Die ersten Hochrechnungen der Wahlen für das Europäische Parlament stärken die AfD. Obwohl sie in den vorläufigen Ergebnissen hinter den Umfragen des letzten Jahres zurückbleibt, kann sie ihren Stimmanteil ausbauen. Noch 2019 errang die Alternative für Deutschland 11 Prozent der Wählerstimmen – nun sind es 16,2 Prozent. Damit bleibt die Alternative unter den Erwartungen des Frühjahrs, in der sogar mit Ergebnis um die 20 Prozent gerechnet wurde. Doch unter den Parteien, die schon im Europäischen Parlament sitzen, verzeichnet sie den größten Zuwachs. Vor allem in Ostdeutschland kann die AfD punkten. In Sachsen gaben gar 43 Prozent der Wähler ihr ihre Stimme – die SPD hingegen würde mit 4,3 Prozent an der Fünfprozenthürde scheitern, so es eine bundesdeutsche Wahl wäre.
Die CDU ist die stärkste Kraft und konnte ihre dominante Position von 2019 leicht ausbauen. Sie steht in den Hochrechnungen zur Nacht bei 30 Prozent, 1,1 Prozentpunkte besser als in der vorherigen Wahl. Die CDU sieht sich gestärkt, Generalsekretär Carsten Linnemann fordert gar, Kanzler Olaf Scholz (SPD) solle „die Vertrauensfrage im Bundestag stellen“. Denn der Kanzler präsentierte sich neben Spitzenkandidatin Katarina Barley als das Zugpferd des SPW-Wahlkampfes; das verehrende Ergebnis von 14 Prozent für die SPD ist damit auch ein Zeichen in das fehlende Vertrauen der Bürger in ihn.
Die Grünen sind die großen Verlierer, sie verlieren 8,5 Prozentpunkte und stürzen auf 12 Prozent ab. Schlimmer ergeht es – relativ – nur der Linken; sie hat ihr Ergebnis halbiert. Viele ihrer Wähler dürften wohl zu Sahra Wagenknechts neuer Partei BSW übergelaufen sein. Das Bündnis Sahra Wagenknecht bestreitet somit ihre erste Wahl mit einem großen Erfolg.
Die Ergebnisse unter den Unter-25-Jährigen zeichnen ein deutliches Bild einer Gesellschaftsschicht, die sich vom althergebrachten Parteiensystem nicht vertreten fühlt. Sie wenden sich von den etablierten Parteien ab – und hin zu Kleinstparteien und AfD. Union, Grüne und SPD sind hier nur drei Partei unter vielen.