kollateralschäden wie den wirtschaftlichen Niedergang, die Zerstörung des Mittelstandes, den Einbruch bei Steuereinnahmen und Beiträgen zu den gesetzlichen Sozialkassen sind ihr auch schnurz egal. Sie hat eine Professur an der Technischen Universität Braunschweig, also Beamtenstatus. Sie ist hübsch anzuschauen, redet eloquent – beweist aber immer wieder, dass sie weder wirtschaftlichen Verstand besitzt, noch eine Ahnung von Recht & Gesetz hat. Demokratie interessiert sie auch… Mehr

Katzenfreund
3 Jahre her
Antworten an  elly

Diese Dame sollte ein Kollege vielleicht mal öffentlich fragen, wie man denn bitteschön ein Virus, dass auch jederzeit auf tierische Wirte umsteigen kann (von infizierten Hunden und Katzen, sowie der Keulung ganzer Nerzfarmen in Dänemark aufgrund einer Corona-Infektion konnten wir schon im letzten Jahr lesen), auf „null“ bringen soll. Das könnte interessant werden. M. E, ist diese Dame mehr ideologie- als wisschenschaftsgesteuert!

elly
3 Jahre her

Naja, da gibt aber auch noch Merkels weiteres Sternchen am Expertinnenhimmel: die Physikerin Viola Priesemann, auch eine fanatische Anhängerin der Zero Covid Ideologie.

horrex
3 Jahre her

Auch diese uralte sozialistische Leier/Argumentation – inzwischen sogar des komplett von der Regierung abhängigen RKI – dient der Spaltung der Gesellschaft und ebnet weiter den Weg in eine Gesellschaft nach dem Muster der DDR. –

horrex
3 Jahre her

Laut dem Gesetzestext gilt die Sperre für diesen Personenkreis NICHT!

horrex
3 Jahre her

Ein Video/Interview über ein Buch aus 2012 von Gertrud Höhler („Die Patin“) sagt schon damals ALLES über die „Mutti“: https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=yyS7jqtcAto
(aus einem anderen blog hier bei „Tichy“)

moorwald
3 Jahre her

Steinmeier: „Bleiben wir beieinander, geben wir acht aufeinander!“

Beieinanderbleiben dürfte dank Kontaktverboten ziemlich schwierig sein.. aber aufeinander achtgeben geht immer.
„Ein guter Mensch gibt gerne acht,
Ob auch der andere was Böses macht.“ (W.Busch) –
Weiß dieser Bundespräsident eigentlich, was er so daherredet? Oder hält er die Untertanen bereits für so verblödet, daß es egal ist?

Farbauti
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Mit aufeinander achtgeben, meint der bespitzeln und verpetzen.

Ernst-Moritz Arndt
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Der in einem Partei-Hinterzimmer Ausgekungelte hat schon immer bewiesen, dass er NICHT der Präsident aller Deutschen, sondern der der SPD ist. Er ist eine Schande für Deutschland, aber was macht es aus, wenn von seiner Sorte viele in Berlin wuchern.

caesar4441
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Er hält die Untertanen für blödes Vieh wie alle anderen Politiker auch.Und wie die Realität beweist ,liegt er nicht so falsch.Und Widerborstige muß man nur zusammenknüppeln,dann ist Ruhe im Karton.