Mehrere Medien hatten Fotos und Videos mehrerer jüngerer Erwachsener, die im Sylter „Pony“-Club zu einem Disco-Hit die Zeile „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ gegrölt hatten, zum Zweck der sozialen Ächtung unverpixelt verbreitet, und teils auch die Namen der Betroffenen genannt. Das könnte für die Redaktionen nun teuer werden.
Das Landgericht München I untersagte der BILD-Zeitung die Veröffentlichung eines des unverpixelten Sylt-Videos. Den Antrag auf Unterlassung stellte eine junge Frau, die darauf wiedererkennbar zu sehen war. Mit dem Beschluss (Aktenzeichen 26 O 6325/24) folgte das Gericht erwartungsgemäß der ständigen Rechtsprechung in Deutschland, die dem Persönlichkeitsschutz einen sehr hohen Rang einräumt. Üblicherweise werden auch die Gesichter von Straftätern bei Medienveröffentlichungen verpixelt. Im Fall der Party-Gröler von Sylt gibt es bis jetzt noch nicht einmal Hinweise, dass die Beteiligten sich strafbar gemacht hätten.
Das Landgericht verbietet die Verbreitung des Bildes der Frau im Video als auch zahlreiche Screenshots, die die BILD-Zeitung als Titel oder sonst zur Bebilderung verwendet hatte. Auch die Veröffentlichung eines weiteren Fotos, das die Antragstellerin auf der Tanzfläche mit einem Mann zeigt, wurde untersagt. Außerdem wurde der BILD verboten, den Vornamen der Frau zu nennen sowie eine Identifizierung von ihr mittelbar durch die Nennung des Namens ihres Freundes zu ermöglichen.
Das Landgericht verbot es der Zeitung auch, das Bild der Frau in Gestalt von Screenshots auf Medienplattformen und in sozialen Medien zu verbreiten.
Nicht nur BILD, auch die ARD-Anstalt WDR hatte das Sylt-Video unverpixelt verbreitet – im Gegensatz zu den Bildern, die die Messer-Attentäter Sulaiman A. während seines Angriffs zeigen. Der Sender begründete das mediale Anprangern der Sylt-Sänger damit, bei der Szene mit etwa einem halben Dutzend junger Leute im „Pony“-Club habe es sich um ein „zeitgeschichtliches Ereignis“ gehandelt.
Dieser Argumentation dürften Gerichte kaum folgen.
Update: Auch der WDR entscheidet sich pünktlich heute dazu, die Personen nur noch verpixelt zu zeigen – mit der abenteuerlichen Begründung der „abnehmenden Aktualität“ – sehr zum Spott der Online-Community.
Generell erlaubt ist die Abbildung „zeitgeschichtlicher“ Fotos. Aber im Absingen eines Liedes hat das Gericht eine zeitgeschichtliche Bedeutung nicht gesehen.