Tichys Einblick
Gesetzesvorlage im Bundestag

Karl Lauterbachs Reform ist da – das Krankenhaussterben geht weiter

Karl Lauterbach hat das Gesetz zur Reform der Krankenhäuser in den Bundestag eingebracht. Die Debatte dazu ist gruselig. In einer Kunstsprache und abgehoben - während aktuell ein Krankenhaus nach dem anderen stirbt.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Als Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Pläne zu einer Krankenhausreform erstmals öffentlich vorstellte, sprach er noch von einer „Revolution“. Da war er noch ganz in seiner Corona-Rolle des Visionärs, der kühne Ideen verkündet, die er durch „Studien“ stützte, die außer ihm keiner kannte. Davon ist nicht viel übriggeblieben. Die Realität hat den Minister eingeholt. Die Realität ist schließlich kein Haltungsjournalist, der sich durch „Studien“ blenden, durch Anzeigen kaufen und durch den „Kampf gegen Rechts“ auf Linie bringen lässt.

Die Realität heißt Krankenhaussterben. Während die Abgeordneten im Bundestag mit sich selbst beschäftigt sind, die CDU eigentlich alles gut findet, aber gerne schneller mehr davon hätte und die Ampel mit Angela Merkel dagegenhält – während all dessen geht außerhalb des Berliner Regierungsviertels das Krankenhaussterben weiter: 70 Prozent der Kliniken erwarten für 2024 ein negatives Ergebnis, sagt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Seit Mitte des vergangenen Jahres habe die Zahl der Insolvenzen rapide zugenommen. Wobei schon niemand mehr Buch führe über einzelne Abteilungen oder Versorgungsbereiche, die Krankenhäuser schlossen, weil sie diese nicht mehr finanzieren können.

Zwei Gründe macht die Krankenhausgesellschaft für die Pleitewelle aus. Beide haben mittelbar oder unmittelbar mit Karl Lauterbach zu tun: Zum einen die gesunkenen Fallzahlen. Nachdem sich die Krankenhäuser zu Trutzburgen der Pandemie-Politik verwandelt haben, die Maskenfetich und Ausgrenzung Ungeimpfter besonders leidenschaftlich betrieben haben, meiden Patienten Krankenhäuser für Behandlungen, die sie selbst als verzichtbar sehen.

Das andere sind die gestiegenen Preise durch die hohe Inflation während der Ampel-Jahre. Um diese zu bezahlen, müssten auch die Kliniken ihre Preise entsprechend erhöhen. Das hat ihnen Lauterbach aber verwehrt. Krankenhäuser sollen mit fast dem gleichen Geld höhere Preise bezahlen, sagen der Minister und seine Freunde in den Medien. Das geht nicht, sagt die Realität. Und umso lauter Lauterbach und Fans blöken, desto härter trifft sie später ihre Niederlage gegen die Realität.

Für Ende des nächsten Jahres rechnet die Krankenhausgesellschaft damit, dass vier von fünf Häusern negative Ergebnisse vorlegen werden. Die meisten hätten ihre Rücklagen aufgebraucht. Die Krankenhausgesellschaft sagt: „Auf die Menschen in Deutschland werden also noch einige Jahre der Versorgungseinschränkungen zukommen, sofern die Gesundheitspolitik dem kalten Strukturwandel der unkontrollierten wirtschaftlich bedingten Krankenhausschließungen weiter zuschaut.“ Auf Deutsch heißt das: Das Kliniksterben geht weiter.

Die Reform werde dieses Sterben frühestens in drei Jahren stoppen. Solange bräuchten die Regelungen um erste Wirkungen zu zeigen, sagen selbst die größten Anhänger des Gesetzes. Bevor Lauterbach beweisen kann, dass seine Ideen überhaupt irgendeinen Effekt haben, verursacht er erst einmal Kosten in Milliardenhöhe. Die müssen die Krankenkassen tragen. Also die Arbeitnehmer und ihre Betriebe, die die Kassen finanzieren. Das puscht die Beiträge weiter nach oben. Um ganze drei Prozentpunkte in den nächsten Jahren, wie die DAK-Gesundheit jüngst vorgerechnet hat.

Bisher wurden die Krankenhäuser nach Fallpauschalen bezahlt. Kam ein Patient mit einer bestimmten Krankheit, erhielt das Haus die dafür festgesetzte Summe. Das Systems sei untauglich gewesen, sagt Karl „Revolution“ Lauterbach. Der Berater hinter diesem System war im Übrigen er selber. Aber Schwamm drüber. Reden Lauterbachs Journalistenfreunde heute nicht mehr drüber. Das alte System habe Krankenhäuser dazu motiviert, möglichst viele rentable Krankheiten zu behandeln und so unnötige Operationen gefördert.

Im neuen System erhalten die Krankenhäuser 60 Prozent ihres Geldes dafür, dass sie Angebote grundsätzlich bereithalten. 40 Prozent der Einnahmen werden über das alte System der Fallpauschalen verteilt. Das Gesetz ist also selbst bei bestem Willen nur eine Teilzeit-Revolution. Fehlanreize würden vermieden und die Behandlung, sagt Lauterbach. Heute. Das Szenario, dass Krankenhäuser konkrete Behandlungen vermeiden, weil sie eh schon für das grundsätzliche Bereithalten dieser Behandlungen bezahlt werden, kommt in Lauterbachs Gedankenspielen nicht vor. Falls er sich wieder massiv irrt – so wie einst bei den Fallpauschalen – gilt wieder: Schwamm drüber, seine Journalistenfreunde reden eh nicht lange über die Patzer ihres Ministers.

Ohnehin könnte Lauterbachs Reform zu der ersten Reform werden, die sich selbst überflüssig macht. Bis die Regelungen greifen, könnten schon so viele Krankenhäuser gestorben sein, dass der Minister die gewünschte Summe eingespart hat. Lauterbach wäre fein raus. Nur für die Arbeitnehmer würde es bedeuten: Sie zahlen künftig nicht nur deutlich mehr in die Krankenkasse ein – ihre Versorgung wird auch noch viel schlechter.

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