Tichys Einblick
Selbstbestimmungsrecht

SPD-„Patientenbeauftragter“ will Patientinnen Vorsorgeangebot nehmen

Stefan Schwartze ist der „Patientenbeauftragte der Bundesregierung“. In dieser Funktion möchte er sogenannte IGeL-Leistungen in Arztpraxen wie Ultraschalluntersuchungen bei Frauen zur Krebsfrüherkennung verbieten. Dies wäre ein autoritärer Übergriff auf gesundheitliche Selbstbestimmung. Von Lothar Krimmel

picture alliance / Jacqueline Nolting | Jacqueline Nolting

Die Attacken rotgrüner Politiker auf das gesundheitliche Selbstbestimmungsrecht von Patientinnen und Patienten haben eine neue Stufe erreicht. Rote und grüne Männer wollen es Patientinnen künftig verbieten, sich bei ihrer Frauenärztin auf den gefährlichen Eierstockkrebs untersuchen zu lassen.

Angekündigt hat diesen Anschlag auf die Patientenrechte der als „Patientenbeauftragter der Bundesregierung“ firmierende SPD-Politiker Stefan Schwartze. Wörtlich sagte er: „Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten, auch im Rahmen von IGeL.“ Mit IGeL sind Individuelle Gesundheitsleistungen gemeint, also solche ärztlichen Leistungen, die von Patientinnen und Patienten nachgefragt, aber nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden.

SPD und Grüne wollen Früherkennung auf Eierstockkrebs verbieten

Konkret nannte Schwartze die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke. Diese Untersuchung sei eine der am meisten „verkauften“ Leistungen. Sie schade aber, weil es häufig falsch-positive Befunde gebe und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe folgten, erklärte er.

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Worum geht es? Es geht um das Ovarialkarzinom, also den Eierstockkrebs. An diesem Krebs erkranken jedes Jahr mehr als 7.000 Frauen, womit etwa jede 70. Frau im Laufe ihres Lebens davon betroffen ist. Weniger als 10 Prozent der Fälle treten vor dem 45. Lebensjahr auf. Mit mehr als 5 Prozent aller Krebssterbefälle ist der Eierstockkrebs nach dem Brustkrebs die häufigste tödliche gynäkologische Krebserkrankung. Und die besonders traurige Botschaft: Etwa 75 Prozent der Fälle werden seit Jahrzehnten in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, weil dieser Krebs über lange Zeit kaum Beschwerden verursacht. Das 5-Jahres-Überleben liegt daher nur bei wenig mehr als 40 Prozent. Mehr als 50 Prozent der Frauen sind also fünf Jahre nach der Diagnose verstorben, was im Vergleich mit anderen Krebserkrankungen ein erschreckend hoher Wert ist.

Bereits seit Jahrzehnten wird deswegen versucht, mit Früherkennungs-Untersuchungen diese Krebsart in einem früheren Stadium zu entdecken, in dem noch gute Heilungsaussichten bestehen. Neben dem Tumormarker CA 125 steht dabei vor allem die Sonographie im Vordergrund, also die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke und ihrer Umgebung. Angesichts der großen Fortschritte sowohl der Ultraschalldiagnostik als auch des Managements verdächtiger Befunde hat sich die Sonographie des kleinen Beckens der Frau als dem Sitz der Eierstöcke inzwischen zu einer überragenden diagnostischen Methode weiterentwickelt Die meistenl der untersuchenden Gynäkologinnen lassen diese Untersuchung daher auch bei sich selbst durchführen.

SPD-Informationen stammen aus letztem Jahrtausend

Die Aussage über die angebliche Schädlichkeit einer Untersuchung auf Eierstockkrebs betrifft Untersuchungen aus dem letzten Jahrtausend. Der Untersuchungszeitraum war von 1993 bis 2001, liegt also mehr als 20 Jahre zurück. Der Bezug angeblicher Patientenschützer auf Untersuchungen aus dem letzten Jahrtausend mutet in etwa so an, als würde man im Jahr 2024 sagen, dass es unsinnig sei, Elektroautos zu bauen, weil man bereits 1994, also vor 30 Jahren, dies mit dem damaligen Wissen und den damaligen technischen Möglichkeiten als nicht sinnvoll angesehen habe.

Heute ist nicht nur die Ultraschalldiagnostik deutlich verbessert; auch der Umgang mit verdächtigen Befunden erfolgt viel behutsamer, sodass negative Auswirkungen durch aggressive Überdiagnostik so gut wie ausgeschlossen sind. Wenn heute eine sorgfältige Untersuchung mit modernster Diagnostik etwas Auffälliges ergibt, so ist die anschließende Abklärungsdiagnostik nicht etwa „schädlich“, sondern im Interesse der Frau absolut sinnvoll.

Bereits die Untersuchungen aus dem letzten Jahrtausend haben den Schluss zugelassen, dass eine individuelle Vorsorge-Untersuchung auf Eierstockkrebs diesen Krebs in einem deutlich früheren Stadium entdeckt und damit die Überlebenschancen der Frauen verbessert. Und eine nachfolgende Studie, die in den Jahren 2001 bis 2005 die Ultraschalluntersuchung mit einem Labortest auf den Tumormarker Ca 125 kombinierte, hat auf eine Reduktion der Sterblichkeit um 20 Prozent hingedeutet, wobei der positive Effekt umso deutlicher wurde, je länger der Nachbeobachtungszeitraum war.

Heutige Studien mit weit fortgeschrittenerer Technik und besserem Management der Verdachtsfälle und vor allem deutlich optimierten Behandlungsverfahren würden wahrscheinlich noch weitaus bessere Resultate bringen. Auch in anderen Bereichen hat sich immer wieder gezeigt, dass die Kassenmedizin dem medizinischen Fortschritt teilweise um Jahrzehnte hinterherhinkt. Warum soll es den Frauen verboten werden, diese technologische Lücke auf eigene Kosten für sich zu schließen?

Anschlag auf individuelles Vorsorgerecht ist verfassungswidrig

Auch die Aussage des „Patientenbeauftragten“ Stefan Schwartze, die „Fachgesellschaften“ würden die individuelle Vorsorge aus Eierstockkrebs als „schädlich“ bezeichnen, ist eine Lüge und damit eine massive Irreführung der Patientinnen. Der Berufsverband der Frauenärzte hat hierzu eindeutig Stellung bezogen und dabei vor allem darauf hingewiesen, dass die Ultraschalluntersuchung des kleinen Beckens deutlich mehr umfasst als nur die Untersuchung der Eierstöcke.

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Natürlich hat die Attacke des „Patientenbeauftragten“ ohnehin nicht die geringste Aussicht auf Erfolg. Einer Patientin das Recht zu entreißen, eine individuelle Krebsvorsorge in Anspruch zu nehmen, verstößt in elementarster Weise gegen Artikel 2 unseres Grundgesetzes, und zwar gegen beide Absätze dieses Artikels. Absatz 1 heißt: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.“ Und Absatz 2 lautet: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“

Das Perfideste an der verfassungsfeindlichen Attacke des „Patientenbeauftragten“ ist jedoch, dass er mit seinem Anschlag auf die Patientinnen-Rechte nichts anderes bezweckt, als von der begrenzten Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzulenken. Die GKV darf nämlich Früherkennungs-Untersuchungen nur dann bezahlen, wenn sie für alle Versicherten angeboten werden. Früherkennungs-Untersuchungen, die nur aus der Sicht eines einzelnen Patienten Sinn machen, darf sie dagegen nicht bezahlen.

Der angebliche „Patientenbeauftragte“ hat im Übrigen offensichtlich nicht den Unterschied verstanden zwischen dem Screening, also der angeordneten Untersuchung aller Frauen auf Ovarialkarzinom, und dem individuellen Wunsch einer einzelnen Frau, über ihren aktuellen Eierstockbefund informiert zu werden. Für die einzelne Frau, die über die aktuelle Wahrscheinlichkeit eines Vorliegens von Eierstockkrebs informiert werden will, hat die Tatsache, dass eine solche Untersuchung kein Screening-Test für alle Frauen ist, nicht die geringste Bedeutung.

Auffällig bei diesem Thema ist ferner, dass einige linke und grüne Männer allen Frauen vorschreiben wollen, wie sie mit ihrer Besorgnis hinsichtlich eines Tumors ihrer weiblichen Geschlechtsorgane umgehen sollen. Vielleicht hilft diesen Männern ein Beispiel aus der Automobilbranche, um das weibliche Problem zu verstehen. Es mag sein, dass weder die Autohaftpflicht- noch die Unfallversicherung einen jährlichen Check der Bremsen übernimmt, weil es aufgrund von Studien aus dem letzten Jahrtausend keine gesicherten Erkenntnisse gibt, dass dies die Unfallhäufigkeit signifikant reduziert. Aber warum um alles in der Welt soll deswegen dem einzelnen Autofahrer verboten werden, einen jährlichen Check der Bremsanlage seines Fahrzeugs vornehmen zu lassen, um sich damit ein gutes und sicheres Gefühl beim Autofahren zu „erkaufen“?

Wer dermaßen ignorant Patientenrechte aushebeln will, ist als „Patientenbeauftragter“ untragbar geworden. Alles andere als ein sofortiger Rücktritt dieses veritablen Patientinnenfeindes wäre ein Skandal. Und jeder Tag mehr, den ein solcher Mensch sich „Patientenbeauftragter“ nennen darf, ist ein verlorener Tag für die Interessen von Patientinnen und Patienten.

Linke Volkserzieher und grüne Verbotsfanatiker

Wo linke Volkserzieher aufmarschieren, sind grüne Verbotsfanatiker nicht weit. Janosch Dahmen, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, sprang seinem roten Kollegen zur Seite und verstieg sich zu der Behauptung, die Patienten benötigten einen „Schutz vor Behandlungen, bei denen die Wirksamkeit nicht erwiesen“ sei.

Der Patient soll sich also nicht selbst über die für ihn relevanten Angebote informieren und sich dann entscheiden. Er soll vielmehr derselben rotgrünen „Wissenschaft“ folgen, die ihm die Masken und die gentechnologische Impfung als „Schutz vor Ansteckung mit und Übertragung von Covid“ verkauft hat. Und alles andere wird ihm schlichtweg verboten.

Die Grünen also, die unter Anstiftung durch eben jenen Janosch Dahmen im April 2022 im Deutschen Bundestag als einzige Fraktion zu 100 Prozent für die Impfpflicht der Deutschen mit einer Hochrisikosubstanz gestimmt haben, genau dieselben Grünen möchten nun allen Frauen die Möglichkeit nehmen, ihre Eierstöcke auf bösartige Veränderungen untersuchen zu lassen.

Wie lange noch wollen sich die Bürger von den autoritären rotgrünen Geisterfahrern das Land, ihre Gesundheit und ihr Leben vor die Wand fahren lassen?


Dr. med. Lothar Krimmel, Facharzt für Allgemeinmedizin, war von 1992 bis 2000 Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und damit ein genauer Kenner des Medizinsektors.

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