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Geldanlage

Nach der Gold-Rekordjagd beginnt jetzt auch eine Silber-Rally – Lohnt sich der Einstieg?

Während das gelbe Metall rasant zulegte, tat sich bei dem günstigeren Anlagegut lange wenig. Jetzt durchbrach der Silberpreis eine wichtige Marke. Vor allem ein Trend könnte den Preis noch weiter treiben.

IMAGO / Zoonar

Der ohnehin schon hohe Goldpreis erlebte in der vergangenen Woche noch einmal einen kräftigen Schub – auf den historischen Höhepunkt von über 2.400 Dollar beziehungsweise mehr als 2.200 Euro pro Unze. Für die Rally gibt es mehrere Gründe: zum einen die Erwartung einer Zinssenkung der EZB schon im Juni, und einen Zinsschritt der US-Notenbank nach unten noch in diesem Jahr.

Sinkende Leitzinsen machen das Edelmetall im Vergleich zu Anleihen für Investoren attraktiver. Als Preistreiber betätigten sich außerdem mehrere Zentralbanken, allen voran die chinesische, die ihre Goldbestände noch einmal stark aufstockte. Und schließlich nehmen die geopolitischen Unsicherheiten derzeit weiter zu. Das wertstabile Gold gilt zu Recht als ideale Anlage in Krisenzeiten.

Während der Preis für das gelbe Metall schon seit 2023 nach oben strebt, tat sich auf dem Markt für Silber wenig. Hier schwankten die Kosten pro Unze lange zwischen 23 und 25 Dollar oder knapp über 20 bis 23 Euro. Im Mai ging die Kurve dann deutlich nach oben; am 20. Mai erlebte das bisher eher wenig beachtete Anlagegut einen kräftigen Sprung auf über 32 Dollar beziehungsweise 29 Euro – immerhin ein 11-Jahres-Hoch. Wer vor einem Jahr in Silber investierte, kann sich heute über gut 30 Prozent Brutto-Wertzuwachs freuen. Psychologisch wichtig für den Silbermarkt war der Sprung über die Linie von 30 Dollar. Dort blieb der Unzenpreis bisher auch. Einige Marktbeobachter halten es auch für möglich, dass das im Vergleich zum Gold immer noch günstige Metall den Rekord vom April 2011 erreicht oder sogar übertrifft. Damals notierte Silber bei 47,71 Dollar je Unze.

Wertsicherung bei Inflation
Der Goldpreis steigt – und es ist kein Ende in Sicht
Was treibt die Silber-Rally bisher an? Und: Geht es tatsächlich noch weiter Richtung 50 Dollar? Anders als beim Gold bestimmt vor allem die industrielle Nachfrage den Preis. Und die stieg laut Silver Institute 2023 weltweit um 11 Prozent – und dürfte noch weiter zunehmen. Zu den Großverbrauchern von Silber gehört die Photovoltaik-Industrie – sie allein verarbeitete 2023 insgesamt 193 Millionen Unzen mehr als noch im Vorjahr. Auch für die Autoherstellung ist das Metall unentbehrlich. In reinen Batteriemodellen steckt etwas mehr als in Hybridmodellen und ausschließlichen Verbrennern.

Ein weiterer und möglicherweise langanhaltender Nachfrageschub ergibt sich aber aus einem Großtrend jenseits der Antriebsfrage: dem autonomen Fahren. Je stärker sich Automobile in rollende Computer verwandeln, desto mehr Silber benötigen die Hersteller für die Elektronik – Kabel, Sensoren und Chips. Am 8. August will Elon Musk mit dem Tesla-Robotaxi zunächst auf dem chinesischen Markt starten. In autonom oder teilautonom fahrenden Autos und Lastwagen sehen Investoren das größte Wachstumspotential auf dem Automobilmarkt, etwa Cathie Wood, Managerin des Investment-Fonds ARK. Sie glaubt, dass Teslas Robotaxi einen Trend setzt, dem andere Hersteller schnell folgen. Das Silver Institute rechnet jedenfalls für 2024 mit einer um 9 Prozent höheren Silber-Nachfrage gegenüber 2023.

Lohnt sich der Einstieg für Anleger noch? Als Beimischung für das Depot sind Silberbarren sicherlich eine gute Wahl. Und wer schon welche besitzt, sollte mit dem Verkauf noch etwas zögern und beobachten, ob die nächste Barriere von 35 Dollar je Unze demnächst fällt. Allerdings bedeutet die hohe Industrieabhängigkeit auch: Ein Konjunktureinbruch schlägt auch schnell auf Silber durch, während Krisenzeiten den Goldpreis eher treiben. Und anders als beim Goldkauf ist für Silber eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent fällig. Erst wenn die Wertsteigerung darüber liegt, beginnt für den Anleger das Geldverdienen.

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