Die Bild solle die FDP unterstützen. Im Rahmen um die diversen Skandale des Springer-Verlags kam heraus, dass der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner „in der FDP die Chance (sieht), um den endgültigen Niedergang des Landes zu vermeiden“. Vergebens der Versuch, diese vertraulichen Meldungen zurückzuhalten. Die Redaktion hat wohl verstanden. Vier Tage vor der Wahl textet sie: „Arbeitnehmer und Rentner profitieren / Lindners Steuern-Runter-Plan“.
Viele Leser und alle Journalisten sollten wissen, dass FDP-Chef Christian Lindner das auf Twitter dreimal am Tag ankündigt und zudem fordert, Leistung müsse sich in Deutschland lohnen. Doch dann erhöht die Ampel das Bürgergeld innerhalb eines Jahres um 25 Prozent und lässt mit der Inflation auch die Steuerquote steigen. Journalisten würden darauf hinweisen. Trotzdem steigen die Mitarbeiter in die PR-Galeere und trommeln vier Tage vor der Wahl in Döpfners und Lindners Takt: „Arbeitnehmer und Rentner profitieren / Lindners Steuern-Runter-Plan.“
Nun gehen in Deutschland die Steuern nicht runter, sondern rauf. Aber immerhin sinken die Ansprüche. Da es keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, kommt Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf jeden Fall über das Parteiticket ins EU-Parlament. Und sinkt auch die Auflage permanent, so können sich Bild und Springer doch darüber freuen, dass die Ampel Zeitungen demnächst ganz offen subventionieren will. Leistung müsse sich lohnen, sagt Lindner. Wenn keiner mehr Zeitungen kauft, zahlt halt der Steuerzahler für sie, ist die Maxime, nach der Lindner handelt. Mittlerweile fordert auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Mehrwertsteuersenkung für die Verlage.
Bundeskanzler Olaf Scholz signalisiert ebenfalls Unterstützungsbereitschaft, wenn auch auf „anderem Weg“, kontert er auf einer Veranstaltung zum 75. Jubiläum der Deutschen Journalistenschule in München. Als Ex-Finanzminister weiß er besser als Söder, dass für Zeitungen bereits der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt, hier also nichts zu senken ist. Im Wahljahr ist ein Wettlauf um die Gunst der Medienhäuser ausgebrochen – und für die FDP zudem ein Kampf ums Überleben. Da kann nur noch Männerfreundschaft helfen.
Wer wählt das Bündnis? Das hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht. Die steht wiederum dem rot-grün dominierten Gewerkschaftsbund DGB nahe. Das Institut kommt zu dem Ergebnis: „Die zahlenmäßig größte Gruppe kommt von Erwerbspersonen, die bei der vorigen Bundestagswahl SPD gewählt haben.“
Doch relativiert die DGB-nahe Stiftung dieses Ergebnis. Die Zahlen kämen nur durch das gute Ergebnis der SPD bei der letzten Wahl zustande. Entgegen den Zahlen möchte die DGB-nahe Stiftung vier Tage vor der Wahl eine andere Botschaft senden: „BSW findet großes Interesse bei Erwerbspersonen, die bisher die Linke oder AfD gewählt (haben).“ Vier Tage vor der Wahl geht es politischen Institutionen wie Springer oder Böckler-Stiftung weniger um Wahrhaftigkeit als um Botschaften.
Das BSW setzt in der Sozialpolitik auf linke Themen und in der Gesellschaftspolitik auf konservative Positionen. Das hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut herausgefunden. Gut. Genau das hat Sahra Wagenknecht auch immer offen gesagt. Aber würde es verboten, Offensichtliches zu bestätigen, wäre die ganze Kaste der Geistes- und Sozialwissenschaftler mit einem Schlag brotlos. Was sie nach der Befragung mit Zahlen belegen können: „Generell weisen Personen mit geringem Einkommen, ohne finanzielle Rücklagen, mit großen Sorgen und Belastungen und geringem Vertrauen in Institutionen eine vergleichsweise hohe BSW-Wahlneigung auf.“
Dem Auftraggeber wird das Institut dann auch noch gerecht, indem es die These vertritt, SPD-Anhänger, „die finanziell besser gestellt sind, weniger Ängste oder ein höheres Vertrauen in die Regierung haben“, würden sich nicht für die Wagenknecht-Partei interessieren. Aber für die AfD stelle diese im Osten eine Konkurrenz dar. Und die DGB-Wissenschaftler attestieren dem BSW: Es „scheint Frauen stärker anzuziehen“ und die Wählerschaft sei in Sachen Alter und Geschlecht ausgewogener zusammengesetzt.
Nun werfen Kritiker dem BSW sogar vor, ein U-Boot zu sein, das mit der Absicht gegründet wurde, der AfD Stimmen wegzunehmen. Doch zeigt sich an der Stelle, dass Kritiker unpräzise werden, wenn sie vor allem Wert darauflegen, dass ihre Metaphern drastisch sind. Das Wesensmerkmal eines U-Boots ist es, unsichtbar zu bleiben und aus dem Schutz der Unsichtbarkeit anzugreifen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht tritt zu einer Wahl an, plakatiert und versucht sich sogar in TV-Debatten einzuklagen. Mehr sichtbar geht kaum.
Dass es genügend konservative Wähler gibt, um die Parteien konkurrieren können, ist Fakt. Konkurrenz gehört zur Demokratie, zur freien Marktwirtschaft und überhaupt zu allem, was gut ist. Und wer wie die AfD mit einem Spitzenkandidaten Maximilian Krah zu einer Wahl antritt, der lässt halt Raum für Konkurrenz. Das kann einem Kritiker missfallen und ihn tief in die Metapher-Kiste greifen lassen – etwas Illegales oder auch nur Illegitimes ist daran aber nicht zu finden. Dass die Böckler-Stiftung vier Tage vor der Wahl Wahlkampf für SPD, BSW und gegen die AfD macht, muss sie vor den Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften rechtfertigen. So wie die Bild ihre peinliche Lindner-PR den Lesern erklären muss – oder demnächst den Steuerzahlern.