Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich warnt vor selbstherrlichem Regierungsstil in Corona-Zeiten und einer Räterepublik. Der Föderalismus habe sich gerade in der Krise bewährt.
Berlin. Die Einführung von „Bürgerräten“, die sogar in Gesetzgebungsverfahren eingreifen könnten, lehnt Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich ab. Solche Räte mit berufenen oder gar ausgelosten Mitgliedern hatten Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck vorgeschlagen. „Jeder Abgeordnete hat genügend Möglichkeiten, sich Fachkenntnis zu verschaffen. Wer als Abgeordneter in seinem Wahlkreis unterwegs ist, den Kontakt zu Bürgern sucht und pflegt, braucht keine neuen «Räte»“, so Friedrichs im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick. „In dem Vorschlag, Räte zu etablieren, liegt möglicherweise der Verdacht, dass immer weniger Abgeordnete sich der Mühsal der Wahlkreisarbeit unterziehen und Meinungen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort einholen.“
Kritisch sieht der Vizepräsident des Bundestages, dass immer mehr Abgeordnete über die Parteilisten ins Parlament einziehen. „Tatsächlich verdankt schon heute die Mehrheit der Abgeordneten ihr Mandat nicht dem Votum der Wahlkreisbürger, sondern dem guten Platz auf der Liste, die von der Partei aufgestellt wird. Die Profilierung in der eigenen Partei droht dann wichtiger zu werden als die Kommunikation mit dem Bürger vor Ort.“ Deshalb sieht Friedrich die Streichung oder Zusammenlegung von Wahlkreisen kritisch. „Jede Verringerung der Zahl der Direktwahlkreise verwässert das Prinzip des den Bürgern vor Ort verantwortlichen Abgeordneten und stärkt den Einfluss der Parteifunktionäre. Wer die Direktmandate reduziert oder gar abschafft, riskiert, dass der eine oder andere Abgeordnete das schicke Leben im Glanze der Hauptstadt der Kärrnerarbeit im Wahlkreis vorzieht. Ob das der parlamentarischen Demokratie zuträglich ist, darf bezweifelt werden.“
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Wir bezahlen ein Parlament mit ca. 1 Milliarde Euro im Jahr. Die Herrschaften sind leider oft abwesend, wie neulich, als ein wichtiges Gesetz zwecks der Fingerabdrücke für den Personalausweis mit weniger als Hundert Abgeordnete verabschiedet wurde.
Absolut richtig,
Es sollte nur direkt gewählte Abgeordnete geben, die auch wirklich aus dem Wahlkreis sind wo sie sich zur Wahl stellen, von den Wählern auch mal „zur Rede gestellt werden“ können
Und irgenwann wird Merkel bei einem ihrer vielen Besuche bei den Völkern, die ihr wirklich am Herzen liegen, uns wissen lassen:
„Diese Auslosung ist unverzeihlich und muss sofort rückgängig gemacht werden…“
Neue Posten braucht das Land. Eine Milliarde für den Bundestag ist doch nur ein „Fliegensch…“ ( Ohne Ruhegehälter) .
Schäuble, machtgeil wie er ist, schwebt wohl so etwas wie der,“Oberste Sowjet“vor. Das passt auch zu seiner sinngemäßen Aussage , das außergewöhnliche staatliche Situationen, auch konsequente Gesetzgebung nach sich ziehen.
Kluge Gedanken vom Herrn Friedrich. Sehe ich genauso.
Sehr vernünftige Meinung von Herrn Friedrich.
Das erste was mir nach der Äußerung von Herrn Schäuble zu dem Thea
eingefallen ist: „Wozu haben wir eigentlich Abgeordnete gewählt?“
Diese Leute haben keine Zeit und daher keine Chance gegen Berufskarrieristen der Parteien, solange die meisten Wähler so dermaßen doof sind…
Sowjet, Räte, Alternativlosigkeit, das hat sie von klein auf gelernt und verinnerlicht, die alte Frau in Berlin. Da könnte sie endgültig nach Gutsherrenart regieren.
Volk? Nein, nur noch schon länger hier Lebende. Die machen weniger Ärger beim Durchregieren zur neuen Weltordnung.
Parlament? Spielt kaum noch eine Rolle. Opposition? Mit Diffamierung und Hetze der Einheitsmedien quasi abgeschafft. Am Ende wird`s ein Volkskongress mit Klatschhasen sowjetisch-chinesischer Prägung. Kommt nie? Bei den unvorstellbaren Veränderungen, die in den letzten 30 Jahren im Land schon Realität wurden, ist mittlerweile alles vorstellbar.
Gute Einsicht von Herrn Friedrich. Herr Friedrich hat es aber ebenso versäumt sich für eine starkes demokratisches Parlament einzusetzen, wie alle anderen Parlamentarier. Er hat sich nach der letzten Wahl ein zusätzliches Pöstchen als Parlamentsvize gesichert, anstatt für ein transparentes Wahlrecht zu kämpfen, was er jederzeit tun hätte können, bzw. hätte er als Parlamentarier direkt beim Bundesverfassungsgericht gegen die letzte Wahl Einspruch erheben können.
Auch bei ihm bleibt außer Spesen aus dem Steuergeld der Bürger nichts hängen.