Der Skandal über den Milliardenbetrug um angebliche Klimaschutzprojekte, die keine waren, geht in die nächste Runde. Nach Informationen der Tageszeitung Welt erhielt das Umweltbundesamt (UBA) bereits im August 2023 Hinweise auf die mangelnde Seriosität der Klimaschutzattrappen. Danach geschah jedoch lange nichts. Das muss das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke in einem sieben Seiten langen Bericht einräumen.
Eine „Konkretisierung“ der Vorwürfe sei dann im Februar erfolgt. Erst im Mai, kurz vor der Veröffentlichung von Berichten über Betrugsprojekte in der Taklamakan-Wüste, reagierte das UBA, indem es Strafanzeige gegen Unbekannt stellte. In diesem Zeitraum wurde auch das Bundeskabinett wach. Die Möglichkeit, sich die Klimaschutzprojekte anrechnen zu lassen, wurde vorerst beendet. Neun Monate nach den ersten Hinweisen und drei Monate nach der „Konkretisierung“. Das vom Kabinett beschlossene Ende der Anrechnung trat erst am 8. Juni in Kraft.
Im Bericht will die Bundesregierung sich möglichst tatkräftig darstellen. In Wirklichkeit hat sie die Aufarbeitung und Unterbindung verschleppt. Im Referentenentwurf vom Februar ist auch noch kein Passus enthalten, der auf einen Betrug hinweist. Tatsächlich wollte das UBA noch im Mai, als Frontal21 über den Skandal zum ersten Mal berichtete, nicht von Betrug sprechen. Die Union erklärt die Affäre dagegen bereits zum „größten Umweltskandal der vergangenen Jahre“.
„Entscheidende Fragen sind weiter unbeantwortet. Die Umweltministerin muss endlich die Verantwortung übernehmen und für Aufklärung sorgen, denn sie hat die Fach- und Rechtsaufsicht über das Umweltbundesamt“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber. Sie fordert ein sofortiges Moratorium. Denn der Stopp bezieht sich nur auf zukünftige Projekte. Genehmigte Projekte werden weiter angerechnet.
Alles deutet derzeit darauf hin, dass Umweltministerium und Umweltbundesamt komplett bei der Kontrolle versagt haben – oder gezielt die Aufklärung verschleppten, um ein prestigeträchtiges Klimaschutzprojekt nicht in Verruf zu bringen. Die Schuld schiebt man auf China – deutsche Behörden könnten schließlich kaum nachprüfen, ob ein Betrugsfall vorliege oder nicht. Aber warum genehmigen deutsche Behörden dann überhaupt Projekte, über die sie nach eigener Aussage gar keine Kontrolle haben?