Berlin. Ein „katastrophales Zeichen für die Diskussionskultur“ in Deutschland ist laut Medienanwalt Joachim Steinhöfel die Neigung von Politikern, gegen kritische Meinungsäußerungen rechtlich vorzugehen. „Manche haben daraus ein regelrechtes Geschäft gemacht. Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum Beispiel verdient – nach meiner Einschätzung – mit ihren Abmahnungen mehr als durch ihr Abgeordnetengehalt“, sagt Steinhöfel im Gespräch mit der Juli-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick. „Sie verweigert dazu auf Presseanfragen über Art und Umfang klare Antworten. Der Anwalt, der ihre Anzeigen schreibt, verlangt geringere Gebühren als üblich, aber dafür fordert Strack-Zimmermann Geldentschädigungen von 500 bis 1000 Euro. So verfolgt sie strafbare Äußerungen, aber auch lediglich grenzwertige und sogar solche Äußerungen, die völlig legal sind. Da hat sie als angeblich Liberale eine Verfolgungsmaschinerie aufgebaut, die mit den Grundwerten der FDP kollidiert.“
Ebenso kritisch sieht Steinhöfel die Bereitschaft von Außenministerin Annalena Baerbock, Bürger zu verklagen und nennt das Beispiel eines Plakates in Miesbach am Tegernsee. „Wie dünnhäutig muss man sein, wenn man möchte, dass jemand für so etwas von der Strafjustiz belangt wird?“, fragt Steinhöfel. Dass der Bürger in erster Instanz zu einer Zahlung verurteilt wurde, hält der Jurist für einen Trend. Er sieht „auf Seiten der Strafjustiz eine deutliche Tendenz, in den unteren Instanzen rechtlich mangelhafte und verbotsfreudige Fehlurteile zu fällen. Zwar ist Ehrverletzung strafbar, und die muss auch niemand hinnehmen, aber scharfe Kritik und Satire sind erlaubt, besonders wenn sie direkt mit einer politischen Entscheidung verbunden sind – wie bei dem Beispiel der «dümmsten Außenministerin der Welt», das sich konkret auf ihre Forderung bezog, Putin verhaften zu lassen.“
Dass der Strafbefehl gegen den Bürger aufgehoben wurde, der Ministerin Baerbock kritisiert hatte, ist für Steinhöfel Anlass für einen Gedenktag. „Jetzt hoffe ich, dass das Plakat wieder aufgestellt wird. Einmal im Jahr, am Annalena-Baerbock-Meinungsfreiheits-Erinnerungstag, sollten wir das alle in unseren Profilen veröffentlichen, um deutlich zu machen, dass wir uns nicht wegen harmloser Satire einschüchtern lassen.“