Eines muss man konstatieren: Die angeblich „einordnende“ Journalistenrunde, die jede Maischberger-Sendung eröffnet, können sich die Redakteure spätestens nach der gestrigen Sendung getrost sparen. Es ist nurmehr ein völlig belangloses Vorgeplänkel. Zumal, wenn intellektuelle Größen wie Markus Feldenkirchen von der „Relotius-Revue“ (aka „Der Spiegel“) oder die Börsen-„Expertin“ Anja Kohl auf der Gästeliste stehen.
Wie diese Runde etwa den desaströsen Zustand der Deutschen Bahn kleinredet, ist schon bemerkenswert. Es wird geschmunzelt, gelacht, weggewischt. Der Gipfel der Gleichgültigkeit. Mit keiner Silbe wird erwähnt, dass sich der Bahnvorstand seit Jahren regelmäßig satte Millionen-Boni für absolutes Nichtstun genehmigt. Selbstbereicherung, Tasche-voll-Mentalität, unternehmerische Ahnungslosigkeit und Stümperei bestimmen die Bahn – aber niemand nennt es beim Namen. Die Deutsche Bahn hat eines der besten und größten Streckennetze der Welt und die beste Technik eingekauft. Und trotzdem funktioniert so gut wie nichts. Und bei Maischberger: ein paar belanglose Anekdoten dazu, mehr nicht. Nächstes Thema bitte.
Und er teilt aus. Die Grünen kriegen ihr Fett weg („Die haben dieses Land gespalten“) und natürlich auch das BSW. Sahra Wagenknecht sei „eine Blackbox oder eine Wundertüte“, sagt Kretschmer. „Es ist ein ganz großes Phänomen. So viele Menschen mit unterschiedlichen Interessen projizieren ihre Erwartungen darauf. Das kann nicht funktionieren.“
Seine Kritik an Habeck & Co. ist hart, so hart, dass Maischberger sich geradezu als Verfechterin grundgrüner Ideologie geriert. Immer wieder fällt sie ihm ins Wort, wie es ein Grünen-Pressesprecher kaum besser machen könnte. Sie wirft sich so richtig in die Bresche („Das ist doch ein Erfolg von Ihnen mit den Grünen!“), doch Kretschmer bleibt unbeirrt. So unbeirrt, wie er weiland die Menschen zur Corona-Impfung nötigte. Knallhart. Maischberger hat das Nachsehen.
Ein Satz des sächsischen Ministerpräsidenten hat einen ganz besonderen Nachhall. „Das Wichtige an der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten war doch, dass politische Parteien keine Feinde sind“, sagt er. Aber nein, er meint nicht den Umgang mit der AfD, denn er ergänzt „… und dass man über Legislaturperioden hinweg auch die Entscheidungen der Vorgängerregierung respektiert“.
Dass aber auch ein Kretschmer im Herzen offenbar kein reiner Pazifist ist, zeigt eine andere, überraschend entlarvende Aussage. Zu den anstehenden US-Wahlen sagt er: „Stellen Sie sich mal vor, dieser Trump wird gewählt – man will es sich gar nicht vorstellen –, und der sorgt dann dafür, dass dieser Krieg beendet wird. Wie stehen wir da? Was machen wir mit diesem Chaos dann? Wir müssen das gestalten. Das findet in Europa statt. Wir können das doch nicht anderen überlassen.“ Man muss tatsächlich noch einmal zurückspulen, aber er hat es tatsächlich genau so gesagt. Kaltherzig. Und Maischberger? Sie geht auf die ungeheuerliche Aussage nicht weiter ein.
Die AfD bezeichnet Kretschmer als „eine wirklich gefährliche Truppe. Denen darf man keine Verantwortung geben.“ Börsenfachfrau Kohl pflichtet ihm brav bei: „Man ist gesichert rechtsextremistisch. Das hat der Verfassungsschutz befunden. Der hat da genau hingeschaut.“
Kohl malt ein Hororszenario an die Wand. Und warnt allen Ernstes, dass Unternehmer und Chiphersteller nicht mehr investieren würden, wenn es in irgendeinem Bundesland eine AfD-Regierung gäbe. „Wenn man eine Regierung hat, wo AfD draufsteht, wird man sich’s doppelt und dreifach überlegen, ob man dann noch in ostdeutsche Länder geht, respektive Sachsen. Da brechen wirklich Zeiten an garantiert, wo es deutlich schwieriger wird, auch wirtschaftlich.“ Sie muss es ja wohl wissen. Auch wenn sie es nicht unterfüttert oder irgendwie belegt.
Das TV-Duell zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem Herausforderer Donald Trump ist das letzte Thema der Sendung. Anja Kohl bezweifelt tatsächlich noch immer, dass Biden irgendwelche mentalen Probleme haben und Trump irgendwie als Sieger aus dem Schlagabtausch herausgekommen sein könnte. Die Umfragen sprechen zwar dagegen, doch sie sagt: „Wir lassen uns irreführen von TV-Duellen. Die Wahl wird ganz, ganz eng.“
Die in New York lebende Unternehmerin Nadja Atwal beschreibt den Zustand Bidens trockener: „Nun hat’s die ganze Welt gesehen.“ Atwal, die auch als KI-Expertin und Moderatorin tätig ist, gibt noch einen weiteren Satz zum Besten, der den Zustand der amerikanischen Gesellschaft beschreibt: „Das Schlimmste, was man Wählern antun kann, ist zu suggerieren, dass ihre erlebte Realität nicht wahrhaftig ist. Das Problem ist einfach, dass die Menschen die Auswirkungen fühlen.“
Passt auch perfekt auf das Publikum einer Maischberger-Sendung.