Mark Benecke ist ein deutscher Prominenter. Das bedeutet in der Regel: Wer über ihn schreibt, muss erstmal erklären, wer er überhaupt ist. Benecke ist ein Kriminalbiologe und hat als solcher auch gearbeitet. Darüber hinaus drängt der 53-Jährige sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit in die Medien. Etwa als Komparse in Filmen oder als Talkpartner von Michaela Schaffrath. Einer ehemaligen Pornodarstellerin.
Beneckes Markenkern ist die Kriminalbiologie. Als Experte tritt er in vielen Formaten auf. Auch im erfolgreichsten: den Medical Detectives. Doch der Real-Crime-Markt (Echte Verbrechen) boomt und charismatischere Experten drängen in die einstige Nische nach. Zeit für Benecke, sich ein weiteres Standbein zu verschaffen. Etwa als Klima-Experte. Für die gibt es im deutschen Medienmarkt immer einen Bedarf.
Doch auch dieser Markt ist umkämpft. Charismatischere – und kompetentere – Experten verdienen dort ihr täglich Lachsbrötchen. Wenn Benecke da mithalten will, muss er etwas bieten. Also haute er zu Beginn des Jahres auf einer Veranstaltung einen Spruch raus: „Ich kann Ihnen aus den Erfahrungen der letzten Jahre mit fast völliger Sicherheit […] sagen, dass wir den Höllensommer des Jahrhunderts und Jahrtausends kriegen werden.“ Wumms. Das hat gesessen. Mit einem Höllensommer kriegt man immer Schlagzeilen.
So auch Mark Benecke. Kaum ein Klimakatastrophen-Medium, dass sich im März das Bonmot entgehen ließ. Zumal der Zitierte ja „die Wissenschaft“ vertritt. Wobei ihn die Klimakatastrophen-Medien meist als „Biologen“ vorstellten. Dass sich Benecke schwerpunktmäßig mehr mit Maden als mit Meeresströmen auseinandersetzt, hätte die Schlagzeile ein wenig abgeschwächt – und die haute doch so schön rein.
Knapp vier Monate später lässt sich sagen: Der Sommer ist tatsächlich die Hölle. Also für alle, die in Seen baden wollen oder in Gärten grillen oder sich gemeinsam die Fußballspiele der Europameisterschaft ansehen wollen. Regen und Temperaturen um die 20 Grad Celsius. Aber das hat Benecke in seiner Prophezeiung nicht gemeint. Da sprach er von Temperaturen um die 40 Grad, bei denen niemand mehr das Haus verlassen könne. Ob das für Maden zutrifft, sei mal dahingestellt. Damit kennt sich Benecke besser aus. Aber es wurden durchaus schon Menschen gesichtet, die bei 40 Grad das Haus verlassen – und es überlebt haben.
Gegendarstellungen? Texte der Klimakatastrophen-Medien, die darauf hinweisen, dass sie eine Prognose veröffentlicht haben, die sich nun als Quatsch erweist? Fehlanzeige. Die Verbreiter von Beneckes Apokalypsen-Warnungen gehen auf Tauchstation und hoffen, dass sich kein Leser mehr an das erinnert, was sie da im März so bereitwillig veröffentlicht haben. Genau so geht Alarmismus: Einfach mal Panik schüren und so tun, als ob nichts war, wenn sich das dann als Irrtum erweist.
Dieser Alarmismus macht immer mehr die Runde. In den Medien, weil die sich durch Schlagzeilen wie „Höllensommer des Jahrtausends“ Klicks im Internet versprechen. In der Politik, weil sich mit Panikmache der unwillige Bürger leichter auf Kurs halten lässt. Wie das funktioniert, hat niemand so brillant vorgemacht, wie Karl Lauterbach (SPD) während der Pandemie.
Noch an Ostern 2022 hat der Gesundheitsminister seine verängstigten Schäfchen mit der Warnung vor der „absoluten Killervariante“ im Zaun gehalten. Die drohe für Weihnachten 2022. Da blieb die absolute Killervariante aber aus. Stattdessen war Corona vorbei. Fast überall auf der Welt. Außer in Deutschland, wo Lauterbach von seinen Karrierebeschleunigern Panik und Panikmache nicht lassen wollte.
Nun ist für gesunde Menschen solch eine Panikmache wie von Benecke oder Lauterbach ärgerlich. An guten Tagen auch belustigend. Doch für kranke Menschen ist dieser Alarmismus hochgefährlich. Schon zu Beginn der Pandemie warnte der Rechtsmediziner Claas T. Buschmann, dass zu Panikattacken neigende Menschen unter solchem Alarmismus litten. Dass dieser sogar die Zahl der Suizide nach oben treibe.
Buschmann ist auch auf dem True-Crime-Markt aktiv. Allerdings ist er charismatisch und kann sich daher Ausflüge in fachfremde Bereiche ersparen. Benecke indes weitet sein Portfolio aus. Er versucht sich als Schlagersänger, tritt als Darsteller in Musikvideos auf oder sagt den „Höllensommer des Jahrtausends“ voraus. Gibt immer ein Klimakatastrophen-Medium, das für solch eine Schlagzeile dankbar ist.