Tichys Einblick
„Kampf um Europa - Siegen die Populisten?“

EU-Wahlkampf bei Hart aber Fair: Krieg der Charmebolzen

„Herr Hofreiter! Her Hooofreiter. Herr Hofreiteee! Herr Hofreiter! Herr Hofreiter und Frau Klöckner! Und Herr De Masi und Frau Strack-Strack-Zimmerman! Sie machen sich alle hier keinen Gefallen, wenn Sie immer hier durcheinander reden, weil dann die Zuschauer nichts mitbekommen.“

Screenprint ARD / Hart aber Fair

Nach einem kurzen Pfingsturlaub ist Louis Klamroth wieder zurück auf dem Bildschirm, um uns alle philosophieren zu lassen, was Luisa wohl an ihm findet. Hart aber Fair ist wohl die einzige Sendung im gesamten ÖRR, was in mir persönlich die Verschwörungstheorie auslöste, dass es sich hierbei wohl um eine vorher aufgenommene Show handelt, weil bei ihr als einziger nicht über Sylt gesprochen wurde. Wobei – dann wären wohl die Ton-Fehler und unerwünschten Echos rausgeschnitten worden und die Tatsache, dass man zwischendurch Anweisungen aus der Regie hören konnte, die man wohl eigentlich nicht hören sollte. Oder sollen wir das nur denken?

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Nur dass es nicht um die rechte Gefahr von Sylt geht, heißt aber nicht, dass es gar nicht um die rechte Gefahr geht. „Kampf um Europa – Siegen die Populisten?“ – es ist EU-Wahlkampf, und Klamroth hat die Kandidaten aus fast jeder Partei eingeladen. Frau Strack-Zimmermann von der FDP ist da, um Sie zu erinnern, warum Sie diese Sendungen nicht mehr gucken, sondern stattdessen mich vorschicken. Katarina Barley von der SPD sitzt neben ihr, um diesen Punkt zu bestätigen.

Und falls Sie sich tatsächlich nicht angesprochen fühlen, sondern das Ansehen dieser Folge noch nachholen wollen – neben Barley sitzt Anton Hofreiter von den Grünen. Also bleiben Sie mal lieber schön hier. Auf der anderen Seite haben wir Leif-Erik Holm von der AfD, Fabio De Masi vom Bündnis Sarah Wagenknecht, den Journalisten Gordon Repinski und Julia Klöckner von der CDU.

Jeder Anwesende scheffelt entweder schon eifrig Schotter nach Hause oder buhlt um Posten, die einen Haufen Geld einbringen. Der Journalisten Repinski, der aber auch nur für gefühlte fünf Sätze zu Wort kommen darf, dürfte da die einsame Ausnahme bilden. Trotzdem werden sie Ihnen allen schwören, dass sie das natürlich alles nur für Sie tun. Naja, wahrscheinlich nicht wirklich für Sie, denn Sie lesen diesen Text und qualifizieren sich damit für mindestens die Hälfte der anwesenden Parteien.

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Wenn ich nun so im Nachhinein die gerade gesehene Sendung auf mich wirken lasse, um mir zu überlegen, was ich Ihnen darüber erzähle, muss ich sagen, dass das dieses Mal gar nicht so eine leichte Aufgabe ist. Ich könnte Ihnen erzählen, wie Strack-Zimmermann erklärt, weshalb sie die einzige Kandidatin der Parteien ist, die das Wort „Frieden“ nicht auf den Plakaten hat, das ist die Frage, mit der Klamroth die Sendung eröffnet.

Die Eurofighterin müsste für solche Fragen eigentlich gewappnet sein, sie hat sich auch eine Erklärung bereit gelegt, es ist trotzdem interessant, wie sie darauf umlenkt, darauf hinzuweisen, dass ihre Partei auch die einzige ist, die nicht mit Politikern wirbt, die nicht kandidieren. So etwa das Bündnis Sarah Wagenknecht mit Sarah Wagenknecht oder die SPD mit Olaf Scholz.

Aber lesen Sie diesen Artikel heute morgen zum Frühstück wirklich, damit ich Ihnen aufzähle, dass sich auch kein FDP Politiker als Werbung eignen würde? Dass Lindner sich nicht mehr für Wahlplakate eignet, muss ich wohl niemandem erklären. Was könnte also interessanter sein als das Sudoku-Rätsel, das Sie jetzt stattdessen lösen könnten?

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Ich werde die Dinge, die Frau Strack-Zimmermann von sich gegeben hat, jedenfalls nicht inhaltlich kommentieren. Das hat auch pädagogische Gründe, selbst wenn ich da bei der guten Alten wohl auf verlorenem Posten bin. Strack-Zimmermann hat es zu ihrem Wahlkampf-Image gemacht, sich als kämpferisch zu geben, nennt sich Eurofighterin und hat Wahlslogans wie „Ich nerve so lange, bis sich was ändert“. Sie weiß, dass sie unsympathisch ist, und versucht das in etwas positives umzuwandeln. Ihr PR-Team gibt sein bestes und die Strategie wäre grundsätzlich das beste, was man aus ihr rausholen kann. Doch Strack-Zimmermann hat damit auch jeden Anstand, jede grundsätzliche Höflichkeit, den grundlegenden minimalen Respekt, den man als zivilisierter Teil der Gesellschaft vor anderen Menschen hat, komplett über Bord geworfen.

Stattdessen verhält sie sich so, als hätte sie es sich aktiv zum Ziel gesetzt, so unangenehm, aggressiv und unflätig wie möglich zu sein. Sie wirkt damit nicht charakterstark und kämpferisch – sondern zanksüchtig und ätzend. Man muss an diese renitenten Rentner denken, die nur noch die Hälfte mitkriegen und einen grundlos im Supermarkt mit dem Einkaufswagen umfahren, wenn man zu nah an den Gurken steht.

Manchmal fragt man sich, ob sie sich selbst noch reden hört, wenn sie plötzlich beschließt, über die anderen Gesprächsgäste drüber zu zetern. Wenn sie sich selbst nicht mehr zuhört, sehe ich keinen Grund, weshalb ich ihr dabei zuhören muss, wie sie sich auf Kosten der Zuschauer auskotzt. Bitte entschuldigen Sie die Wortwahl, wo Sie doch gerade Ihren Morgenkaffe trinken, aber da sind mir nun die Synonyme ausgegangen.

Ich würde ja sagen, dass Anton Hofreiter eine ähnliche Strategie gefahren ist, aber das wäre ihm gegenüber nun wirklich unfair. Denn Anton H. hat ja nun wirklich schon Leute angebrüllt, als er noch im deutschen Parlament war. Mehrmal musste Klamroth ihn mit erhobenem Zeigefinger ermahnen, dass er sich nur selbst schadet, weil die Zuschauer ihn so doch gar nicht verstehen können.

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Das war in dieser Sendung ein wiederkehrendes Phänomen: „Herr Hofreiter! Her Hooofreiter. Herr Hofreiteee! Herr Hofreiter! Herr Hofreiter und Frau Klöckner! Und Herr De Masi und Frau Strack-Strack-Zimmerman! Sie machen sich alle hier keinen Gefallen, wenn Sie immer hier durcheinander reden, weil dann die Zuschauer nichts mitbekommen.“ Irgendwann erklärte Klamroth seinen Gästen, dass sein Mikro lauter eingestellt wäre, sodass man eh nur ihn versteht. Und tatsächlich wurden die brüllenden Politiker zu Hintergrundgeräuschen, wenn er seine Stimme erhob. Wer sich anhand natürlicher Autorität nicht durchsetzten kann, muss sich eben anders zu helfen wissen.

Dass man mir nun aber nicht den Vorwurf machen kann, ich würde dem Inhaltlichen völlig aus dem Weg gehen, möchte ich nun doch gerne meinen Lieblingsbeitrag auseinandernehmen. Dieser Vorwurf, das möchte ich nochmal zu Protokoll geben, wäre aber so oder so nicht fair, da mir die Anwesenden nicht wirklich etwas geliefert haben, womit ich arbeiten könnte, außer leerer Phrasen und Geschrei.

Doch zum Glück hat Frau Barley sich an diesem Abend ganz besonders schlau gefühlt. Waren ihre Argumente spontan oder zurechtgelegt? Ersteres wäre weniger peinlich, doch die Art, wie sie mit ihren Fingern die „Argumente“ abzählte, weisen eher auf letzteres hin.

Katarina Barley, das muss man wissen, bezeichnet sich zwar lieber als Europäerin denn als Deutsche – unter anderem weil sie zur Hälfte Britin ist, was sie ja super exotisch macht – doch wenn man sie länger über Europa sprechen hört, kann man sich eigentlich nicht mehr erklären, wo das herkommt. Denn eigentlich hat sie einen Privatkrieg mit fast jedem europäischen Politiker, über den sie spricht.

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Ganz vorne Victor Orbán, dicht gefolgt von Georgia Meloni, natürlich findet sie auch Marie Le Pen ganz furchtbar. Ein Muster könnte dabei zu erkennen sein: Wenn Barley fordert, dass mehr Frauen an die Macht kommen sollen, meint sie eigentlich nur eine Frau und zwar sich selbst. Und so ist ihre ganz zentrale Botschaft, Meloni sei gegen den Rechtsstaat. Und das ist sie gerne bereit, anhand von drei Beispielen zu beweisen.

„Also erstens, sie vereinnahmt gerade den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk, was bisher in Italien so noch nicht passiert ist.“ Was sie damit meint und inwiefern es ein Argument sein soll, dass sowas in Italien „noch nicht passiert ist, bleibt sie dem unwissenden Zuschauer leider schuldig. „Zweitens versucht sie die bisher sehr starke unabhängige Justiz zu vereinnahmen.“ Auch dieses „Vereinnahmen“ will Barley uns leider nicht näher erläutern.

Dann kommt der Coup: „Drittens, sie hat eine Parlamentsreform auf den Tisch gelegt, die weltweit einmalig ist. Sie will sich nämlich direkt vom Volke wählen lassen, gibt’s so nicht.“ Dass sie damit nicht mehr ohne weiteres vom Parlament abgewählt werden könne, ist nun der finale und eindeutigste Beweis gegen den Rechtsstaat.

Das ist lustig. Nicht nur, weil Barley ganz offensichtlich panische Angst vor direkter Demokratie hat. Nein, sondern weil Barley in ihrer Juristen-Vorzeige-Vita vorzuweisen hat, dass sie 1990 ihr Auslandsstudium in Paris mit dem Diplôme de droit français, dem Diplom im französischen Recht abgeschlossen hat. Zugegeben, das auch schon wieder dreißig Jahre her.

Aber sind dreißig Jahre wirklich genug, um eine erfahrene Juristin und leidenschaftliche Europäerin vergessen zu lassen, dass der französische Präsident auch direkt vom Volk gewählt wird und auch nicht ohne weiteres vom Parlament abgewählt werden kann? Dass also das, was sie ihren leicht zu beeindruckenden Wählern als Ermächtigungsgesetz einer Faschistin und „weltweit einmalig“ verkauft, gar nicht so weltweit einmalig ist, sondern von unseren direkten Nachbarn praktiziert wird?

Leider können wir Frau Barley das nicht fragen. Und keiner im Studio, Klamroth schon gar nicht, ist darauf gekommen, das wenigstens Faktenchecken zu lassen. Ist ja kein Problem, Frau Barley ist ja auch nur Vizepräsidentin des EU-Parlamentes.

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