Berlin. Die Freiheit der politischen Debatte im Internet sieht der Medienanwalt Joachim Steinhöfel in der Europäischen Union und in Deutschland in akuter Gefahr. Durch den Digital Services Act (DSA) werde „der machttrunkenen EU die Befugnis eingeräumt, in Krisenzeiten Plattformen wie Facebook und Youtube abzuschalten. Er ist ein Dokument der Panik, der Angst, der Missachtung elementarer Grundrechte und entspringt dem Geist eines restlos übergriffigen Staates“, kritisiert Steinhöfel im Gespräch mit der Juli-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick. Der DSA sei „mit verfassungsrechtlichen und rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen“.
Doch selbst unterhalb der Schwelle einer Abschaltung gebe es schon erhebliche Eingriffe wie während der Corona-Pandemie, als kritische Aussagen in den Sozialen Netzwerke gelöscht wurden. Der Grund: In den Geschäftsbedingungen von Youtube ist festgelegt, dass nur Informationen verbreitet werden dürfen, die „den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder staatlicher Stellen wie dem Paul-Ehrlich-Institut entsprechen“, kritisiert der Jurist. „Wir wissen jetzt auch durch die durch Klagen öffentlich gewordenen Akten, dass viele Verlautbarungen von Karl Lauterbach schlicht falsch waren“, so Steinhöfel. „Dass die WHO nun das letzte Wort darüber haben soll, was wissenschaftlich richtig ist oder was in Deutschland gesagt werden darf, über den Transmissionsriemen Youtube, ist absurd und skandalös.“
Dabei macht Steinhöfel den öffentlich-rechtlichen Medien den Vorwurf, über die Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch den Staat nicht zu berichten. „In den Tagesthemen wird nicht verlesen, wenn der Staat Grundrechte aussetzt oder in Hamburg ein Polizeiwagen völlig außer Rand und Band einen Jugendlichen verfolgt, als hätte er gerade Geiseln genommen – nur weil er keine Maske trug. Da haben der Staat und seine Organe ihre autoritäre Fratze gezeigt. Man muss für seine Meinungs- und Redefreiheit kämpfen.“