Von Marketing verstehen sie etwas, die geschäftstüchtigen Macher der Veranstaltung. Ein regelmäßiger Kongress, der sich alljährlich immer wieder (zumindest vordergründig) mit der digitalen Zukunft beschäftigt, sollte schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit auch irgendeinen hippen Namen haben – so dachte man sich.
Also verfielen die Geschäftsführer auf die Idee, ihre Konferenz fortan einfach stur „re:publica“ zu schreiben. Der Werbegag wirkte. Dem kommunikativen Naturgesetz folgend, dass die starken Geister die schwachen beeinflussen, haben inzwischen fast alle Medien die dudenfeindliche Schreibweise übernommen.
Der Sieg des entsetzlich falschen Nicht-Wortes „re:publica“ über das allein richtige Wort „Republica“ taugt als Gleichnis für das Verhältnis von Wunsch und Wirklichkeit im besten Deutschland aller Zeiten.
Linke Liste
Das Referentenverzeichnis ist ein „Who’s who“ nicht nur der linken bis linksextremen Publizistik, sondern der gesamten woken Szene: Silke Burmester, Carolin Emcke, Maja Göpel, Louis Klamroth, Ann-Katrin Müller, Mai Thi Nguyen-Kim, Jana Pareigis, Jean Peters, Georg Restle, Christian Stöcker, Özden Terli, Eckart von Hirschhausen … Man sieht, wohin die Reise geht.
Die politische und sonstige Gästeschar ist, wenig überraschend, ähnlich vielfältig: Ferda Ataman, Alena Buyx, Michel Friedman, Claudia Kemfert, Luisa Neubauer, Bernhard Pörksen, Matthias Graf von Kielmannsegg, Marina Weisband … Man sieht, wohin die Reise geht.
Besonders zahlreich vertreten: die Bundesregierung, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Correctiv. Natürlich dürfen auch die Deutsche Umwelthilfe, der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Amadeu-Antonio-Stiftung nicht fehlen. Und, und, und … Man sieht, wohin die Reise geht.
Woke Selbstentblößung
So absehbar einseitig das Ganze denn auch inhaltlich ist: Das Treffen ermöglicht derart tiefe Einblicke in ein gedankliches Paralleluniversum, wie sie sich sonst in so kurzer Zeit und auf so engem Raum nur ganz selten auftun.
Für besonders erhellende Momente sorgen jene Mitglieder des grün-linken Politkartells, die nicht so schlau sind wie die „Republica“-Macher. Tilo Jung zum Beispiel.
Der mittlerweile 38-jährige Berufsjugendliche betreibt den YouTube-Kanal „Jung & naiv“. Dessen ursprüngliches Geschäftsmodell bestand darin, in kurzen Clips die Bundespressekonferenz (BPK) lächerlich zu machen. Das war angesichts der bemitleidenswerten Verfassung der BPK nicht weiter schwer. Der traurige und offenbar von jeder Selbstachtung befreite Verein wusste sich schließlich nicht anders zu helfen, als ernsthaft zu überlegen, Jung in den Vorstand zu wählen.
Seine Prominenz in der linken Szene und seine Stellung als Posterboy der deutschen Antisemiten zementierte Jung durch ein skandalöses, fundamental israelfeindliches Interview, in dem die als „Nahost-Expertin“ auftretende Muriel Asseburg unter anderem die Tötung israelischer Soldaten durch die islamistische Terrororganisation Hamas rechtfertigte.
Auf einer einstündigen „Republica“-Podiumsdiskussion hat Jung nun freimütig dargelegt, wie er und die Seinen sich den „Journalismus“ und die Selbstbestimmung der Bürger vorstellen:
„Journalisten sollen die Leute darüber informieren, was sie wissen sollen – nicht, was sie wissen wollen.“
Wir stellen uns kurz vor, Björn Höcke hätte diesen Satz auf einem AfD-Parteitag von sich gegeben: Die nächste Verfolgung durch den Verfassungsschutz und der nächste Gerichtsprozess wären ihm sicher. Und diesmal sogar völlig zurecht, denn Jungs Aussage zeigt ein zutiefst bürgerrechtsfeindliches und autoritäres Menschen- und Gesellschaftsverständnis. Es ist die Aussage eines Verfassungsfeindes.
Auf dem Podium saß, zusammen mit dem totalitären Tilo, unter anderem Georg Restle. Das linke Sturmgeschütz des Westdeutschen Rundfunks (WDR) würde dem Vernehmen nach gerne der nächste Intendant des Senders werden. Auch er sah aber keinen Anlass, Jung vehement zu widersprechen und die vordemokratische Gesinnung auseinanderzunehmen, die dessen Satz offenbart.
Man kann sich nun lebhaft vorstellen, welche Gesellschaft und welchen „Journalismus“ wir zu erwarten hätten, falls die Jungs und Restles dieser Welt einmal komplett die Macht in Deutschland ergreifen sollten.
Die Frage übrigens, wer denn entscheidet, was die Leute wissen „sollen“, umsegelt Jung komplett. Nach allem, was er in seiner bisherigen Laufbahn von sich gegeben hat, liegt die Vermutung nahe, dass ihm für diese Diskussion auch schlicht der intellektuelle Werkzeugkasten fehlt. Vor ein paar Jahren erklärte er völlig unironisch, die DDR sei ein „rechtes Regime“ gewesen:
Es ist ein zentrales Wesensmerkmal der modernen Linken, dass sie im großen Kaufhaus „Schöpfung“ die faktische Realität gegen eine gewünschte Realität quasi umtauschen will wie einen Pullover bei Karstadt. Folgerichtig ersetzt Jung nicht nur die historischen Fakten durch frei erfundene Geschichten – er erklärt auch eine von ihm nur erträumte Gegenwart zur Wirklichkeit:
Jung ist auf der „Republica“ keinesfalls eine Ausnahmeerscheinung. Er äußert nur besonders deutlich, welche Welt sich die auf dem Kongress Versammelten vorstellen. Und es erscheint nicht unmöglich, dass sie ihr Ziel tatsächlich erreichen.
Denn irritierenderweise öffnet die freie Gesellschaft bereitwillig ihre Taschen, um dieses Treffen zu finanzieren – also eine Zusammenkunft von Leuten, die (egal, was sie sagen) sicher keine freie Gesellschaft in der bisherigen Form wollen.
Solange private Unternehmen und Einrichtungen den Quatsch bezahlen wollen, ist dagegen natürlich nichts einzuwenden. Die müssen und sollen das vor ihren Anteilseignern verantworten. Geld (viel Geld) geben aber unter anderem auch:
• die ARD
• der WDR
• das ZDF
• das Bundesbildungsministerium
• das Bundesfamilienministerium
• das Bundesinnenministerium
• die Bundesbank
• die Berliner Senatskanzlei.
Diese Einrichtungen sind mitnichten privat, und sie geben unser aller Steuergelder und Zwangsgebühren aus. Trotzdem kommt man nicht umhin, den Machern der „Republica“ eine gewisse Anerkennung zu zollen. Allen voran Markus Beckedahl und das Ehepaar Johnny und Tanja Haeusler haben aus dem Projekt ein florierendes Geschäft gemacht.
Ein paar störende Nebengeräusche lächeln sie souverän weg. 2018 hat die, siehe oben, massiv mit Steuergeld aufgepumpte Veranstaltung Bundeswehrsoldaten in Uniform die Teilnahme kurzerhand verboten. 2022 ließ Bundeskanzler Olaf Scholz eine Journalistin dafür bezahlen, dass sie ihm auf der „Republica“-Bühne von seinem Stab ausgesuchte „Fragen“ stellte. Das Publikum erfuhr davon nichts, eine Zeitung deckte später den Skandal auf.
Auch Tilo Jungs Geschichtsklitterung, seine Realitätsverweigerung und seine totalitären Fantasien werden sie in diesem Jahr wegstecken. Am Ende ist das alles kostenlose Werbung, werden sich die Macher der „Republica“ denken.
Wie gesagt: Von Marketing verstehen sie etwas.