Hasso Mansfeld kritisierte die Rolle der Presse bei den Kölner Vorfällen scharf, die ARD weist diese Kritik noch schärfer zurück und wir fragen den Kommunikationsberater nach diesem verminten Konfliktfeld.
Letzte Woche schrieb Kommunikationsberater Hasso Mansfeld einen Gastbeitrag auf Meedia. Tenor: besonders die ARD hätte bei der Berichterstattung über Köln versagt. Viel zu spät habe die Tagesschau über die Kölner Silvesternacht berichtet. Köln sei die Bankrotterklärung der deutschen Medien, da man offenbar zu sehr den offiziellen Verlautbarungen der deutschen Behörden vertraut, statt sie zu hinterfragen. Gerade das sei doch Aufgabe kritischer Berichterstattung. Mansfelds Rant verbreitete sich so schnell, dass sich der zweite Chefredakteur von ARD-Aktuell, Christian Nitsche, veranlasst sah, einen offenen Brief an Mansfeld und Meedia zu senden, in dem er die Vorhaltungen in erstaunlich scharfer Form zurückwies. Dünnhäutigkeit? Echte Empörung?
Hasso Mansfeld ist Ratgeber für Unternehmenskommunikation. Immer dann, wenn’s eng wird: zum Beispiel für Hedgefonds, Glücksspiel und Tabak. Engagiert, als Problemlöser, der die Diskursfähigkeit seiner Kunden verbessern soll. Für ein positiveres Image und eine optimierte Produktwahrnehmung.
Der Berater ist aber auch in eigener Sache unterwegs. Als Privatmann hat er eine Haltung, eine klare Stimme, die er zu Gehör bringt. Als Kolumnist, als Interview-Partner. Und dann kann es passieren, dass jemand den gelernten Gärtner zum Bock machen will. Dann trifft es den Verkünder der Nachricht. Dann erklärt der ARD-Vize Christian Nitsche gegenüber Mansfeld in einem offenen Brief: „Auch weisen wir scharf zurück, es sei aus Gründen der Opportunität bewusst nicht berichtet worden.“ Gemeint ist die Rolle der Presse bei den Kölner Vorfällen, die für Mansfeld einer „Bankrotterklärung der Presse“ gleichkommt und „schädlich ist für die deutsche Medienlandschaft“.
Sprechen wir also mit Mansfeld, wie er die Einwände Nitsches sieht, was er der ARD, was er den Öffentlich-Rechtlichen als Kommunikationsberater empfehlen würde, anstatt diese nur zu kritisieren. Sprechen wir auch über dieses seltsame Berufsfeld, schlüsseln wir mal auf, warum Kommunikationsberatern immer noch mit einem gehörigen Quantum Skepsis begegnet wird. Zuviel schwarze Schafe?
Gehen wir gleich mal in Medias Res: Wenn Sie nicht Sie wären, sondern Berater Christian Nitsches, hätten Sie im empfohlen so zu reagieren wie auf Meedia geschehen?
Also ich hätte ihm empfohlen, sich stärker gegenüber der Kritik abzugrenzen. Besser wäre es gewesen, zunächst zuzugeben, dass der Eindruck hätte gewonnen werden können, dass die Medien sehr spät auf die Vorfälle in Köln reagiert haben. Dann hätte er die gemachten Vorhaltungen immer noch zurückweisen können. Und zwar im bestimmten aber maßvollen Tone. Ich hätte ihm geraten ein Schopenhauer-Zitat zu beherzigen: „Die kaltblütigen Tiere allein sind die giftigen“
Haben Sie es satt aus der zweiten Reihe zu agieren? Ist nicht äußerste Zurückhaltung in eigener Sache eine der Tugenden eines Kommunikationsberaters? Spielen Sie mit Ihrer Rente, wenn Sie sich derart verrennen?
Nein, Grundkapital eines Kommunikationsberaters ist seine Fähigkeit publizistisch zu denken. Kritik an Medien ist durch die Meinungsfreiheit abgedeckt. Mich muss man nicht mögen, damit ich meinen Job machen kann. Kein ernstzunehmender Journalist schreibt doch etwas, nur weil er mich kennt. Für mich ist einzig die Wahrnehmung wichtig, dass man sich auf mich verlassen kann.
Liefern Sie den Gegnern der freien Gesellschaft einen vermeintlich seriösen Beleg für deren Untergangsfantasien?
Die Gegner der freien Gesellschaft werden alles instrumentalisieren, was ihren Zielen nutzt. Darauf können und dürfen die Demokraten keine Rücksicht nehmen. Das ist doch genau der Punkt den ich kritisiere: sich in der Darstellung zurückzuhalten, weil es irgendjemand zu seinen Zwecken verwenden könnte, ist fatal. Das gilt übrigens uneingeschränkt für alle Seiten.
Verletzten Sie nicht genau die Standards, die Sie einklagen?
Nein. Meine Kritik bezog sich konkret auf die mangelnde Ausübung der Kontrollfunktion der ARD gegenüber unserer Behörden. Was anderes wäre es gewesen, wenn ich pauschalisiert hätte. Die von mir geäußerte Kritik untergräbt nicht das Vertrauen in Institutionen. Vielmehr geht Vertrauen in Institution verloren, wenn der Eindruck entsteht, dass den Verlautbarungen von Behörden ungeprüft Glauben geschenkt wird. Selbst dann noch, wenn es deutliche Hinweise auf gravierende Ereignisse gibt, die diesen Verlautbarungen entgegenstehen. Gerade eine Institution wie die Tagesschau muss den höchsten journalistischen Ansprüchen genügen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine wichtige Säule zur Herstellung von Publizität und Transparenz von staatlichem und politischem Handeln.
Was tun Sie in der FDP, die ja die öffentlich-rechtlichen Anstalten eher heute als morgen abschaffen möchte?
Die Kritik der FDP richtet sich nicht gegen die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesens, sondern gegen die Art und Weise, gegen dessen Finanzierung und die Struktur seiner Aufsichtsgremien. Die offizielle Parteilinie ist: Politiker raus aus öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien. Da gehe ich völlig konform. Politiker haben in einem staatsfernen Rundfunk nichts verloren. Das gilt umso mehr für Regierungsmitglieder. Ich gebe ihnen aber insofern Recht, dass es unter den Liberalen nicht wenige gibt, die ARD und ZDF lieber heute als morgen privatisieren möchten. Das hielte ich aber für fatal. Wir brauchen einen starken staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der den Mächtigen in diesem Land auf die Finger guckt und falls erforderlich kräftig auf die Füße tritt. Nachrichten und Recherche werden im privaten Rundfunk doch immer weniger. ARD und ZDF sind wichtig für unsere Demokratie! Die Aussage der WDR-Redakteurin im Niederländischen Rundfunk: „Wir sind natürlich angewiesen, pro Regierung zu berichten“, sind ganze Sturzbäche auf die Mühlen der Gegner der freien Gesellschaft, auch wenn die Dame ihre ursprüngliche Aussage zwischenzeitlich dementiert hat.
Wenn wir hier ein Interview führen, sind wir Ihnen dann bereits auf den Leim gegangen und unterstützen eine positive Kommunikation in Sachen Hasso Mansfeld?
Diese Frage müssten Sie jedem stellen, mit dem sie ein Interview führen. Ich nehme für mich in Anspruch, wie jeder andere Mensch auch, meine Perspektive in der Öffentlichkeit darstellen zu dürfen. Natürlich ist das gefärbt und subjektiv. Das gilt für Greenpeace genauso wie für einen Kommunikationsberater. Niemand macht etwas ohne Grund. Und das ist auch gut so. Wichtig ist immer die Transparenz. Es muss klar bleiben, aus welcher Rolle heraus jemand seinen Position vertritt.
Was sagen sie zum schlechten Image von Kommunikationsberatern?
Es kommt doch drauf an, mit welcher Haltung man seinen Job macht. Ich sehe mich selber in einer Funktion als „outgesourcter“ Pressesprecher. Ich erkenne in meiner Tätigkeit keinen Unterschied zu der des Regierungssprechers. Mit dem einzigen Unterschied vielleicht, das Steffen Seibert für ein Verfassungsorgan tätig ist. Prinzipiell macht er das wie ich: er versucht die Perspektive seines Auftraggebers einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
Gibt es in der Branche viele schwarze Schafe?
Klar gibt es die. Die haben es in Deutschland aber schwerer als anderswo. Bei aller berechtigter Kritik: unser Medienlandschaft funktioniert immer noch sehr gut. Qualitätsjournalismus in Deutschland ist nicht käuflich.
Welche Kunden würden Sie ablehnen? Womit wollen Sie sich nicht die Finger schmutzig machen?
Nun, man kann Wettbewerber nicht gleichzeitig beraten. Und ich möchte nicht für jemanden arbeiten, dessen Ziele ich grundsätzlich ablehne. Für eine politische Partei wie die NPD beispielsweise oder die Scientology Church. Mit Unternehmen, deren Geschäftsbasis legal ist, habe ich keinerlei Berührungsängste. In einer demokratischen Gesellschaft hat jeder, der sich im Rahmen des geltenden Gesetzes bewegt, das Recht seine Position darzustellen. Insofern könnte man sogar sagen: PR ist Menschenrecht. Mein Wunschkunde war übrigens lange Zeit das Deutsche Atomforum. Die wollten aber nicht und jetzt ist es zu spät.
Hasso Mansfeld arbeitet als selbstständiger Unternehmensberater und Kommunikationsexperte. Für seine Ideen und Kampagnen wurde er unter anderem dreimal mit dem deutschen PR-Preis ausgezeichnet
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