Schwarz-grüne Balz

Die Signale sind gestellt: Die CDU will eine schwarz-grüne Koalition. Nur der Wähler soll es nicht merken. Darf man das Betrug nennen?

Nein, nein, offiziell will noch keiner die schwarz-grüne Koalition. Die Grünen leiern dieses Mantra vorwärts und rückwärts, weil die grünen Wähler eine rot-grüne Koalition wollen. Die Schwarzen, auch jene, die nicht mehr der Gnade des Rosenkranzbetens mächtig sind, leiern der Vorbeterin brav nach. Für viele schwarze Wähler ist der Teufel grün.

Weder CDU noch Grüne wollen ihre Stammwähler vergraulen. Aber hintenrum wird vor der Wahl eine andere Rechnung aufgemacht, die man beim Koalitionsgeturtel danach “gemeinsame Verantwortung” nennen wird und doch an Betrug grenzt: Keiner der grünen Ehrgeizlinge glaubt noch daran, dass Stolper-Steinbrück noch mal auf die Beine kommt. Der ist noch für viele hoch bezahlte Vorträge gut; aber Ministerjobs wird er nicht spendieren können. Die Union wiederum hat die FDP gründlich satt, menschlich und programmatisch: Markt und Wirtschaft stören nur.

Also balzen Union und Grüne miteinander; in einem zierlichen Spatzentanz umschwänzelt Jürgen Trittin die Kanzlerin; Claudia Roth und Volker Kauder plustern sich und zieren sich im Wechselspiel oder mit vor Erregung vibrierenden Flügeln wie ein Cem Özdemir. Nur merken darf es vorerst keiner. Das leuchtendere Gefieder haben dabei die Grünen angelegt. Sie haben ihr Parteiprogramm festgezurrt mit allem, wofür sie seit jeher stehen – höhere Steuern, mehr Umverteilung und Umerziehung, für Etatismus und gesellschaftliche Kontrollitis auf allen Feldern. Die Union hat ihr Nest verlassen und in einer Art programmatischer Mauser alle Positionen gewendet, die die Annäherung des grünen Vogels gefährden könnten. Darunter versteht die CDU alle Positionen, die nicht in den aktuell plappernden Zeitgeist passen. Deshalb hat die CDU ihre Ablehnung von Mindestlohn und Frauenquote so aufgeweicht, dass sie anschlussfähig ist – an den Diskurs und die Programmatik der Grünen. Nur wer sich selbst verleugnet, passt ins Konzept; wer für Positionen kämpft, macht sich verdächtig. Das gilt auch für Transaktionssteuer und Rentenerhöhungen, Sondersteuern für dieses und jenes. Bloß keine Marktkräfte zulassen, schon gar nicht Wettbewerb oder Privatisierung: Die eigentliche Stärke deutscher Wirtschaftspolitik, nämlich einen Ordnungsrahmen vorzugeben, innerhalb dessen der Wettbewerb die jeweils bessere Lösung findet – diese Idee wurde mit Blick auf grüne Opportunität ausgerupft und durch herummurksende Interventionitis ersetzt.

Die Kanzlerin schmückt sich mit fremden Federn, den Erfolgen der deutschen Wirtschaft. Wirtschaft ist, wenn’s läuft. Dass es einmal nicht laufen könnte, hat das wirtschaftsferne Berlin in seiner Selbstverliebtheit, wie im Vogelbad herumspritzend, vergessen; trotz sprudelnder Steuerquellen werden weiter Schulden gemacht und mit immer neuen Sozialfinessen wird die Belastungsgrenze erprobt – allerdings in der guten Zeit der Hochkonjunktur, die sich schon dem Ende zuneigt.

Vorbilder für schwarz-grüne Koalitionen gibt es wenige, und die sind nicht gut ausgegangen. In Frankfurt hat eine CDU-Oberbürgermeisterin die Stadt schwarzgrün regiert. Bei vollen Kassen hat das zunächst gut funktioniert: Die CDU durfte Prestigebauten entwerfen, die den Blick selbst auf den Krönungsdom der deutschen Kaiser verstellen. Hohe Neubauten werden sein berühmtes Westfenster verschatten wie in einem zu engen Lichtschacht. Dafür dürfen die Grünen die Stadt mit ökologisch-, ökonomisch- und gesundheitsproblematischen Passivhäusern quälen; Steuermillionen fließen in die vielen Selbstbedienungsvereine der grünen Zivilgesellschaft und ihrer sonst arbeitslosen Sozialarbeiter. Am Ende aber wählten die grünen Wähler doch nicht die schwarz-grüne Koalition, sondern einen SPD-Oberbürgermeister. Grün geht eben lieber mit Rot, das mussten selbst die grünen Lokalfürsten akzeptieren.

Die CDU aber bleibt als düpierter Verlierer allein zurück, sie hat ein Kuckucksei ausgebrütet.

(Erschienen auf Wiwo.de am 08.12.2012)

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