Tichys Einblick
Anstieg der Fallzahlen

Karl Lauterbach kündigt höhere Beiträge und geringe Leistungen in Pflege an

Plötzlich und unerwartet seien die Zahlen der Pflegebedürftigen angestiegen, verkündet Karl Lauterbach in Medien. Der Gesundheitsminister hat die Lage nicht mehr im Griff. Höhere Beiträge und schlechtere Leistungen drohen.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die statistische Erfassung ist in Deutschland allumfassend: Gleich mehrere Stellen registrieren minutiös Zahlen und werten sie aus. Etwa zu Renteneintritten, Krankheitsentwicklungen oder Pflegerisiken. Wenn sich Karl Lauterbach (SPD) jetzt im RND hinstellt und sagt: Die Zahlen der neu pflegebürftigen Menschen seien im vergangenen Jahr von 50.000 auf 360.000 Menschen gestiegen. Recht erklären ließe sich das aber nicht – dann ist das in etwa so, als ob ein Autofahrer vom Stau am Kamener Kreuz überrascht wird oder eine Hausfrau von einem angebranntem Kuchen nach 24 Stunden Backzeit.

Die Medien lassen es Lauterbach durchgehen. Sie schulden ihm was. Der Gesundheitsminister verteilt das Steuergeld für Anzeigen in Medien auf eine derart spendable Weise, die ihm eine Rüge vom Bundesrechnungshof einbringt – aber Treue, Liebe und grenzenloses Verständnis, von ihm folgenden Journalisten.

Das RND bedient die Zeitungen der Madsack-Gruppe. An der wiederum ist die SPD beteiligt. Im RND spricht Lauterbach von einem „akuten Problem in der Pflegeversicherung“. Als Ursache nennt er den Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in die Pflege, sodass zum erstenmal zwei Generationen gepflegt werden müssten. Warum dieser „Sandwich-Effekt“ für ihn überraschend kommt, muss Lauterbach nicht beantworten. Die 85 Millionen Euro, die die Ampel im vergangenen Jahr an die Medien verteilt hat, scheint sie gut angelegt zu haben – zumindest aus ihrer Sicht.

Die Pflegeversicherung benötigt laut Lauterbach eine „umfassende Finanzreform“, die sei aber in dieser Wahlperiode nicht mehr zu schaffen. Die Ansichten der Koalitionspartner seien zu weit auseinander. Die jetzigen Leistungen ließe sich mit dem bisherigen Beitragssystem nicht mehr finanzieren. Sprich: Entweder hebt der Gesundheitsminister den Beitragssatz an, kürzt Leistungen oder macht beides zusammen.

Karl Lauterbach ist in der Pflegeversicherung komplett gescheitert. Dargestellt wird es von deutschen Medien so: Lauterbach reagiert schnell und kompetent auf Zahlen, die wirklich niemand kommen sehen konnte und möge bitte die nächste Anzeige auch in unserem Medium schalten. 85 Millionen Euro verteilt die Bundesregierung per Anzeigen im Jahr an deutsche Medien. Angesichts der Vasallentreue, die sie dafür bieten, sind deutsche Journalisten damit guten Gewissens als billig zu bezeichnen.

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