Tichys Einblick
KI-Revolution von unten

Künstliche Intelligenz bei Lanz: Lesbische „Nazisoldatin“ und die neuesten Faschingsverbote

Ob KI oder TikTok, Kinder und Jugendliche entscheiden die Zukunft. Bei Markus Lanz wird demonstriert, was künstliche Intelligenz erschaffen kann und wie sie das Schulsystem revolutioniert. Zum Fluch oder Segen?

Nachdem in der vorhergien Folge SPD-Chefin Saskia Esken zu Gast war, lädt Markus Lanz diesmal weniger zermürbende Gäste ein. Doch das Thema ist trotzdem brenzlig. Denn es geht mal wieder um die Jugend, die ganz Deutschland mit dem Ergebnis der EU-Wahl zur Schnappatmung gebracht hat. Besonders TikTok wird als Auslöser für den Rechtsruck der Jugend gesehen. Unter den Gästen befindet sich auch der Schüler Florian Fabricius. Der Zwölftklässler und Ex-Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz vertritt in der Runde die Jugend. Nicht lange muss er warten, bis Lanz ihn fragt, „welche Rolle TikTok im Klassenzimmer spielt“.

Tiktok – einfache Erklärung für Boomer

Fabricius verteidigt seine Generation und sagt: „TikTok ist die einfache Erklärung für Boomer, um zu erklären, warum die junge Generation anders tickt.“ Die Schulleiterin Silke Müller stimmt zu, aber wirft ein, dass die Zahlen bei 15- bis 16-Jährigen ein anderes Bild zeigen. Laut der Postbank Jugend-Digitalstudie, sind Jugendliche 64 Stunden in der Woche online. Sie selbst ist Digitalbotschafterin von Niedersachsen und nutzt Künstliche Intelligenz (KI) bereits im Schulalltag. „Die Manipulationskraft, die von TikTok ausgeht, bei der alle Netzwerke zusammenlaufen, die ist schon recht groß. Und wir versuchen kritisches Denken zu initiieren und hervorzurufen, dass genau dieser Glaube an alles, was da veröffentlicht wird und gepostet wird, nicht echt ist. Nur das gelingt uns immer weniger und ich merke einfach, dass die Stimmung sich verändert.“

Doch die Erklärung, dass TikTok an dem Ergebnis der EU-Wahl schuld sein soll und alles nur gelungene Manipulation von rechts sei, lässt Fabricius nicht zählen: „Was wir bei der Europa-Wahl gesehen haben ist: Wir als Jugendliche haben ernsthafte Sorgen! Bezahlbarer Wohnraum, Inflation, Krieg, das sind alles ernsthafte Themen!“

Das wird, so Fabricius, auch nicht besser, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz auf TikTok seine Aktentasche in die Kamera drückt und glaubt, die Jugend so für sich zu gewinnen. „Ich glaube, die Wahlergebnisse sind auch deshalb so deutlich, weil wir Jugendlichen irgendwann uns einfach ein bisschen verarscht fühlen, weil wir das durchschauen!“ Er fordert den üblichen SPD-Katalog: Mehr BAföG, bezahlbaren Wohnraum. So etwas bieten SPD und Grüne standardmäßig an. Aber entscheidend an der Analyse ist: Erstwähler sind nicht an die alten Parteien gebunden. Sie wählen links wie rechts anders; AfD statt CDU, VOLT statt Grüne. Zustimmung erhält er von Sascha Lobo. Der Blogger mit dem Irokesenhaarschnitt findet, dass TikTok lediglich die gesellschaftlichen Missstände aufzeigt, statt sie zu verursachen.

KI in der Schule

Die künstliche Intelligenz erlebt einen Boom – zur Sorge aller Lehrer. Und wieder wird gefragt, wie man die Jugend vor dem digitalen Fortschritt schützen soll. Oder ist es dafür etwa schon zu spät? Die Künstliche Intelligenz ist nämlich bereits bei den Schülern angekommen, so die Gäste von Lanz. Aber bei den Lehrern noch nicht – eine Revolution von unten also. Ob KI für Hausaufgaben oder unter dem Tisch im Unterricht, Schüler benutzen ChatGPT und andere KI-Technologien regelmäßig.

Fabricius sieht nur eine Lösung: die Anpassung des Schulsystems an die modernen Anforderungen. Es werden nun andere Fähigkeiten gefragt und die klassisch deutsche Didaktik soll weg. Das ist natürlich die selbe Forderung, die schon Fabricius‘ Eltern-, Großeltern- und Urgroßelterngeneration aufstellten. Und doch muss das Klassenzimmer mit der Zeit gehen – Schulen müssen Wege finden, diese neue Technologie zu integrieren. Silke Müller arbeitet bereits mit KI, unter anderem um Videobotschaften an Eltern, die per KI-Software auf Arabisch übersetzt werden, zu verschicken.

Piratenverbot und lesbische „Nazisoldaten“

Ebenso ist der Informatiker Hans Uszkoreit begeistert von TikTok und nennt die Plattform trotz seiner Gefahren „genial“. Er wird als Vorreiter in der Forschung zu Künstlicher Intelligenz vorgestellt und sieht viel Potential in ihr. Klugerweise warnt er aber vor einem Glaubwürdigkeitsverlust, denn die KI-Technologien werden durch „gezieltes Trainieren auf Linie gebracht“. Die KI ist so politisch neutral wie ein Parteifunktionär. Er selbst testet dies an dem Beispiel von Verkleidungen für seinen Neffen. Er fragt den KI-Genorator: „Mein Neffe möchte sich als Indianer verkleiden: Darf er das?“ „Nein“, antwortet die KI, denn das sei kulturelle Aneignung. Dasselbe gilt für den Scheich. Und als Pirat? Nein, weil „Kriminalitätsverherrlichung“.

Ein passendes Beispiel der woken KI hat auch Lobo. Er fragt die KI-Software von Google, Bilder von „Nazisoldaten“ zu erstellen. Eigentlich „eine historische Frage“, so Lobo. Was die Software darauf erstellt, zeichnet den herrschenden Zeitgeist nach. „Dieser Bildgenerator hat dann eine schwarze Nazisoldatin ausgespuckt und eine lesbische Nazisoldatin und zwei, drei arabischstämmige Nazisoldaten.“ Lobos Schlussfolgerung, dass dies offensichtlich „lächerlich“ ist, ist nachvollziehbar – dass Google ja nur „eine gewisse Balance herstellen“ wollte und „ein wenig übers Ziel hinausgeschossen“ ist, ist nicht nachvollziehbar.

Zum EM-Auftakt hat Markus Lanz für seine Gäste dann noch eine Abschlussüberraschung. Die „Redaktion hat einen eigenen EM-Song kreiert“. Gezeigt wird der prompt für die KI-Software, zur Erstellung des Songs: „ein fröhlicher deutscher Song zum Mitsingen über die Fußball Europameisterschaft 2024 der Schalalala enthält.“

„Die Fans sind laut, die Herzen weit.
Die Fahnen hoch, die Stimmen laut.
Lasst uns feiern jetzt und hier.“

Das dieser Song die deutsche Europameisterschaft feiern soll, wird den ein oder anderer Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schockieren. Ein „deutscher“ Song? Die Fans sind laut? Die Herzen weit? Die Fahnen hoch? Ein politisch korrektes Bild hat der KI-Generator wohl hier verfehlt.

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