Feiertage, Kirchensteuer und Zivilehe

Nicht noch mehr Privilegierung von Religionsorganisationen braucht die freie Gesellschaft, sondern die Vollendung der unvollkommen gebliebenen Säkularisierung.

© Peter Macdiarmid/Getty Images

Mit der Zivilehe und anderen Aufgaben des Standesamtes nahm der Staat den Kirchen quasistaatliche Funktionen weg. Doch die Säkularisierung insgesamt wartet bis heute auf ihren Abschluss. Hitler kaufte den Klerus mit dem staatlichen Einzug der Kirchensteuer, wie er Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten mit dem Staatsfeiertag 1. Mai korrumpierte und mit anderen Privilegien andere Interessengruppen.

Heiliges Sakrament, Zivilehe, Wilde Ehe, Lebenspartnerschaft, Steuervorteile und Privilegien
Die Zivil-Ehe, ein Auslaufmodell
Die Formen des Zusammenlebens werden auch im Jahre 2050 den Formen des Arbeitens folgen und daher vielfältig, flexibel und ständig im Fluss sein. Das wird neue Freiräume schaffen, vielfältige Entwürfe ermöglichen und damit viele unterschiedliche Wahlmöglichkeiten von Partnerschaften. Die lebenslange Einehe wird dabei sein – als moralisches Luxusmodell. Die Zivilehe als privilegierter Zugang zu den Segnungen des Wohlfahrtsstaats wird obsolet, weil die Megacity von 2050 als selbständige politische Einheit das komplett neu organisiert, was wir heute Sozialstaat nennen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Bei der Katholischen Kirche hakt es
Trennung von Kirche und Staat
Ich sehe nur wenige ursprünglich religiöse Feiertage, die so sehr zum kulturellen Erbe gehören, dass staatliche Feiertage gerechtfertigt sind: Weihnachten und Ostern. Wer andere religiöse Feiertage begehen will, soll das bitte tun, aber nicht mit staatlicher Lizenz und auf Steuerzahlers wie Unternehmers Kosten. Wer zusammenleben will, soll das bitte tun, aber nicht staatlich lizensiert. Und wenn sich die Zivilehe so ins Steuersystem gefressen hat, dass dieses ohne sie auseinanderbricht, dann ersetze man die Zivilehe durch ein öffentliches Register, in das sich ein- und austrägt, wer und wann es will.

Wer feierlich heiraten will, bediene sich der Religionsgemeinschaften oder bei Eventagenturen, die das beide gegen Bezahlung gerne anbieten werden. Den Kirchen entziehe man die Dienstleistung des Einzugs der Kirchensteuer. Kassieren sollen die Religionen bitte selbst. Tun sie außerhalb Deutschlands wohl überall. Privilegien von Religionsgemeinschaften bitte streichen – alle. Bitte nicht mit den Kirchen als soziale und gesundheitliche Einrichtungen argumentieren: zahlt alles der Staat. Und die Kirchen sind reich, sehr reich. Bitte die oft trickreich versteckten Übrigbleibsel des Kirchenbesitzes aus vorsäkularer Zeit beseitigen. Auf 18 Milliarden Euro beziffern Kritiker die Summe aller direkten und indirekten Staatskosten für die zwei Kirchen: einsparen.

Die Wiederkehr der Macht des Klerus
Die Wahl des Bundestagspräsidenten – Dokument der Abkehr vom Laizismus
Die Weimarer Reichsverfassung hat 1919 vieles aus der Paulskirchenverfassung von 1849 übernommen. Aber der Macht des Klerus und dem Anti-Laizismus hat sie wieder Platz gegeben und das Grundgesetz hat das nicht korrigiert. Wer heute nicht versteht, warum vor allem die Katholische Kirche die Ansprüche der islamischen Funktionäre unterstützt, findet hier die Antwort. Den höheren Dienstgraden der Kleriker ging es schon immer um die Macht, nicht um Religion oder Glauben. Tomas Spahn gab das eben anschaulich zu Protokoll:

„Hatten sich die Verfassungsgeber der ersten deutschen Demokratie 1871 ebenso wie zuvor beim Norddeutschen Bund noch strikt an die laizistische Trennung von Staat und Religion, folglich von staatlicher und kirchlicher Institution gehalten, so zog mit der Weimarer Verfassung der Klerus wieder ein in die Politik der deutschen Republik.”

2019 – 170 Jahre nach der Paulskirchenverfassung von 1849 und 100 nach der Weimarer Reichsverfassung von 1919 –  ist ein schönes Zieldatum für die Verwirklichung der Trennung von Kirche und Staat. Welche Politiker in der Bundesrepublik schreiben das auf ihre Agenda?

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Kommentare ( 41 )

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Walter Knoch
7 Jahre her

Zu Hunde des Herrn: Sie bestätigen exakt meine Ausführung. Domini c a n e r — daraus Canes domini …. deutsch: Hund des Herrn. So etwas nennt man in deutscher Das Schmähwort bezieht sich nicht, wie Sie meinen auf die Hexenverfolgung, sondern auf die Tätigkeit der Dominikaner als Inquisitoren in den Gerichtsverfahren der Inquisition. Zur Bulle zitiere ich aus der katholenfreundlichen Wikipedia: “ … Damit bestätigte er als e i n z i g e r Papst überhaupt – in einem Dokument, das innerkirchlich n u r s e h r g e r i n g e Bedeutung hatte[1]… Mehr

Jahrgang 68
7 Jahre her

Ich bin Protestant. Und daher, Gott sei’s gedankt, Freidenker und kein Dogmatiker. Mit Affinität zur nachkonziliaren römisch-katholischen Liturgie. Sie ist der ursprünglichen lutherischen verwandt. Im Volksgesang, doch vor allem in ihrem Sakramentsverständnis.

Vielen heutigen Christen (evanglischen wie katholischen) ist das gar nicht mehr bewusst. Eine römisch-katholische Feier der Eucharistie berührt Leib und Seele zutiefst. Wie eine lutherische (deutsche) Messe auch (ja, die gibt es). Auch sie berührt Leib und Seele zugleich.

Jahrgang 68
7 Jahre her

Oh weh, Sie verstehen mich gerade gründlich falsch.

In Ihrer Glaubensauffassung und dem Ziel, die (mit dem Grundgesetz unvereinbare) Scharia zu bekämpfen, stimme ich mit Ihnen überein. Gerade in der Scharia sehe ich eine Quelle erheblicher seelischer Gewalt. Weil seelische Gewalt aber nur schwer juristisch zu fassen ist, muss sich unser freiheitlich-säkularer Rechtsstaat auf die Bekämpfung der Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt beschränken.

Staatlich garantierte Gewaltfreiheit schafft die Voraussetzung für Gewissensfreiheit und eine friedliche, verbale Auseinandersetzung. Dies ist übrigens die einzige Rechtfertigung für ein staatliches Gewaltmonopol.

Deshalb plädiere ich für eine streng laizistische, freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Jahrgang 68
7 Jahre her

Neusprech pervertiert und sinnentleert viele Begriffe. „Neoliberalismus“ (eigentlich eine gute Sache) gehört dazu ebenso wie „Antifaschismus“ (einst auch eine gute Sache, doch mittlerweile von Linksfaschisten übernommen und besetzt).

Denis
7 Jahre her

Falsch! Ohne Glauben, ohne Bekenntnis zu Christus, kein Heil der Seele.

Denis
7 Jahre her

Römisch-katholisch ein Widerspruch?

Jahrgang 68
7 Jahre her
Antworten an  Denis

römisch = zentralistisch
katholisch = allumfassend, weltumspannend

Es ist der römisch-katholische Theologe Hans Küng, der mich in seinem Buch „Ist die Kirche noch zu retten?“ auf diesen Widerspruch hingewiesen hat.

Denis
7 Jahre her

Die Geburt Jesu geschah in Bethlehem( Judäa), am 25. Kislew, am Tag des Lichterfestes der Juden. Deshalb feiern wir am 25. Dezember Weihnachten. Mit der Wintersonnenwende hat dies gar nichts zu tun.

Fritz Goergen
7 Jahre her
Antworten an  Denis

Natürlich fügte sich das eine zum anderen und daran ist auch gar nichts auszusetzen.

Denis
7 Jahre her

Gott ist die Liebe. Jeder, der im Namen Gottes, tötet, lästert Gott, und beleidigt ihn schwer.

gintonicgalore
7 Jahre her

Ob die Bibel nun von Gott kommt, kann ich den ganzen Tag nicht beurteilen und wäre da auch vorsichtig, das einfach so in den Raum zu stellen, bzw. zu glauben. Ich habe eher den EIndruck, dass sich in der Bibel Erzählungen/ Erkenntnisse darüber finden, wie nach damaligem Kenntnisstand die Welt funktioniert und das Zusammenleben der Menschen. Ich sehe die Bibel als Sammlung von Ratschlägen an und prüfe, ob diese nützlich sind oder mir gar nichts sagen. Nur wenn man sich intensiv mit der Bibel beschäftigt und sich seine eigenen Gedanken dazu macht, kann man von den gesammelten Erkenntnissen darin profitieren.… Mehr

Walter Knoch
7 Jahre her

Der Islam betrachtet sich als die ursprüngliche Religion. Für ihn, den Islam, war schon Abraham ein Muslim. Zu den beiden Personen, Jesus und Mohammed, gibt es eine Sequenz des großen Philosophen und Mathematikers: Mohammed ließ morden, Jesus ließ sich morden. Mohammed hat in seinem Leben all das auf sich geladen, was „Gott“ und Mensch verboten haben. Der Koran, zusammen mit den Ahadith gelesen, und die Prophetenbiografien von Ibn Ishaq, Ibn Hisham und Al Tabari machen das überdeutlich. Christen haben Leid über diese Welt gebracht, unendliches Leid, Not und Tod. Aber kein Christ kann sich bei seinen Gewalttaten auf seinen Religionsstifter… Mehr