Ziemlich still wurde das sogenannte Naturwiederherstellungsgesetz durchgewunken. Die EU-Umweltminister hätten die Trilog-Vereinbarung zu dem Gesetz bestätigt, teilte die belgische Ratspräsidentschaft am Montag in Luxemburg nüchtern mit. Das war der letzte Schritt, bevor das Gesetz in Kraft treten kann. Den großen Knall löste lediglich die grüne österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler mit ihrer verfassungs-widrigen Abstimmung aus. Fritz Goergen hat dies bereits beschrieben.
Zuvor noch hatte der CSU-Europaabgeordnete und Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, in einem Interview mit dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt gesagt, dass die derzeitige belgische Ratspräsidentschaft das NSL bis Jahresmitte nicht mehr zur Abstimmung auf die Tagesordnung setzen würde. Die hat das dann doch klammheimlich getan. Im vergangenen November hatte das alte EU-Parlament das Vorhaben durchgewunken, zu dem es lange keine Mehrheit auf Ebene der EU-Staaten gegeben hatte.
Der Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Florian Schöne, glaubt gar, das Gesetz sei ein „wichtiges Signal der EU-Mitgliedstaaten an die ganze Welt“. Doch die tippen sich höchstens an die Stirn: Plemplem, diese Europäer.
Denn dieses Vorhaben gilt als zentraler Teil jenes unseligen »Green Deals«, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht hatte und mit dem sie Europa ins Mittelalter zurückbomben wollte. Das enthält alles, von dem ein romantisierender Städter glaubt, so habe Natur auszusehen.
Die moderne Landwirtschaft, die uns mit Lebensmitteln versorgt, soll zerfleddert werden. Bauern, die gerade in diesem Jahr sehr gegen die Unbilden der Natur wie Überschwemmungen zu kämpfen haben, haben auch noch die Grünen zum Feind und müssen gegen Bürokratie kämpfen.
Sie sollen wertvolle Flächen, auf denen sie Lebensmittel produziert, einschränken. Bis 2030 sollen mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU »renaturiert« und aus der Landwirtschaft herausgenommen werden. Bis 2040 sollen es 60 und bis 2050 dann 90 Prozent sein. 2050 soll das grüne Glückseligkeit erreicht sein, wenn laut Gesetz alle Ökosysteme »wiederhergestellt« sein sollen. Was auch immer dieser Sums bedeuten soll. 2033 soll die EU-Kommission die Auswirkungen auf Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft überprüfen.
Das Gesetz mit dem unsinnigen Begriff »Naturwiederherstellungsgesetz« ist im Laufe der Jahre einigermaßen zerfleddert worden. So sind verpflichtende Auflagen für Landwirte gestrichen worden. Unklar ist daher bis jetzt, wie diese Pläne umgesetzt werden.
Der Plan betrifft Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete und Flüsse. Unter anderem sollen dabei Moore und Flüsse in ihren »Naturzustand« zurückversetzt werden, wird gesagt. Nicht dazu gesagt wird, in welchen »Naturzustand« dies verändert werden soll – in den vor 200, 300 oder 500 Jahren. Denn Natur verändert sich permanent.
So waren Menschen früher froh, Sümpfe und Moorgebiete trockengelegt zu haben. Die Brutstätten der Mücken wurden zerstört und führten dazu, dass die Malaria verschwand.
Viele Dörfer und Äcker müssten jetzt wieder zu Mooren und Feuchtgebieten werden, auf denen sich Menschen angesiedelt haben. Die mit vielen Mühen entwässerten Moore sind heute hervorragende landwirtschaftliche Flächen und dienen vornehmlich der Weidetierhaltung. Rund 1,1 Millionen Hektar Moorflächen werden in Deutschland bewirtschaftet; insgesamt hat 16 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen. Dafür müssten Landwirte Entschädigung und Alternativen erhalten.
Würde man es übrigens tatsächlich ernst meinen mit der Speicherung von CO2, so würde man übrigens nach der Abtorfung Ackerland entstehen lassen. Bauern wissen, dass Ackerboden wesentlich schneller und wesentlich mehr Kohlenstoff speichert als es die mageren Torfböden je könnten.
Militärische Schießplätze erweisen sich mit ihren trockenen und warmen Böden als besonders artenreich und herausragender Lebensraum für Insekten, die waldreiche Naturschutzgebiete meiden. Wir haben bei TE ausführlich die Folgen beschrieben.
Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Produktion von Lebensmitteln, so die Bauern. Landwirte müssen ihre Arbeit weiter einschränken, ihre Ernten werden geringer, es muss mehr importiert werden.
»Renaturierung« dürfte bald zu Unworten gehören wie Dekarbonisierung. Beides betrifft die Zerstörung einer ausreichenden Versorgung eines Industrielandes mit Energie und Lebensmitteln.
Die eigentliche »Renaturierung« würde übrigens mit einem Rückbau der 30.000 Windräder beginnen, die die Landschaft zerstören und Vögel köpfen. Die gigantischen Photovoltaik-Anlagen, die mittlerweile riesige Flächen bedecken, müssten schnellstens abmontiert werden; sie trocknen Flächen aus. Bis zum Horizont reichende Maisfelder müssten »renaturiert« werden, in denen »Futter« für die Biogasanlagen mit ihrem riesigen Bedarf angebaut wird.
Teuer wird es, wenn jene Flächen »renaturiert« werden müssen, die von den Windrädern vergiftet wurden. Der massenhafte Abrieb von Mikro- und Nanopartikeln von den Rotoren verseucht langsam, aber sicher Ackerflächen. Diese Partikel können in die Nahrungskette kommen.
Doch man sollte das Positive sehen: Der feuchte Traum eines mittelbegabten Grünen ist, den Reset-Button drücken und wie mit einer Zeitmaschine zurück in die Vergangenheit springen, am Zeitalter der Windmühlen vorbei – doch wohin, kann auch eine grüne Leonore Gewessler kaum sagen.
Renaturieren, die Natur wiederherstellen – auf welchen Zeitpunkt darf’s denn sein?
Mehrfach breiteten sich Gletscher von den Alpen ins Bayerische aus. In relativ kurzen Zeiträumen wechselten Warm- und Kaltzeiten ab, die letzte Eiszeit, die Würmeiszeit, endete vor 10.000 Jahren. Deutschland verschwand unter teilweise Kilometer hohen Eismassen. Der Inntalgletscher schob sich bekanntlich einst aus dem Engadin-Gebiet durch das Inntal über den Innboden vorbei, dort, wo heute Innsbruck liegt, bis ins bayerische Alpenvorland. Das war ein Naturzustand.
Und schließlich: Berlin war früher Sumpfland. Der Name bedeutet „Ort in einem sumpfigen Gelände“. Schmelzwässer der Eiszeiten flossen Richtung Nordsee. Im 12. Jahrhundert gab es eine Warmzeit, die Bevölkerung wuchs wie immer in Warmzeiten, und es mussten Sumpfgebiete und lausige sandige Böden in Ackerflächen verwandelt werden, damit die Menschen zu essen hatten. Ein sehr schwieriges Unterfangen übrigens, Sandböden zu fruchtbaren Flächen zu machen, ein Projekt über viele Generation, das viel Know-how erforderte. Auch ein »Naturzustand«.
Ja, Morast, das stimmt ja immer noch. Das Berliner Urstromtal könnte man ja wieder durchspülen. So gesehen …