Was Deutschland und Europa jetzt brauchen

Deutschland und die Europäische Union brauchen dringend frische Köpfe und neue Konzepte. Einer, der endlich anpackt, anstatt wie Merkel alles tot zu taktieren, ist der österreichische Kanzler Sebastian Kurz. Eine Hoffnung im Meer der Gestrigen.

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Die CDU-Parteibasis steht nicht mehr geschlossen hinter ihrer Kanzlerin. Und auch der Parteispitze ist längst klar, dass Angela Merkel unabhängig vom Streit mit der CSU-Schwester nicht mehr tragbar ist, weder für Deutschland noch für die EU. Sie hat ihr Vertrauen überall verspielt und wirkt immer öfter der Realität entrückt. Fast tragisch wirkt ihr Versuch, eine EU-europäische Lösung des Migrationsproblems herbeiführen zu wollen, das doch durch ihre Entscheidung zumindest verschärft wurde und zur Spaltung nicht nur unseres Landes, sondern auch der Europäischen Union maßgeblich beigetragen hat. Zwar wird sie in der EU noch von einigen Getreuen wie Juncker gestützt, die wissen, dass ohne deutsches Geld nicht viel gehen wird. Doch in Deutschland selbst wird die Luft für sie immer dünner. Das Einzige, was Merkel noch im Amt hält, ist die Angst ihrer Parteifreunde vor dem Königsmord. Es ist zu offensichtlich, dass die Kanzlerin müde, verbraucht und kraftlos ist. Ihre Zeit ist vorbei: der überfällige Neustart in Deutschland und Europa muss von anderen, jüngeren Politikern organisiert werden.

Die Realität erkennen

Wer die Zukunftsplanung Deutschlands und der EU angehen will, muss zunächst damit anfangen, sich mit der Realität auseinandersetzen. Die EU ist bereits im Zerfall-Prozess. Die blinde Zentralisierungswut der Brüsseler Beamten und die permanente Einmischung in nationale Belange wird zunehmend als Schikane der Bürger empfunden. Unterschiedliche Mentalitäten in den Mitgliedsstaaten brauchen unterschiedliche Lösungen. Jean-Claude Junckers Kommission versucht stattdessen, alle und alles gleichzumachen. Das System aus Rat, Kommission und EU-Parlament ist bei genauer Betrachtung alles andere als demokratisch. Das Parlament kann defacto nur abnicken, wovon es auch eifrig Gebrauch macht. Aber es kann ohne Kommission keine eigenen Gesetze durchsetzen.

Grüne Fake News
Griechenland-Kredite sind fort für immer
Die Gemeinschaftswährung Euro ist in ihrer jetzigen Form gescheitert und kann nur noch mit gigantischen Kosten zu Lasten der Bürger am Leben gehalten werden. Die Schulden und Haftungsrisiken bemessen sich mittlerweile in Billionen. Die Türme der Europäischen Zentralbank EZB sind voll mit überbewerteten und vielfach wertlosen Staats- und Unternehmensanleihen. Die Nullzins-Politik Mario Draghis führt zu einer schleichenden Enteignung der Sparer und zukünftigen Generationen. Das Versprechen, dass mit dem Euro mehr Wohlstand entstehen soll, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, die Gemeinschaftswährung führt zur Umverteilung des Wohlstandes. Ein Entkommen aus dieser Falle aus eigener Kraft ist nicht absehbar.

Selbst minimale Zinsanhebungen kann sich die Euro-Zone nicht leisten, sie würden derzeit zum endgültigen Crash vieler ohnehin wackeliger Banken, vor allem in Italien, Spanien und Griechenland führen. Der deutschen Kanzlerin kam es in den letzten 10 Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise nicht in den Sinn, in Brüssel klare Signale zu senden. Stattdessen taumelt sie nun dem französischen Staatspräsidenten Macron in die Arme und stimmt unter Umgehung des Bundestages einem Eurozonen-Haushalt zu, um sich in der Migrationskrise freikaufen zu können. Dabei ist ein Schuldenschnitt der Eurozone nahezu unausweichlich geworden. Die Frage ist, ob wir danach endgültig zu einer dauerhaften Transfer-Union übergehen, die die EU noch weiter spalten würde, oder ob wir endlich aufwachen und nach einer gemeinsamen Lösung zur Abwicklung des Euro suchen. Anstatt diverse Rettungsaktionen mit weiteren Rettungsschirmen und Hilfsfonds zu verschleiern, kann der Bürger hier von der Politik transparente Lösungsansätze erwarten.

Abwicklung des Euro nötig

Dazu kommt die jüngste Eskalation des Streits unter den EU-Mitgliedern in der Migrationsfrage. Viel zu lange hat Angela Merkel auch dieses Problem immer wieder vertagt und starrköpfig ihren fatalen Kurs der offenen Grenzen verteidigt. Die EU-weiten Wahlerfolge der Nationalisten in den letzten Monaten waren die logische Reaktion der Bürger. Europaweit wurde Merkels Politik der offenen Grenzen abgestraft. Die Bürger erwarten vom Staat zu Recht, dass er für Schutz und Ordnung sorgt, und erst jetzt scheint dieser simple Anspruch auch in der EU-Spitzenpolitik wahrgenommen zu werden. In Deutschland wurden 2017 nicht einmal ein Prozent aller Asylanträge positiv beschieden, 99 Prozent der Antragssteller sind Kriegsflüchtlinge oder reine Wirtschaftszuwanderer bzw. Versorgungssuchende in den europäischen Sozialsystemen.

Lega und Cinque Stelle bei je 30 Prozent
Salvini schließt zu Di Maio auf: zusammen 60 Prozent
Deutschland und die EU können aber nicht die halbe Menschheit vor Kriegen oder der zunehmenden Überbevölkerung retten. Und Schengen funktioniert ohne Schutz der EU-Außengrenzen nicht, weil die Grenzschutztruppe Frontex lediglich aus ein paar hundert Beamten besteht. Die einzige praktikable Lösung sind derzeit also Personenkontrollen an den innereuropäischen Grenzen in der Hoffnung, dass sich die Regierungschefs dadurch endlich gezwungen sehen, langfristig eine EU-weite Lösung zu erarbeiten. Der Aufbau eines wirksamen EU-Grenzschutzes braucht Zeit und Geld. Anstatt permanent Gelder über fadenscheinige „Zukunftsfonds“ oder „Währungsfonds“ in den Süden Europas zu pumpen und damit jeden Rest von wirtschaftlicher Eigenverantwortung der Mitglieder abzuwürgen, wäre ein gemeinsames Grenzschutz-Budget eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Sie wäre nicht nur ein Garant für innere Sicherheit, sondern auch ein Schutz des Wohlfahrtsstaats. Dessen Errungenschaften darf nicht mit vollen Händen durch Regierungen ausgegeben, sondern muss treuhänderisch als Vermögen der Bürger geschützt werden.

Grenzschutz und Verteidigung

Dasselbe gilt für das vieldiskutierte europäische Verteidigungskonzept. Hier sollte EU-Europa tatsächlich stärker zusammenarbeiten, dies wäre ein echter Mehrwert für die Bürger. Länder wie Frankreich und England verfügen über militärische Erfahrung, die unserem gesamten Kontinent zugute kommen könnte, die uns selbstständiger unsere Interessen verteidigen ließe, ohne in unruhigen Zeiten nur auf den großen amerikanischen Bruder angewiesen zu sein. Es wäre auch die große Chance, Großbritannien wieder für den europäischen Gedanken zu gewinnen. Ein Europa ohne die älteste Demokratie ist auf Dauer nicht vorstellbar.

Klare Vorstellungen
Österreichs Kurz verfolgt seinen Kurs, wo Deutschlands Politiker dilettieren
Die Friedensverträge von Locarno 1924 mit den Außenministern Stresemann (D), Briand (F) und Chamberlain (GB) war die Geburtsstunde des Völkerbunds und des europäischen Friedensprojektes, auch wenn der Größenwahn Hitlers und seiner Schergen zunächst alles wieder vernichtete. Die Fortführung des Friedensprojektes nach dem zweiten Weltkrieg und die Weiterentwicklung zum gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum EWG in den 1960er und 70er Jahren ist das Fundament unseres heutigen Wohlstandes. Die Stärke Europas liegt in der Jahrhunderte alten kulturellen und wirtschaftlichen Vielfalt. Wer dagegen versucht, das alles gleich zu machen, nimmt dem EU-Projekt die Chance auf eine Zukunft.

Deutschland und die Europäische Union brauchen dringend frische Köpfe und neue Konzepte. Einer, der endlich anpackt, anstatt wie Merkel alles tot zu taktieren, ist der österreichische Kanzler Sebastian Kurz. Österreich übernahm eben die Ratspräsidentschaft, das könnte nicht nur in der Asylfrage ein erster kleiner Hoffnungsschimmer und auch ein Vorbild für eine neue Generation deutscher Spitzenpolitiker sein.

Ulrike Trebesius ist Europaabgeordnete.

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Kommentare ( 38 )

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Grumpler
6 Jahre her

Die LKR könnten selbstverständlich auch den Trick versuchen, der die seinerzeit die PDS mit weniger als 5% in den Bundestag hob: Dank der Erststimmen drei Direktmandate erlangen und dann mit einer Anzahl von Abgeordneten entsprechend dem Listenergebnis der Zweitstimmen einziehen. Damit hätten sie einen Fuß in der Tür.

Carli
6 Jahre her

Ja, ja und ABER, Frau Trebesius, Sie beschreiben die Zustände in EU und Deutschland sehr plakativ und auch richtig, ABER: zur Frage „Was Deutschland und Europa jetzt brauchen“ geht es nicht um ein paar junge Köpfe im althergebrachten System. Kurz wird auch noch vom System assimiliert werden. Es geht um viel Größeres, nämlich um eine Verschiebung des globalen Gefüges. Vor fast vierzig Jahren erzählte mir ein Lehrer im Fach „Politische Bildung“, dass wir uns wegen der Sowjets nicht viele Sorgen zu machen brauchten. Wir müssten nur genügend Geld rüberpumpen, das System würde daran eingehen. So ungefähr war es dann ja… Mehr

Dr. Kari Koester-Loesche
6 Jahre her

Trotz aller von Frau Trebesius zusammengefassten Fakten gibt es auch bei der Opposition Abgeordnete, die der merkelschen Flüchtlingspolitik folgen. Ausgerechnet die Fraktion der AfD im Landtag von SH befürwortete mehrheitlich (3 von 5) den Antrag der Jamaika-Koalition, 500 „Flüchtlinge“ aus Afrika aufzunehmen. Nur der Fraktionsvorsitzende Jörg Nobis und die Landesvorsitzende Doris v. Sayn-Wittgenstein sprachen dagegen. Resultierend daraus wurde für die Abstimmung Enthaltung beschlossen. Für Nicht-Schleswig-Holsteiner: Ministerpräsident Günther (CDU) macht eine Politik, für die mitunter sogar Stegner (SPD) Beifall klatscht.

Arthas
6 Jahre her

In der schleswig-holsteiner AfD sind eindeutig noch zu viele Altlasten aus CDU und FDP vorhanden. Das erklärt auch (zum Teil) die vergleichsweise doch eher bescheidenen Wahlergebnisse der Partei dort.

Aber es gibt ja durchaus welche die meinen, daß ein derartiger „realpolitischer“ Kurs der Schlüssel zur Mehrheit wäre.

F.Peter
6 Jahre her
Emma Mathieu
6 Jahre her

Sehr geehrte Frau Trebesius, vielen Dank für diesen Artikel. In einem der Kommentare wird auf folgende Meldung in der Schweizer Morgenpost verwiesen: http://smopo.ch/eu-will-bis-zu-300-millionen-afrikanische-fluechtlinge-holen/ „EU will bis zu 300 Millionen afrikanische Flüchtlinge holen“. Am 2. Mai 2018 trafen sich 27 Politiker aus europäischen Ländern und 28 afrikanischen Staaten in Marokko und unterzeichneten die politische Erklärung von Marrakesch. Eine Erklärung über die Schaffung neuer Strategien für den Umgang mit der Einwanderung nach Europa. Laut dieser neuen Politik soll die afrikanische Bevölkerung in Europa von derzeit 9 Millionen im Jahr 2018 auf 200 bis 300 Millionen im Jahr 2068 erhöht werden. Der ungarische… Mehr

Sonny
6 Jahre her

Ich bin leider vollkommen pessimistisch geworden, diesen Moloch noch ändern zu können. Wenn überhaupt, kann das wieder nur von außen kommen.

Peter P.
6 Jahre her

Jetzt glaubt auch noch die Bundesbank an den Euro.
https://youtu.be/8pGhPtD1dI4

Tilo
6 Jahre her

Ja! Aber warum immer nur in die Ferne schweifen? Bitte einmal Hand aufs Herz und ganz ehrlich: Was der junge, wirklich sehr vielversprechende Herr Kurz ankündigt und bewirken möchte, ist in weitesten Teilen deckungsgleich mit dem, was die jüngste und einzige alternative Partei hier bei uns möchte. Das ist die Partei, über die man aber auch hier bei TE von Anfang an bis heute nur abfällig schweigt oder aller paar Monate in einem Nebensatz eine negative Bemerkung fallen lässt, ohne sich jemals damit auseinanderzusetzen. Genau wie in den großen, regierungsnahen Medien. Einem (ansonsten guten) politischen Magazin, das jedoch einen Teil… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
6 Jahre her

Ja, frische Gesichter sind dringend von Nöten. Die glücklichen Österreicher haben ihren Kurz, 31 Jahre jung von anscheinend blitzgescheit. Die EU hat Junker, einen abgehalfterten Alkoholiker und Deutschland hat hat Merkel, deren Sturheit und Starrsinn sich schon so tief in ihre Physiognomie eingegraben hat, das man glauben könnte es handelt sich um einen fleischgewordenen Nussknacker, der sich in die Politik verirrt hat. Mein Vorschlag:

1. Begrenzung aller Ämter auf maximal 2 Legislaturperioden
2. Streichung aller Listenmandate
3. Abschaffung des Staatsfunks
4. Kinderlose können keine Minister oder Kanzler werden

Arminius
6 Jahre her

5. muss mind. 10 Jahre gearbeitet und von seiner Arbeit gelebt haben.
6. Orchideenstudenten sind abzulehnen

Der nachdenkliche Paul
6 Jahre her

Ich gebe dem Gastautor in seiner Analyse vollkommen Recht. Allerdings ergänze ich seine Aussage zum Euro „nach einer gemeinsamen Lösung zur Abwicklung des Euro suchen“ um folgenden Hinweis.

Das Suchen ist mir einfach zu wenig, die Lösung muss dann auch umgesetzt werden!