Tichys Einblick
Regierungserklärung

Olaf Scholz übt vernichtende Kritik an der SPD

Die deutsche Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte war schlecht, sagt der Kanzler im Bundestag. Was Olaf Scholz vergisst: 22 der letzten 26 Jahre war die SPD in der Regierung, in der Hälfte der Zeit stellte sie die Wirtschaftsminister.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Mittwochmorgen in der TE-Redaktionskonferenz. Olaf Scholz ist Thema. Er hält am Mittag eine Regierungserklärung. Es fällt eine Entscheidung: Einen Text dazu gibt es nur, falls der Kanzler wirklich was sagt. Dass der Mann stundenlang reden kann, ohne sich einmal festzulegen, ist allseits bekannt. Noch einen Text, der das dokumentiert, braucht die Welt nun wirklich nicht.

Dann spricht Olaf Scholz und es ist die erwartet belanglose Rede. Gut. Der Kanzler sagt, es gäbe viele Krisen und wegen der Krisen hätten die Leute bei der EU-Wahl nicht die ihm nahestehenden Parteien gewählt. Wegen der Krisen. Nicht etwa wegen seiner fatalen Politik. Umso kleiner bei Olaf Scholz die Erfolgsbilanz ausfällt, desto größer bläht sich sein Ego auf. Auch nichts Neues im Westen.

Doch dann haut Olaf Scholz einen Spruch raus, der es eben doch wert ist, für die Nachwelt verewigt zu werden. Nicht, weil Scholz etwas Zukunftsweisendes sagt. Das nicht. Das nie. Sondern weil der Kanzler selbst einräumt, wie fatal das Wirken seiner Partei und auch sein eigenes Wirken in den vergangenen Jahren war. Er sagt:
„Nach Jahrzehnten, in denen für die Fitness der deutsche Wirtschaft nicht das Notwendige getan worden ist, sorgt die jetzige Regierung dafür, dass die notwendigen Entscheidungen getroffen werden.“

Jahrzehnte ist also in der Deutschen Wirtschaftspolitik das Falsche getan worden? Oder gar nichts? Wer war denn für diese Politik verantwortlich? In 22 von 26 Jahren war die SPD an der Bundesregierung beteiligt. In zehn von 26 Jahren stellte sie den Kanzler, in knapp der Hälfte der Zeit sogar den Wirtschaftsminister:

Von 1998 bis 2002 war es Werner Müller. Kanzler Gerd Schröder hatte den parteilosen Manager einst als Gegengewicht zu Oskar Lafontaine etabliert. Auf Müller folgte von 2002 bis 2005 Wolfgang Clement. Von 2013 bis 2017 hieß der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Der war sogar Parteichef der SPD. Als Gabriel den Weg für Martin Schulz im Parteivorsitz freimachte, folgte ihm im Ministerium noch für ein gutes Jahr Brigitte Zypries.

Clement, Gabriel oder Zypries. Eine Flotte sozialdemokratischer Wirtschaftsminister. Oder wie es Scholz sagt: Verantwortliche, die für die deutsche Wirtschaft „nicht das Notwendige getan haben“. Doch auch Scholz‘ Anteil an diesem Versagen soll nicht unter den Teppich gekehrt werden: Von 2007 bis 2009 war der heutige Kanzler Arbeitsminister der Regierung, die nichts Gutes für die Wirtschaft getan hat. Von 2018 bis 2021 war Scholz Vizekanzler und Finanzminister dieser Versagertruppe. Alles vergessen. Es mag vieles geben, was Scholz nicht kann. Aber im Vergessen ist er unschlagbar. Und dann doch einen Artikel wert.

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