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Nein, heute ist nicht der 1. April

Von der Leyen angeschlagen – Baerbock als EU-Kommissionspräsidentin gehandelt

UvdL verliert immer mehr an Rückhalt und Unterstützung. Plötzlich berichten Medien, dass AB ihre Nachfolgerin werden könne. Sehr wahrscheinlich ist es nicht, dass sie an der Spitze der EU-Kommission landet. Aber ein Posten als Kommissarin könnte es werden. Am Ehrgeiz fehlt es ihr nicht, auch wenn sich ihr Ehrgeiz reziprok zu ihren Fähigkeiten verhält.

IMAGO - Collage: TE

Es gibt nichts, was es nicht gibt. Das weiß man aus den sauerstoffarmen Höhen der Politikschaffenden. Jetzt der neueste Knüller: Die feministisch aufgestellte, aufgrund eines britischen Seminarscheins völkerrechtlich peripher tangierte und englisch-radebrechende deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) könnte EU-Kommissionpräsidentin und damit Nachfolgerin von Ursula von der Leyen (CDU) werden. Das berichten auf der Basis einer Recherche von „Politico“ mittlerweile mehrere deutsche Zeitungen – allen voran BILD.

BILD schreibt: „Die Gerüchteküche in Brüssel brodelt! Plötzlich geistert ein neuer Name herum …..“ Geistert – ja es wäre gespenstisch, auch wenn man wegen eines Weggangs Ursula von der Leyens nicht in Heulkrämpfe verfiele.

Hintergrund 1: Die Unzufriedenheit mit UvdL wächst

So richtig glücklich scheint niemand mit einer zweiten Amtszeit einer Kommissionspräsidentin UvdL zu sein: hohle Sprüche, Mauscheleien bei Personalentscheidungen und beim milliardenschweren Einkauf von Impfstoffen usw. Selbst Macron, der die maßgebliche Rolle spielte, UvdL 2019 nach Brüssel zu befördern, kann sich mittlerweile eine Alternative zu UvdL vorstellen, etwas den früheren EZB-Chef und Ex-Italienpremier Mario Draghi. Ob sich CDU/CSU sowie die Europäische Volkspartei (EVP) da nicht vergaloppiert haben, als sie UvdL bei mehreren Parteitagen im Februar und März 2024 zur Spitzenkandidatin für die EU-Wahl am 9. Juni kürten? Eine Spitzenkandidatin übrigens, die auf keinem Wahlzettel erscheint, die man also nicht wählen kann, aber auch nicht nicht wählen kann. Eine Spitzenkandidatin auch, die vielen Unionlern „zu grün“ ist. Siehe ihren gigantischen, billionenschweren „Green Deal“. Interessant zudem: Auf den Wahl-Plakaten von CDU/CSU ist von der Leyen nahezu nicht zu sehen.

Vielleicht muss sich damit von der Leyens überdimensionierter Ehrgeiz doch endlich der Realität beugen. Es reicht auch nach diversen Posten als Bundesministerin (zuletzt der Verteidigung) und eben jetzt als EU-Kommissionspräsidentin, die Macron und Merkel 2019 urplötzlich am EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber vorbei aus dem Hut gezaubert hatten. Als Nato-Generalsekretärin hat sie sich zwischenzeitlich handeln lassen, 2016 auch als Bundespräsidentin. In Erinnerung ist geblieben, wie sie auf eine entsprechende Journalistenfrage vielsagend den Schweigefinger an den Mund führte, um damit anzudeuten, dass sie im Gespräch sei. Oder es glaubte.

Hintergrund 2: Die „Ampel“-Koalitionsvereinbarung

In diesem Papier steht auf Seite 141: „Das Vorschlagsrecht für die Europäische Kommissarin oder den Europäischen Kommissar liegt bei Bündnis 90 / Die Grünen, sofern die Kommissionspräsidentin nicht aus Deutschland stammt.“ Das heißt zwar nicht explizit, dass die „Grünen“ am Zug sind, wenn es um den Präsidentenposten geht. Aber die „Grünen“ werden das schon hinzudrehen wissen. Zumal die 2021er Ex-Kanzlerkandidatin Baerbock 2025 einem „grünen“ Kanzlerkandidaten Robert Habeck im Weg stünde.

Wann fallen die Würfel?

Vom 6. bis 9. Juni wird in den EU-Ländern erst einmal gewählt. In Deutschland am 9. Juni. Gemäß aktuellen Umfragen für Deutschland kann die Union mit 29/30 Prozent rechnen. SPD, Grüne und AfD ringen derzeit mit 14- bis 16 Prozent-Prognosen um Platz 2. Ob es im EU-Parlament zu einer konservativen Mehrheit kommt, ist wahrscheinlich, aber nicht eindeutig. Allerdings kann das EU-Parlament die Spitze der EU-Kommission nicht qua Initiativwahl besetzen. Das EU-Parlament muss abwarten, welchen Personalvorschlag der Rat der EU-Regierungschefs am 17. Juni bei einem Abendessen in Brüssel ausklüngelt. Diesen Vorschlag kann das EU-Parlament dann annehmen oder ablehnen. Nicht mehr und nicht weniger. 2019 wurde es übrigens für UvdL knapp: Im EU-Parlament mit seinen 705 Mitgliedern hatte sie nur neun Stimmen mehr als nötig.

Kanzler Scholz spielt jetzt eine gewichtige Rolle. Dass er mit von der Leyen nicht besonders kann, haben beide 2018/2019 am gemeinsamen Kabinettstisch bewiesen. Scholz gefällt auch nicht, wie UvdL zuletzt mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni flirtete. Scholz weiß auch, dass seine SPD Sympathien für Draghi hat. Sollte Scholz UvdL fallenlassen, wird sich Macron dem nicht widersetzen. Wenn die Spitze der EU-Kommission nicht mehr „deutsch“ besetzt wäre, wurde Deutschland aber einen der Kommissionsposten besetzen können. Auch hier ist der Name Baerbocks im Gespräch. Allerdings werden die „Grünen“ bei der Wahl am 9. Juni wohl erheblich Federn lassen müssen. 2019 hatten sie bei der EU-Wahl noch 20,5 Prozent eingefahren. Davon dürften sie diesmal mindestens ein Viertel verlieren.

Wer würde dann deutsche(r) Außenminister(in)?

Sehr wahrscheinlich ist es nicht, dass Baerbock an der Spitze der EU-Kommission landet. Aber ein Posten als Kommissarin könnte es werden. Am Ehrgeiz fehlt es ihr nicht, auch wenn sich ihr Ehrgeiz reziprok zu ihren Fähigkeiten verhält.

Damit stellte sich die Frage: Wer würde für rund eineinhalb Jahre deutsche(r) Außenminister(in)? Sicher eine Frau, denn aus dem Quotendenken kommen Grüne und die SPD nicht heraus, zumal Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Anfang 2023 durch einen Mann, Boris Pistorius (beide SPD), ersetzt wurde.

Wer steht zur Verfügung, als Frau mit vergleichbarer Qualifikation wie Baerbock?
Claudia Roth? Katrin Göring-Eckhardt? Nee, die haben ja nicht einmal einen britischen Seminarschein in „Völkerrecht“, geschweige denn einen Studienabschluss. Und ob sie so gut wie Baerbock Englisch sprechen können, weiß man auch nicht.

Eines ist aber auch klar: Egal wie es ausgeht bzw. ausgemauschelt wird, die Wählerschaft (außer der „grünen“) wird sich angewidert abwenden. Zuletzt, 2019, war die Wahlbeteiligung ja nur noch bei 50 Prozent. Für die EU und schließlich Europa, das ja gottlob nicht identisch mit der EU ist, keine schönen Aussichten!

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