Die Fed senkt die Zinsen, die EZB wird folgen. Dabei haben die Sparer in Deutschland seit 2008 durch den Niedrigzins rund 358 Milliarden Euro verloren.
Als nach der Pleite des amerikanischen Bankhauses Lehman Brothers die globale Finanzwelt bebte, da traten im Oktober 2008 eine deutsche Bundeskanzlerin und ihr sozialdemokratischer Finanzminister, das Gespann Angela Merkel und Peer Steinbrück, vor die Presse und verkündeten: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“ Mit diesem spontanen Garantieversprechen, das übrigens bei einem tatsächlichen Bankensturm der Kunden („Bankrun“), die alle ihre Einlagen sofort abheben wollen, keine Wirkung entfaltet hätte, beruhigten die beiden die Sparer. Davon gibt es in Deutschland immerhin 57 Millionen. Das ist mit Abstand die relevanteste Wählergruppe.
Allerdings sind die Sparer – der damaligen Beruhigungspille zum Trotz – trotzdem die Betrogenen. Denn weil die Europäische Zentralbank (EZB) im Zuge der Bekämpfung der Finanzkrise und dann der Euro-Schuldenkrise die Zinsen immer weiter senkte, fraß die Inflation im Laufe der vergangenen zehn Jahre die Kaufkraft der deutschen Spareinlagen um sagenhafte 358 Milliarden Euro. Allein im laufenden Jahr entsteht ein Zinsschaden von 54 Milliarden Euro, weil die Inflation höher ist als die Verzinsung. Freuen konnten sich dagegen die späteren Finanzminister – zunächst Wolfgang Schäuble und heute Olaf Scholz. Die Zinsausgaben für die Staatsschulden sanken immer weiter. Die schwarze Null im Bundeshaushalt war nie Ausdruck einer Sparpolitik, sondern einzig und allein dem Windfall-Profit aus historisch einmalig niedrigen Zinsen und einer konjunkturbedingten Steuereinnahmenflut geschuldet. Wer heute in sicheren deutschen Staatspapieren anlegt, muss dafür eine Art Strafsteuer zahlen, weil die Zinsen negative Vorzeichen haben.
Als EZB-Präsident Mario Draghi im September 2016 in Berlin vor dem Europa-Ausschuss des Bundestags hinter verschlossenen Türen seine Niedrigzinspolitik und die Staatsanleihenkäufe verteidigte, ließ er damals am Abend via Tagesschau die deutschen Sparer wissen, dass sie mit den niedrigen Kreditzinsen doch auch günstig Immobilien erwerben könnten. Dass die Käufer aber dank des „billigen“ Geldes seit Jahren überteuert einkaufen und beim Kauf oft mehr hinlegen als sie später an Zinsausgaben sparen, steht auf einem anderen Blatt. Dass die Fremdkapitalanteile beim Immobilienkauf auf den höchsten Stand aller Zeiten in Deutschland gestiegen sind – ebenfalls! Wehe, wenn die Zinsen eines Tages wieder anziehen. Dann wird die Trendwende nicht wenigen Haus- und Wohnungseigentümern das Genick brechen. Außerdem werden sich die hohen Immobilienkreditbestände zu langfristig niedrigen Zinsen eines nicht allzu fernen Tages für die kreditgebenden Banken zu einem gewaltigen Risiko auswachsen. Dann erst wird vielen in unserer Gesellschaft wieder bewusst, dass die faktische Abschaffung des Zinses als Risikoprämie fatale Konsequenzen hat.
Nichtsdestotrotz bleibt die EZB auf dem Pfad der Unvernunft. Angesichts der eingetrübten Konjunkturaussichten (Deutschland schlittert in eine Rezession!) werden derzeit weitere unorthodoxe Maßnahmen geprüft. Weil die US-Notenbank gestern mit einer erstmaligen Zinssenkung nach zwei Jahren der geldpolitischen Normalisierung eine wieder lockerere Geldpolitik eingeläutet hat, wird die EZB im September mangels Zinssenkungsmasse ihre unorthodoxen Rezepte wieder anrühren und neue ankündigen. Das werden höhere Strafzinsen für Übernachteinlagen der Kreditinstitute und die Wiederaufnahme der Anleihenkäufe sein. Selbst exotische Vorschläge wie das Helikoptergeld, also die direkte Überweisung von Notenbankgeld an die Bürger, um deren Konsum anzureizen, stehen auf der EZB-Prüfagenda. Und selbstverständlich der Aufkauf von Aktien, um damit die Eigenkapitalkosten der Unternehmen zu senken und indirekt Investitionen, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung anzukurbeln. Japans Notenbank interveniert bereits seit Jahren an den Aktienmärkten, allerdings ohne Erfolg. Schon heute hängen die Kapitalmärkte wie Drogensüchtige an der lockeren Geldpolitik der Notenbanken, die ihnen Zusatznachfrage von Überschussliquidität liefert – auf der Jagd nach höheren Renditen. So wie die Immobilienmärkte durch das billige Notenbankgeld überhitzen, so manipuliert wirken auch die Kapitalmärkte. Deshalb wächst global die Kluft zwischen Vermögenswerten und den zugrundeliegenden Wirtschafts- und Unternehmensdaten.
Die fatale Fehlsteuerung, die das Ende des Zinses bewirkt hat, wird in der Politik (wie in den etablierten Medien) kaum mehr beklagt. Denn sie kann ihre Unfähigkeit, Strukturreformen durchzusetzen, hinter der Geldschwemme der Notenbanken verstecken. Die Notenbanken haben der Politik mit ihren unorthodoxen Maßnahmen eben nicht die nötige Zeit für Reformen „gekauft“, sondern im Gegenteil einen Reformstillstand bewirkt. Je länger dieser politische Attentismus dauert, umso dramatischer der zwangsläufige Crash. Die Notenbanken sind längst nicht mehr Teil der Lösung. Sie sind Teil des Problems.
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Ich tue mich mit diesem Lamento auf einer Seite, die sich an muendige Leser wendet, schwer. Es ist kein Hexenwerk, sich über Anlagealternativen zu Sparbuch und Girokonto zu informieren und sein Erspartes entsprechend zu verwalten. Selbst wer in den letzten zehn Jahren nur zurückhaltend in Aktien, Immobilien(-fonds) und Gold investiert hat, konnte sein Vermögen damit zumindest gegen die Inflation absichern.
Darüber hinaus handelt die EZB nicht falsch, sondern konsequent, indem sie ein misslungenes Waehrungsexperiment verteidigt, denn darin besteht nicht nur ihre Aufgabe, sondern ihre Daseinsberechtigung – whatever it takes.
Herr Metzger, das Zitat „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“ ist eigentlich pure Satire, ich frage mich seit jener Zeit, ob man den Bürge(r)n hier nicht ihre eigene geballte geistige Inkontinenz vors Gesicht gehalten hat, dem Bürger wurde nichts mehr und nichts weniger versprochen, als das eben selbiger mit seinen in der Zukunft ausstehenden Steuerzahlungen für sein eigenes Erspartes einsteht, Donnerwetter, das muss man erst einmal so hinkriegen, so breit können Fichten gar nicht sein.
Die geringe Inflation macht diese ungewöhnliche Notenbankpolitik möglich. Die Frage ist eher, ob dieser Zustand nicht durch gezielte Lohndrückerei per Arbeitsmigration erzwungen wird, der aber Deutschland und Europa langfristig mit Arbeitsnomaden überflutet, die ihre eigene Kultur mitbringen und hier einen kulturellen Flickenteppich und ein ausgesaugtes Sozialsystem und einen maroden Staat* hinterlassen.
*Bundeswehr, Bahn, innere Sicherheit, Verwaltung
Vieles ist richtig was Sie schreiben Herr Metzger. Aber Sparguthaben wurden schon immer weginflationiert. Die Sparzinsen waren auch zu D-Mark-Zeiten immer geringer als die Inflation. Das ist nicht das Hauptproblem.
nicht nur die Sparer, die heutigen und zukünftigen Rentner und die Krankenversicherten werden ebenfalls betrogen. Die Sozialkassen sind verpflichtet Rücklagen zu bilden, durch Niedrigzins- Negativzins finanzieren diese Sozialkassen ganz erheblich diese Geldschwemmenpolitik. Und wenn dann die gesetzlichen Sozialkassen klamm werden, weil sie immer mehr gesamtgesellschaftliche & finanzpolitische Aufgaben meistern müssen, präsentiert man dem Volk das Feindbild der gierigen Rentner und der eingebildeten Kranken und schon schreit die Mehrheit gegen die eigenen Mitbürger.
Die EZB spielt ein unfaires Spiel (eigene Währung zum Dollar billig halten, Exporte befördern). Dies hat Trump erkannt. Die FED hat dabei auch die besseren Trümpfe. Weil sie in den letzten Jahren die Zinsen erhöht hat und jetzt ein Polster besitzt. Um die Differenz zum Dollar zu halten, wenn die FED irgendwann auch nahe Null ist, müsste die EZB tief Minus gehen. Ob sie das kann…?
Was sind schon Wohlstandsverluste und wirtschaftliche Gefahren beim deutschen Volk? Interessiert anscheinend kaum einen. Fast alles nützliche Idioten für das sog. Projekt Europa (jedenfalls die Mehrheitsbevölkerung in Deutschland, die das mitträgt). Idioten, die sogar eine Regierung wählen, die Politik gegen sie macht. Und als echte Idioten haben sie natürlich auch das nicht begriffen.
‚Wer heute in sicheren deutschen Staatspapieren anlegt, muss dafür eine Art Strafsteuer zahlen, weil die Zinsen negative Vorzeichen haben.‘
DAS will mir überhaupt nicht in den Kopf. Wer macht sowas? Wieso verleiht jemand sein Geld an einen Schuldner in dem vollen Wissen darum, dass dieser ihm dann WENIGER zurück zahlt? Zumal man aus der Geschichte gelernt haben sollte, dass gerade der Staat ein zweifelhafter Schuldner sein kann. Die Inflation kommt dann für den gezeichneten Zeitraum ja auch trotzdem noch zur Minus’rendite‘ hinzu. Da kann man es doch tatsächlich besser wieder in den Sparstrumpf stecken oder im Garten vergraben.
Große Probleme gibt es vor allen Dingen für folgende Institutionen: Versorgungswerke, Lebensversicherungen Die freien Berufe bekommen von der Deutschen Rentenversicherung ja keine Rente, sondern müssen selbst vorsorgen. Dazu gibt es die Versorgungswerke, welche die Einzahlungen mündelsicher anlegen müssen. Da es keine Verzinsung gibt, schrumpft die Altersvorsorge. Das gilt genauso für kapitalgedeckte Lebensversicherungen. Die mit viel Pomp eingeführte Riester- und Rürup-Rente sind inzwischen für die meisten Anleger nur noch für die Mülltonne tauglich. Stiftungen Die Stiftungen leben von den Erträgen des Stiftungskapitals. Diese Erträge sind bei sehr vielen Stiftungen so gering, dass die Verwaltungskosten nicht mehr gedeckt werden, geschweige denn, die… Mehr
Zins ist der Preis des Geldes. Wenn der Zins gegen null tendiert oder darunter liegt, ist auch das Geld „nix“ wert und wird bei gleichzeitiger Inflation zu „rostendem Geld“.
Das ist unsere Situation heute. Der Euro rostet, die EZB macht Staatsfinanzierung durch Anleiheaufkäufe, Sparer verlieren Vermögen in Milliarden Umfang ins Verhältnis gesetzt zu einer normalen Verzinsung. Alles Gründe, den dafür Verantwortlichen die rote Karte zu zeigen. In Demokratien geschieht das durch Wahlen.