„In Malta wollte die EU beides: als moralischer Leuchtturm erscheinen und den knallharten Problemlöser geben. Irgendwo dazwischen wird die Union in der Ära Trump ihr Heil suchen.“ Schreibt Daniel Brössler in der Süddeutschen Zeitung AM WOCHENENDE. Liest man seinen Leitartikel und die Beiträge seiner Kollegen auf mehreren Seiten, kehrt sich die Schlagzeile um: Von „Ängstliche Entschlossenheit“ in entschlossene Ängstlichkeit.
Stefan Kornelius hat den Titel seines Artikels vermutlich nicht selbst gemacht: „Die Revolution frisst das Land“, jedenfalls stellt er zu Trumps vielbelästerten Dekreten am laufenden Band fest, „sind seit 40 Jahren beliebte Regierungswerkzeuge … “ und: „Überhaupt hat sich im US-System in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich die Macht zugunste des Präsidenten verschoben … Trump übernimmt nun nicht nur die Exekutiv-Vollmachten, die seit Bush auch mehr und mehr das Militär und sogar die Vollmacht zur Tötung eigener Staatsbürger umfasst.“
Von beiden Häusern erwartet Kornelius keine wirksame Kontrolle Trumps, eher von einzelnen Staaten und Gerichten. Nach Kornelius „wäre es auch nicht weiter verwunderlich, wenn während der Trump-Amtszeit die Nuklearwaffe der präsidentiellen Kontrolle gezündet würde: ein Amtsenthebungsverfahren.“ Das wäre das erste mal in der US-Geschichte. – Übrigens gab es zwei Amtsenthebungsverfahren, die aber nicht erfolgreich waren: 1868 gegen Andrew Johnson und 1999 gegen Bill Clinton.
Gegenüber Israel, macht Reymer Klüver aufmerksam – „Tweets und andere Überraschungen“ – , und Peter Münch in – „Trump gibt, Trump nimmt“ – : Trump hat seine Leute den Segen für neuen Siedlungsbau in Israel wieder halb zurücknehmen lassen. Der unterschiedliche Trump-Ton der verschiedenen SZ-Redakteure ist für sich interessant.
Mitleid mit Sigmar Gabriel löst Stefan Brauns Bericht über des Außenministers Besuch in Washington aus: kein gemeinsamer Auftritt mit dem Vizepräsidenten, keiner mit dem US-Außenminister. Beim Besuch der Library of Congress habe man Gabriel „deutsche Übersetzungen der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung“ gezeigt. Wenn schon keiner der Amis, der SZ-Korrespondent hätte Gabriel besser nach Philadelphia, zum Assembly Room of Independence Hall geführt. Dort gibt es handgeschriebene Originale der Unabhängigkeitserklärung Englisch und Deutsch. Es soll gar nicht sicher sein, welche Fassung früher ausgefertigt wurde.
Insgesamt in der SZ am Wochenende durchwachsene Trump-Bashing-Werte.
Der große Dickbauch-Sonntag
In der Titelgeschichte der Welt am Sonntag vom 5.02. „Markt der guten Hoffnung“ von Anette Dowideit und Wiebke Hollersen dreht sich alles rund um das Thema Schwangerschaft. Oder besser die regelrechte Schwangerschaftsindustrie, die sich um die immer später und seltener gebärenden Frauen herum gebildet hat. Wie sinnvoll ist es, bei jeder Untersuchung auch gleich immer ein Ultraschall des Kindes zu zeigen. Wie stark verunsichert es die Mütter, wenn das Ultraschall dann mal nicht angeboten wird. Dann stellen sich der verunsicherten Mutter schnell Fragen, wonach mit dem Kind nicht alles in Ordnung sein könnte. Die Dichte an Angeboten, an „Schwangerschaftsmassagen, Schwangerschaftsyoga, Stillberatung, Stoffwindelberatung. Frauenärzte, Hebammen, Klinikmanager und Geburtshausleiterinnen sind ab sofort an der Frau interessiert – und Doulas. Auch wenn sie nicht einmal ahnt, was eine Doula ist.“
Viele wissen erst, was eine „Doula“ ist, seitdem der Begriff zum ersten Mal in der Serie Gilmore Girls aufgetaucht ist. Damit Sie nicht lange suchen, hier die Definition von Doula bei Wikipedia: „Eine Doula (von altgriechisch δούλη (doúlē) „Dienerin“, „Sklavin“, „Magd“) ist eine Frau, die einer werdenden Mutter vor, während und nach der Geburt als emotionale und physische Begleiterin zur Seite steht. Sie versteht sich als Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbettbegleiterin. Sie kümmert sich um die Frau, entlastet den Partner und hilft ihm, mit der Situation zurechtzukommen. Voraussetzung für diesen Beruf ist, dass eine angehende Doula selbst zumindest ein Kind geboren hat. In Deutschland und Österreich ist diese Berufsgruppe noch nicht sehr bekannt, in der Schweiz hat sich der Bekanntheitsgrad in den letzten Jahren vergrößert.“ Auch hierzulande ist eine Doula bald wohl nicht mehr wegzudenken aus dem bunten Potpourris an Möglichkeiten.
Wenn die werdende Mutter sich nicht frühzeitig eine Beleghebamme organisiert, wird es schwer bis unmöglich noch eine zu bekommen. Frühzeitig bedeutet hier zwischen der fünften und achten Schwangerschaftswoche. Eine Schwangerschaft bedeutet heute für viele Frauen einen schier unübersichtlichen Hindernisparcours, den man aber mittels sogenannter „Schwangerschaftsconcierges“ leichter durchdringen und überwinden kann. (Eine „Schwangerschaftsconcierge“ könnte praktischerweise doch auch gleichzeitig eine Doula sein, aber auch nur dann, wenn sie denn eben selbst schon ein Kind geboren hat (Diskriminierung?). „Eine Schwangerschaft dauert 40 Wochen. Die Liste der Dinge aber, die idealerweise zu regeln sind, umfasst über 100 Punkte.“ Je mehr eine selten und spät gebärende Frau an Personen/Personal/Ärzte/Betreuer um sich herum aufbaut, desto mehr werden Ängste zerstreut. Sollte man zumindest annehmen. Manchmal hilft auch all das nicht, um zu beruhigen oder Sorgen zu nehmen.
Sie alle werden Frauen kennen, die sich etwas später für die Mutterschaft entschieden haben. Und wenn Sie auch noch Frauen kennen, die mit Anfang 20 und auch mit Mitte 40 nicht in den (kann man das noch sagen?) „Genuß“ einer solch umspannenden Versorgung kommen, sondern bis auf ein paar Untersuchungen beim Frauenarzt am Ende auch noch ganz alleine ins Krankenhaus zur Entbindung fahren, ist die Diskrepanz zwischen all den beschriebenen Angeboten aus dem wirklich informativen und interessanten Beitrag umso enormer. Auf der einen Seite soll einem größtmögliches Angebot dabei helfen, Unsicherheiten zu nehmen („Service gegen die Angst“) – tut es das aber tatsächlich? Auf der anderen Seite entsteht ein ungeheurer Druck, von Anfang an auch ja alles richtig zu machen. Der (gedankliche) Kontrast dazu wieder: Die einsame anfangs 20jährige, die ohne viel Vorsorge ohne gepackte Krankenhaustasche alles ganz alleine bewältigen muss. Je älter die Frau, desto höher auch Risiken während der Schwangerschaft. Keine Frage, bedeutet die Vielzahl an heutigen Möglichkeiten für werdende Mütter eine große Bereicherung.
Trump macht alles besser – Wirklich?
Natürlich kommt man derzeit nirgends nie nirgendwo an Trump vorbei. „Trump macht sogar das Wasser besser“ ist ein sehr interessanter und überaus lesenswerter Beitrag von Ansgar Graw. Graw besuchte amerikanische Bergarbeiter und Einwohner in Grundy, Virginia. In Buchanan County haben 80% Donald Trump gewählt. Vor zehn Monaten war Graw schon mal an Ort und Stelle, besuchte die Gegend und die Menschen nun erneut und schrieb auf, was ihm diese über die Politik von Trump erzählt haben.
„Aufwärts! Es geht aufwärts!“, ruft David, der Wortführer, ein mächtiger Mann mit blitzenden Augen und ansteckendem Lachen.
Zustimmendes Nicken. „Obama wollte den Kohlebergbau sterben lassen. Aber Donald Trump gibt uns wieder Hoffnung“, sagt ein anderer. Auch das wird reihum bestätigt. Nur einer wiegelt ab: „Jetzt schauen wir erst mal. Alle Politiker versprechen viel. Mal sehen, wie viel Trump einlösen kann.“
Eine Gegend wie so viele in den USA außerhalb der großen Metropolen, wo die Hoffnung auf die Verwirklichung von Trumps Wahlversprechen groß ist, wo aber auch abgewartet wird, was tatsächlich passiert. Der Beitrag ist frei von Wertungen, von Vorurteilen – souveräner Journalismus.
Direkt nebenan beschreibt Sascha Lehnartz in „Das Nazi-Dilemma der Demokraten“ den mehr als problematischen Umgang der „Demokraten“/“Linken“ mit Personen wie Milo Yiannopoulos (Breitbart) und sonstigen Wählern und Sympatisanten Trumps, der in der letzten Woche in gewalttätigen Ausschreitungen von schwarz vermummter Antifa gegenüber Trump-Anhängern sowie in der Beschädigung und Zerstörung von öffentlichen und privatem Eigentum in Berkeley gipfelte. Der Auftritt von Yiannopoulos wurde erfolgreich verhindert, die Antifa jubilierte. Trump twitterte, die Universität verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen. Und Madonna möchte das Weiße Haus in die Luft jagen. Offensichtlich stellen sich „Demokraten“ das unter neuer Normalität vor, so lange, bis sie einen demokratisch gewählten Präsidenten aus dem Amt geschimpft haben.
Überhaupt kommt die Welt am Sonntag ohne das vielerorts völlig ausufernde „Trump-Bashing“ aus.