Alte Themen in neuem Licht

Die US-Wirtschaft hatte im Oktober deutlich mehr Arbeitsplätze als erwartet geschaffen. Die US-Konsumenten sind in Kauflaune — sie glauben offensichtlich an den Erfolg von Trumps Slogan „Make America great again“.

Bryan R. Smith/AFP/Getty Images

Aus dem scheinbar unendlichen Gezerre um den Brexit im britischen Unterhaus ist über Nacht ein Wahlkampf geworden; vom Gespenst eines harten Brexits ist nichts mehr zu sehen. Auch sonst sind Börsianer optimistisch: Sie setzen auf eine baldige Lösung im Zollkonflikt zwischen den USA und China; denn schließlich stehen 2020 in den USA Wahlen an, und Präsident Trump wird sich eine haus-gemachte Wirtschaftsschwäche kaum leisten wollen. Rasch haben sich so die dunkelsten Wolken verzogen, und die am Freitag bekanntgewordenen überraschend positiven US-Konjunkturdaten gaben zusätzlichen Rückenwind. Die Weltbörsen setzen jedenfalls erst einmal ihre historische Hausse fort. Der Dow Jones Industrial überwand am Freitag jedenfalls erstmals wieder seit Mitte September die Marke von 27.300 Punkten und ging mit einem Plus von 1,1 Prozent auf 27 347,36 Punkten ins Wochenende. Inzwischen hat es der Dow auch nicht mehr weit bis zu seinem im Juli erreichten Rekordhoch bei knapp unter 27.400 Punkten. In den vergangenen fünf Handelstagen hat er damit 1,4 Prozent hinzugewonnen.

Der marktbreite S&P 500 und der Nasdaq 100 erreichten dagegen bereits neue Rekordhöhen. Der S&P beendete den Tag mit einem Aufschlag von ein Prozent auf 3067 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 legte ebenfalls um ein Prozent auf 8161 Punkte zu.

Die US-Wirtschaft hatte im Oktober deutlich mehr Arbeitsplätze als erwartet geschaffen. „Dass die Arbeitslosenquote in der Nähe ihres 50-Jahrestiefs stagniert, ist ein starkes Zeichen für die Robustheit der US-Wirtschaft“, die den Handelskonflikt mit China bislang „erstaunlich gut weggesteckt“ habe, sagte Analyst Thomas Altmann von QC Partners. Als am Freitag die beiden weltgrößten Volkswirtschaften schließlich bekannt gaben, dass das geplante Teilabkommen im Handelsstreit kurz vor einem Abschluss stehe, stützte dies die Kauflaune der Anleger zusätzlich.

Im Dow standen die Apple-Aktien mit einem Rekordhoch bei knapp unter 256 US-Dollar im Fokus. Mit einem Plus von 2,8 Prozent beendeten sie den Tag. Zudem hatten sowohl der Ölkonzern ExxonMobil als auch Konkurrent Chevron Quartalszahlen vorgelegt. Zwar war bei Exxon im dritten Quartal der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um die Hälfte eingebrochen und auch der Umsatz war kräftig gefallen, dennoch übertraf der größte US-Ölkonzern beim Gewinn die Analystenerwartungen klar. Die Anteile legten um drei Prozent zu.

Die Chevron-Aktien kamen indes kaum vom Fleck. Der Ölkonzern hatte mit seinem Gewinn je Aktie die Erwartungen der Analysten verfehlt. Auch die Produktionsvolumen waren hinter der durchschnittlichen Analystenschätzung zurückgeblieben.

Unter den Großkonzernen, die über ihr abgelaufenes Quartal berichteten, ragten die Papiere von US Steel heraus. Sie schossen dank eines überraschend starken Geschäftsberichts um knapp 15 Prozent nach oben. Die Aktien des chinesischen Internethändlers Alibaba dagegen konnten ihre nach den Quartalszahlen erzielten moderaten Gewinne nicht halten und schlossen minimal im Minus.

Auf Talfahrt befanden sich die Papiere des Börsenneulings Pinterest. Sie sackten nach einem enttäuschenden Umsatzausblick für 2019 zeitweise auf ein Rekordtief von 18,71 US-Dollar, erholten sich dann aber wieder etwas. Im April waren die Papiere der Online-Fotoplattform zu 19 Dollar je Stück ausgegeben worden.

Auch ein Übernahmevorhaben bewegte den Markt: Der Internetgigant Alphabet will den Fitnessband-Pionier Fitbit übernehmen. Das Gebot liegt bei 7,35 US-Dollar je Aktie oder insgesamt 2,1 Milliarden Dollar. Erstmals war darüber zum Wochenstart spekuliert worden. Die Fitbit-Aktien gewannen nun weitere 15,2 Prozent hinzu. Die A- und C-Aktien von Alphabet legten zugleich um jeweils 1,1 Prozent zu. RBC-Analyst Mark Mahaney nannte die Offerte aufgrund möglicher Synergieeffekte einen „logischen Schritt“. Allerdings sei die Übernahme für den Technologie-Giganten „nicht wesentlich“.

Die US-Konsumenten sind in Kauflaune — sie glauben offensichtlich an den Erfolg von Trumps Slogan „Make America great again“. Noch tanzt auch Fed-Chef Jerome Powell nach der Pfeife des Präsidenten und senkte die Zinsen zum dritten Mal in Folge. Zugleich deutete Powell für die Zukunft Zurückhaltung an — das ließ die Wall Street nach der Rekordjagd kurz innehalten.

Der DAX klettert wie immer hinterher. Mit 0,7 Prozent Plus bei 12.961 Punkten verfehlte der DAX am Freitag erneut die 13.000-Punkte-Marke. Bis zum Allzeithoch sind es aber auch hier nur noch fünf Prozent. Auch in Frankfurt haben die Bullen also einstweilen die Oberhand.

Mitten in ihrem radikalen Konzernumbau holt sich die Deutsche Bank Know-how aus dem Sport: Michael Ilgner, derzeit Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe, wird zum 1. März 2020 neuer Personalchef des größten deutschen Geldhauses. Das teilten die Deutsche Bank und die Stiftung Deutsche Sporthilfe am Freitag in Frankfurt mit. Die Bank erhofft sich von dem 48-Jährigen Impulse in Sachen Talentförderung und Personalentwicklung.

Ansonsten stand Voralpen Metro im Rampenlicht. Der tschechische Milliardär und Großaktionär Daniel Kretinsky stockte seine Beteiligung am Handelskonzern auf 29,99 Prozent auf. Es überrasche, dass sich Kretinsky weiter für Metro interessiere, nachdem seine Offerte von 16 Euro je Aktie gescheitert sei, sagte ein Börsianer. Metro-Aktien legten um 1,2 Prozent auf 14,76 Euro zu.

Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat ihre großen Schattenseiten. Einen positiven Effekt gibt es aber auch: Aktien sind inzwischen die beliebteste Geldanlage der Deutschen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zum Weltspartag in Auftrag gab. Immobilien- und Investmentfonds landen auf Platz 2, Immobilien auf Platz 3. „Die Attraktivität von Aktien ist bei den Deutschen angekommen“, so der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis, in Berlin auf einer Pressekonferenz zur Vorstellung des „Vermögensbarometers“. „Wir sehen ganz klar, dass die Menschen ihr Sparverhalten an die niedrigen Zinsen anpassen. Sie suchen intensiv nach anderen Anlageprodukten“, so Schleweis weiter.

Und der Trend zu Minuszinsen dürfte sich noch verfestigen. So rät der Bundesverband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) seit vergangener Woche seinen Mitgliedern, Kunden verstärkt auf Negativzinsen vorzubereiten. Danach empfiehlt der BVR für neue Kontenverträge, Regelungen für mögliche Minuszinsen einzubinden. In einer folgenden Stufe könnten dann beim Überschreiten bestimmter Beträge auf Girokonten bei besonders wohlhabenden Kunden Negativzinsen erhoben werden.

Wenn die DAX-Konzerne aktuell ihre Quartalsberichte vorlegen, sollten Investoren und Analysten nicht nur auf Finanzkennzahlen schauen. Denn besonders nachhaltige Unternehmen bringen in dieser Berichtssaison gute Ergebnisse, so die Privatbank Merck Fink und liefert eine Analyse der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Ratingagentur Sustainalytics mit. Diese fasst Risiken in den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zu einer Zahl zusammen. Demnach kommen die DAX–Titel auf einen Durchschnittswert von 22,86, während die Risikokennzahl bei Euro-Stoxx-50-Unternehmen lediglich bei 20,99 liegt. Sustainalytics ordnet die ESG-Risiken fünf Kategorien zu: vernachlässigbar (0 – 10), niedrig (10 – 20), mittel (20 – 30), hoch (30 – 40) und schwer (40 – 100). Das ESG-Risiko-Rating misst, inwieweit der wirtschaftliche Wert eines Unternehmens aufgrund von ESG-Faktoren gefährdet ist. Besonders die beiden deutschen DAX-Schwergewichte Bayer (39,4) und Volkswagen (41,4) weisen ein hohes ESG-Risiko auf, was sich künftig weiterhin negativ auf die Performance auswirken dürfte. Das geringste ESG-Risiko im DAX hat aktuell SAP, gefolgt von Linde (11,6), Adidas (13,1) und Munich Re (15,4).

Der Sieg des peronistischen Kandidaten Alberto Fernández bei den Präsidentschaftswahlen in Argentinien am vergangenen Wochenende hat unter Anlegern kurz für Unruhe gesorgt. Investoren trennten sich in Folge des Triumphs des Populisten über den amtierenden Präsidenten Macri von argentinischen Staatsanleihen und Aktien. Uday Patnaik, Schwellenländerexperte bei LGIM, sieht die Lage indes gelassen, das Kräftegleichgewicht im Land sei intakt: „Obwohl Fernández den Senat kontrolliert, kann man von einer beinahe gleichmäßigen Sitzverteilung im Kongress sprechen.“​


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Kommentare ( 4 )

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Iso
5 Jahre her

Es ist völlig egal welcher Zahlensalat an der Börse aufgetischt wird. Gegenwärtig drucken die Notenbanken das Geld, kaufen den Geschäftsbanken die Staatsanleihen ab, und diese stecken das Geld in die Aktien. Das ist ein Casino, was mit Wirtschaft nichts zu tun hat. Ist zwar verkürzt dargestellt, aber so läuft es.

Iso
5 Jahre her
Antworten an  Iso

Eine Art moderner Tulpenhandel. Irgendwann war damals niemand mehr bereit, dass er für eine Zwiebel den Gegenwert von 8 fetten Schweinen zahlen sollte. Die Käufer blieben weg, und die Kurse kamen in nur 90 Tagen auf reale Marktpreise zurück.

WU-Mitglied
5 Jahre her
Antworten an  Iso

Heißt das, Geld halten und hoffen, daß man billig kaufen kann, bevor auch der € dann abschmiert?

Iso
5 Jahre her
Antworten an  WU-Mitglied

Bevor der große Ausverkauf stattfindet, wird es noch eine finale Aufwertswelle geben, quasie Euphorie. Gegenwärtig sehe ich das nicht, bin auch nur im Daytradingaktiv, stelle abends die Positionen glatt, und denke nie langfristig.