Von „schmerzlichen Verlusten“ spricht das „EHI Retail Institute“, die dem Handel durch die zunehmenden Fälle von Ladendiebstahl entstehen. Das Institut forscht im Auftrag des Handels und stellt jährlich Zahlen zu dem Bereich vor. Dabei zeige sich in diesem Jahr: Alle Formen des Ladendiebstahls nähmen zu. Der des organisierten und gewerbsmäßigen Ladendiebstahls sogar um 15 Prozent im Vergleich zu 2022.
Im Jahr 2022 habe man bei den Steigerungen noch von Nachholeffekten reden können, sagt Frank Horst, der für das EHI die Studie erstellt hat. Durch die Schließungen der Corona-Jahre seien auch automatisch die Fallzahlen gesunken – und 2022 entsprechend wieder gestiegen. „Nun ist aber ein Wendepunkt erreicht, an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert“, sagt Horst.
Das EHI ermittelt die „Inventurdifferenzen“. Das heißt: Durch einen Abgleich von vorhandenen Waren und Umsatz ermittelt das Institut die Summe, die den Unternehmen fehlt. Im vergangenen Jahr waren das 4,8 Milliarden Euro. 5 Prozent mehr als 2022. Von den 4,8 gingen 4,1 Milliarden Euro auf Diebstahl zurück, hat das Institut errechnet. Die Lücke von 700 Millionen Euro ensteht durch falsch erfasste Ware oder falsch ausgezeichnete Preise.
4,1 Milliarden Euro Schaden durch Diebstahl. 2,82 Milliarden Euro gehen laut EHI auf die Kundschaft zurück, 910 Millionen Euro auf das Personal und 370 Millionen Euro auf Lieferanten. Will man die abstrakten Summen in einem Bild erklären, dann bleibt jeder 200. Wagen, der eine Kasse passiert, unbezahlt. Wobei die Baumärkte von diesem Anstieg verschont bleiben. Es sind die Supermärkte und Drogerien, in denen die Zahl der Diebstähle zunimmt.
Das EHI errechnet die Differenz aus Einnahmen und vorhandener Ware. Die Polizeistatistik bestätigt den Trend. Demnach gab es in Deutschland im vergangenen Jahr rund 430.000 Fälle. Ein Anstieg um 23,6 Prozent innerhalb eines Jahres. Wobei der schwere Ladendiebstahl mit 27.500 angezeigten Fällen einen Höchststand erreicht hat, wie EHI-Experte Horst erklärt. Allerdings sei die Dunkelziffer hoch, da „längst nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt“ wird.
Gegenüber dem Deutschlandfunk gab EHI als mögliche Ursachen für den dramatischen Anstieg die allgemeine wirtschaftliche Situation an. Zum einen seien immer mehr Menschen in wirtschaftlicher Not, was sie zum Diebstahl verleite. Zum anderen stünden die Unternehmen unter Druck, sodass sie die Personaldecke ausdünnten, was wiederum Diebstähle erleichtere. Die Zuwanderung junger Männer nannte EHI als mögliche Ursache nicht.