Tichys Einblick
Start der TE-Serie 'Comeback Deutschland':

Die Antwort ist eine starke Wirtschaft

Die Wirtschaft schwächelt. Finanzminister Christian Lindner hat ein Loch im Haushalt. Beides gehört zusammen. Deutschland braucht ein Comeback, um seine Probleme zu lösen. Wie das geht, beschreibt diese Serie.

picture alliance / Klaus Ohlenschläger

Hand aufs Herz: Wer kann sich noch all die Summen merken, die im Haushalt der Ampel fehlen? Und vor allem: Wer will das? Knapp 14 Milliarden Euro an Steuereinnahmen zusätzlich fehlen nun Finanzminister Christian Lindner (FDP) im kommenden Haushalt, weil die Steuern nicht so sprudeln wie eigentlich erwartet. Doch die Summe ist nicht die Nachricht. In einem Haushalt von rund 450 Milliarden Euro finden sich genug Schliche, um einen solchen Fehlbetrag auszugleichen.

Die eigentliche Nachricht an der falschen Steuerschätzung ist, dass die Bundesregierung nicht weiter Steuern erhöhen kann, und das Geld strömt entsprechend stärker in die Kassen. Erst wer die Perspektive ändert, erkennt, was dahinter steckt. Denn der Staat nimmt keine Steuern ein. Der Bürger tritt einen Teil des Wohlstands, den er erwirtschaftet, an den Staat ab, um davon Leistungen zu bezahlen: etwa die äußere wie innere Sicherheit, den Bau und Erhalt von Straßen, Wasserwegen oder Netz-Verbindungen sowie die Ausbildung der Kinder. Unter Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) hat der Bund die Steuerschraube immer stärker angezogen. In diesem Jahr fließt rund eine Billion Euro vom Bürger zum Staat. Doch der kommt trotzdem nicht mehr mit dem Geld aus – weil er es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch Dinge zu finanzieren, für die er nicht zuständig ist. Etwa NGOs zu pampern, an denen die Parteifreunde der Regierenden verdienen. Deutschland ist an dem Punkt angekommen, an dem jede weitere Steuerlast die Motivation der Bürger, Wohlstand zu erzeugen und an den Staat abzutreten, weiter sinkt und die Abwärtsspirale beschleunigt.

Über zusätzliche Steuern und Abgaben wird die Ampel also ihre Lücken im Etat nicht schließen können. Nicht, dass sie es nicht versuchen würde: Kassenbeiträge, CO2-Steuer, LKW-Maut, Pflegebeiträge oder die Mehrwertsteuer hat die Regierung unter Kanzler Scholz erhöht. Neue Abgaben, wie die Plastiksteuer hat sie erfunden. An der „Tierwohlabgabe“ genannten Fleischsteuer bastelt sie noch. Doch die Ampel hat einen Kipppunkt überschritten: Weitere Erhöhungen von Steuern und Abgaben werden dazu führen, dass die Wirtschaft noch stärker stagniert, als sie es ohnehin schon tut.

Grüne und große Teile der SPD sehen das Heil in (noch viel mehr) Schulden. Die Politik müsse nur genug Geld ausgeben, dann brumme die Wirtschaft von alleine und die Schulden ließen sich locker zurückzahlen. So die Theorie. Die Praxis dazu heißt Griechenland oder Argentinien. Mit dem Schuldenmachen ist es bei Linken wie mit dem Kommunismus: Dass alle Versuche bisher gescheitert sind, bedeutet nichts. Das waren ja keine richtigen Versuche – und der nächste klappt. Bestimmt. Deutschland hat in den vergangenen fünf Jahren unter Finanzminister und Kanzler Scholz Geld rausgekloppt wie blöd: Entlastungspaket I, Corona-Hilfen, Sondervermögen Bundeswehr, Entlastungspaket II, Transformationsfonds, Entlastungspaket III oder „Doppelwumms“. Trotzdem lahmt die deutsche Wirtschaft unter denen der Industrienationen am stärksten. Aber das neue Schuldenpaket würde alles umdrehen?

Spoileralarm: Das wird nicht funktionieren. Weder neue Steuern noch neue Schulden sind der Ausweg aus der Haushaltskrise des Bundes. Und erst recht nicht aus der Wachstumskrise der deutschen Wirtschaft. Was aber dann? Sparen? Nun ist es immer richtig, kein unsinniges Geld auszugeben. Sei es für Radwege in Peru oder für Demokratie-Förderprojekte, von denen die mit Steuergeld Beschenkten nicht einmal erklären können, wofür und wozu sie das Geld ausgeben. Doch eine groß angelegte Sparpolitik schließt höchstens Haushaltslöcher. Der Wirtschaft hilft sie nicht. Sie kann sogar das Gegenteil bewirken, wie historisch die Haushaltspolitik von Kanzler Heinrich Brüning (Zentrum) zu Beginn der 1930er Jahre zeigt.

Die Wirtschaft muss wieder stärker werden. So lautet die Antwort. Das hat sich mittlerweile sogar bei denen rumgesprochen, die diese Erkenntnis jahrelang als rechtes Narrativ bekämpft haben. Vorsichtig ausgedrückt. Etwa bei einem Autorenkollektiv des Spiegels, das sich in der vergangenen Woche mit dem wirtschaftlichen Niedergang der EU beschäftigt hat. Der Zusammenhang zwischen deutscher Wirtschaft und dem Gebaren der EU ist wichtig. Die Probleme der deutschen Wirtschaft lassen sich nicht erklären, ohne nach Brüssel und Straßburg zu schauen. Auch das wird diese Serie tun.

Das Autorenkollektiv des Spiegels kommt jedoch zur Erkenntnis, dass es einfach nur Mehr vom Bisherigen brauche: Mehr erneuerbare Energien, dann werde der Strom günstiger. Und mehr europäischen Zentralismus, dann würden die Unternehmen vor lauter Rechtsgleichheit nicht mehr damit nachkommen, die Milliarden zu investieren. In den USA gäbe es, so argumentiert der Spiegel, weniger Mobilfunkanbieter, weswegen die Netze ausgebaut seien. Gut, in Deutschland hatte die Telekom beim Ausbau das Monopol und das hat ja glänzend funktioniert. Aber Beispiele aus der Praxis sind seit jeher der Erzfeind linker Wirtschaftstheorien.

Die Verweigerung links dominierter Medien, wirtschaftliche Zusammenhänge darzustellen – und auch schon ihre fehlende Fähigkeit, sie zu begreifen, werden Themen dieser Serie sein. Ebenso wie das Mentalitätsproblem, zu dem diese Wirtschaftsfeindlichkeit in Deutschland geführt hat. Der fehlende Leistungswille. Die fehlenden Leistungsanreize.

Außerdem setzt sich diese Serie mit Standortnachteilen auseinander. Dazu gehören die hohen Energiepreise, über die TE ausführlicher als andere, ehrlicher als andere und auch früher als andere berichtet hat. Es geht aber ebenfalls um Standortfragen wie den verkümmerten Finanzmarkt, die demographische Situation oder den Rückstand in relativ neuen Techniken wie der Künstlichen Intelligenz.

„Mit weniger Wirtschaft lässt sich auch weniger Staat machen“, so hat es Martin Wansleben auf den Punkt gebracht. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer weist den Weg aus der Krise auf: ebenso aus der Haushalts- wie aus der Wirtschaftskrise. Eine starke Wirtschaft ist die Antwort. Denn Wirtschaftskrise und Haushaltsloch gehören eng zusammen. Erst wenn das Verhältnis von Sozialstaat und Industrienation wieder ins Lot kommt, findet Deutschland wieder zu sich, erlebt ein Comeback. Über die Balance von Sozialstaat und Wirtschaftskraft geht es in dieser Serie ebenfalls.

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