Tichys Einblick
Wie Politik, Verwaltung und Lehrergewerkschaften Bildung fordern aber private Bildungsinitiativen ausbremsen

Streik statt Kita und Schule: Bildungseifer unerwünscht

Familie Krämer - privater Bildungseifer ist unerwünscht, auch wenn die Notwendigkeit von Bildung in Sonntagsreden lauthals betont wird.

Wenn Kitas streiken, sinken in den betroffenen Kommunen die Gehaltszahlungen für die Erzieherinnen und Erzieher. Ob die Eltern dagegen für die Ausfallzeit entsprechend geringere Beiträge zahlen, ist vielerorts offen. Politiker raten den Eltern, die Erstattung gegebenenfalls einzuklagen. Auf den Mehrkosten, die in Streikzeiten durch eine private Betreuung entstehen, werden viele Familien wohl sitzen bleiben. Die Eltern sind die „Dummen“, nicht nur beim Kitastreik. Und wer dem staatlichen Schulsystem mit seiner Gewerkschaftsdominanz ausweicht, wird bestraft.




Wer Kinder hat, und es sich leisten kann, investiert durchaus bereitwillig in den Nachwuchs – sei es in die schulische oder die vorschulische Bildung. Denn eine qualitativ hochwertige Lernumgebung prägt für den Rest des Lebens. Als wichtiges gesellschaftliches Element sind deshalb Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft aus der deutschen Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Gründe, dass Eltern sich vom staatlichen Bildungssystem verabschieden, liegen am allerwenigsten bei Erziehern und in der Lehrerschaft. Vielmehr liegen sie in den Rahmenbedingungen der Kommunen, in Geldmangel und in politischem bis hin zu ideologischem Einfluss.

Kaum gute Lehre in der Vernachlässigung

Lehrer in einer Klasse mit mehr als 30 Schülern zu sein, denen weder Benehmen noch Respekt vom Elternhaus vermittelt wurde, und in einem wenig homogenen Klassenverband, ist eine sehr spezielle Herausforderung. Dazu kommen in Bausubstanz und Ausstattung oftmals erschreckend heruntergekommene Schulen, die schon als Gebäude Unlust und Vernachlässigung ausstrahlen, die sich auf Schüler und Lehrer gleichsam überträgt. Die Möglichkeiten des Lehrkörpers sich gegen die teilweise erbärmlichen Zustände an den öffentlichen Schulen zur Wehr zu setzen oder gar Kindern Lust auf Schule und Lernen zu machen, sind unter solchen Bedingungen beschränkt.

Das Ziel, selbst auf dem Gymnasium alle Schüler „mitzunehmen“ und sich dabei an den Schwächsten zu orientieren, führt dazu, dass leistungsstarke oder leistungswillige Schüler untergebuttert werden. Zudem fühlen sich zunehmend Eltern ermuntert, bei vermeintlich zu schlechten Noten ihres „Prachtkindes“ oder nach disziplinarischen Maßnahmen mit Anwälten gegen Schule oder Lehrperson vor Gericht zu ziehen.

Kein Wunder, dass sich immer mehr Eltern um die Zukunft Ihrer Sprösslinge Sorgen machen und eine Alternative zum staatlichen Bildungssystem suchen. Nicht umsonst schießen Schulen in freier Trägerschaft wie Pilze aus dem Boden, auch im strukturschwachen Ruhrgebiet. Selbst in Duisburg, an der St. George’s – The English International School, gibt es lange Wartelisten, obwohl die Bildungskosten monatlich rund 1.000 Euro pro Kind betragen und obwohl die Schule in der Vergangenheit kräftig ausgebaut und inzwischen mehr als 700 Schüler aufgenommen hat.

Schulen wie die St. George’s wurden einst gegründet, um internationalen Führungskräften den mittelfristigen Aufenthalt in Deutschland zu erleichtern, indem ihre Kinder für zwei oder drei Jahre im gewohnten Schulsystem bleiben konnten. So bietet diese Schule auch die britischen Abschlüsse A-Level und IB (International Baccalaureate) an.

Doch heute sind es überwiegend deutsche Kinder, die in englischer Schuluniform brav dem englischsprachigen Unterricht folgen und sich an das britische Curriculum anpassen. Ihre Eltern finden hier das, was sie an öffentlichen Schulen vermissen: individuelles Fördern, gute Kommunikation, Einfordern und Leben von gegenseitigem Respekt und Disziplin. Der Essener Familienvater Ralf Krämer etwa hat alle drei Kinder auf dieser Schule, nachdem die Grundschule im Stadtteil von Wissenshunger und Lernwillen der beiden älteren Kinder – heute 13 und 15 Jahre alt – schlicht überfordert war.

Kampf gegen Privatinitiative

Das jährliche Schulgeld von rund 12.000 Euro pro Kind und die anfallenden Kosten für Schuluniform, Prüfungen und ähnliches summieren sich bei den drei Kindern auf ein gut ausgestattetes Mittelklassefahrzeug. Dass dieses Geld nicht sinnlos verprasst wird, dürfte jedem noch einleuchten. Dass dieses Geld sinnvoll investiert wurde, scheint angesichts der Berufschancen auch logisch. Aber warum belohnt der Staat solche Investitionen in die Leistungsfähigkeit seines Nachwuchses nicht stärker mit steuerlichen Vorteilen? Mit 1500 Euro pro Kind – 30 Prozent des jährlichen Schulgeldes von maximal 5.000 Euro pro Kind an staatlich anerkannten Schulen in freier Trägerschaft – kann der Familienvater nur einen kleinen Teil der Kosten als Sonderausgaben bei der Steuer geltend machen. Die „Bildungsnetzwerke“ aus Länderregierungen, Kultusministerkonferenz Lehrergewerkschaften und Kommunalverwaltungen setzen alles daran, ihre Erziehungsallmacht nicht abzugeben. Wenn Eltern den pekuniären Nachteil schlucken, dann soll es an anderer Stelle wehtun. So kam kürzlich bei der großen Diskussion aufgebrachter Eltern in Frankfurt am Main um die Vergabe der Plätze an den städtischen Gymnasien heraus, dass diejenigen Schüler, die eine Grundschule in freier Trägerschaft besucht hatten, bei der Vergabe der Plätze an städtischen Gymnasien erst berücksichtigt wurden, wenn die Schüler der städtischen Grundschulen untergebracht waren – Neigungen, Wohnortnähe und Erhalt von Sozialstrukturen galten nicht für die „Abtrünnigen“. Zynischer geht Bildungspolitik auf dem Rücken von 9- und 10-Jährigen nicht mehr.

Damit ist die Diskriminierung aber noch nicht am Ende. Während in Nordrhein-Westfalen die Gesamtschulnoten per Ministererlass einst um eine ganze Note hochgestuft wurden, damit die leistungsschwächeren Kinder auch Studienplätze bekamen, werden die internationalen Abschlüsse mit Abschlägen bedacht. Von einem sehr guten IB – ab 40 Punkten und mehr – kann man an so renommierten Universitäten wie Harvard oder Yale gleich einige Semester überspringen. In Deutschland wird ein Abschluss mit 41 Punkten etwa mit der Note 1,9 berechnet, also für begehrte Numerus Clausus Fächer ungeeignet. Und somit kann ein deutscher Schüler mit einem 41 Punkte IB in Harvard oder Cambridge mit Leistungsbonus studieren, findet sich aber in Deutschland selbst für die kleinsten deutsche Universität in der Provinz auf der Warteliste für das NC-Wunschstudium wieder.




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