Tichys Einblick
Angebliche Fraktion aus AfD und "Heimat"

Wie die Massenmedien NPD-Propaganda gegen die AfD verbreiteten

Einen Dammbruch wollen zahlreiche Medien im Zusammengehen von AfD und Ex-NPD auf Kommunalebene sehen. Tatsächlich sind sie auf eine ungeprüfte Mitteilung des rechten Randes reingefallen. Was wirklich passiert ist.

picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Die Meldung erschüttert heute Morgen die Politik: in Brandenburg sollen AfD und die umbenannte NPD („Die Heimat“) auf Kommunalebene zusammenarbeiten. Sie berufen sich dabei auf eine Pressemitteilung der „Heimat“, die mit Überschwang von der Kooperation berichtet: In der Stadt Lauchhammer und im Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL) würde die erste Fraktion aus AfD und Heimat gezimmert. Das hieße ein AfD/Heimat-Bündnis wie bei CDU/CSU.

Thomas Gürtler, Stadt- und Kreisabgeordneter, bezeichnet den Vorgang als „Meilenstein“. Die AfD würde sich damit aus „plumpen Freund-Feind-Argumentationen“ lösen. Dies sei die „Erfüllung eines langgehegten Wählerwunsches“, nämlich „eine engere Zusammenarbeit von HEIMAT und AfD“. Der Schritt sei durch Tino Chrupalla ermöglicht worden, der „kürzlich betonte, dass es auf kommunaler Ebene keine Brandmauern zu anderen Parteien geben werde“.

Nun ist er da: der Dammbruch. Die AfD arbeitet offen mit der Partei zusammen, die bis 2023 NPD hieß und als rechtsextrem eingestuft wird. Korkenknallen bei Thomas Haldenwang. Die Brandmauer gefallen: nicht zwischen Union und AfD, sondern hin zum rechten Rand. Das könnte man glauben, liest man die Pressemitteilung und die Medien, die sie abgebildet haben.

Doch es handelt sich vor allem um eines: einen gewieften Medien-Coup Gürtlers. Ihm gingen nahezu sämtliche Massenmedien auf den Leim, die einen Spiegel-Artikel zur Grundlage nahmen, der sich wiederum auf die „Heimat“-Pressemitteilung berief.

Sinn des Vorhabens: Die Heimat größer zu machen, als sie ist, und ein Bündnis mit der AfD zu suggerieren, das es in dieser Form gar nicht gibt. Zwar firmieren die neuen Fraktionen in Lachhammer unter „AfDplus“ und im Kreistag unter „Heimat & Zukunft“. Tatsächlich haben sich Gürtler drei abtrünnige AfD-Abgeordnete angeschlossen. Einer davon ist Bernd Dietrich, mit dem Gürtler schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet hat.

Auch die AfD-Basis hat die Meldung aufgewühlt – gibt es doch schließlich einen Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD, der für die Heimat gilt. Auch die Blauen pflegen also ihre Brandmauer. Die Brandenburger Spezialitäten sind freilich nicht allen Mitgliedern bekannt. Der Landesvorstand Brandenburg will demnach ein Parteiausschlussverfahren gegen die drei Abtrünnigen einleiten. Neben der Gürtler-Gang existiert weiterhin eine „normale“ AfD-Fraktion.

Landesvorstand René Springer entschuldigte sich bei „allen unseren Wählern“, man werde auch juristisch gegen die Benennung „AfDplus“ vorgehen. Dass es keine scharfe Verurteilung aus dem Bundesvorstand bisher gab, ist mit den Befindlichkeiten innerhalb der Partei zu klären, die prinzipiell eine zu straffe Führung kritisch sieht. Dabei spielt die Causa längst eine bundespolitische Rolle, Leser und Wähler sind irritiert.

Springer versucht zu beruhigen, doch seine Aussage impliziert, dass die AfD selbst Probleme hat, Herr im eigenen Laden zu sein: „Die Vorgänge haben uns sehr erschreckt, ich bin persönlich bisher davon ausgegangen, dass so etwas in unserer Partei niemals möglich sein kann. Erste Gespräche haben gezeigt, dass die Mandatsträger sicher nicht aus politischer Überzeugung, sondern aus einer gewissen Überforderung mit dem errungenen Mandat reagiert haben.“

Bleibt die Frage, ob der Spiegel, der als Verteiler der „AfD-Heimat-Fraktion“ fungiert, die Pressemitteilung der Ex-NPD ungeprüft übernahm oder bewusst insinuierte, die gesamte AfD-Fraktion würde übertreten. Eine Stellungnahme bei der AfD hat offenbar keiner der Journalisten abgewartet. Ausgerechnet die taz hat von den großen Medien die Sache klargestellt, während ÖRR oder Springer das Renegatentum von Einzelkämpfern zum veritablen Dammbruch erkoren.

Gewonnen hat in der Causa nur einer: Gürtler und seine Heimat, die plötzlich in allen Schlagzeilen steht, obwohl sie seit Auftauchen der AfD immer mehr in Existenznot gerät. Dafür reicht eine verfälschende Pressemitteilung – und der Wille der Massenmedien, jede Meldung zu bringen, so sie nur einem bestimmten Lager schadet. Wenn es gegen die AfD geht, traut man auch mal jemanden, der im rechten Abseits steht.

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