Deutschland ist das Land der Stiftungen. Im Jahr 2022 überstieg die Zahl erstmals die Marke von 25.000, die meisten davon in westdeutschen Bundesländern. Etwa 90 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts sind laut Datenbank des Bundesverbandes steuerbegünstigt. Steuerbegünstigte Stiftungen verfolgen gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke. Damit gibt es hierzulande mehr Stiftungen, als man in Europa Hochschulen findet, nämlich 5000, und man mag es kaum glauben: Auch die Anzahl der Dönerläden in Deutschland, 18.000, kommt nicht an die über 25.000 Stiftungen heran.
In Stiftungen verwirklichen sich Familienunternehmen selbst oder bringen ihr Vermögen vor einem ineffektiven Staat in Sicherheit. So weit, so verständlich. Doch Stiftungen dienen auch politischen Zwecken von Parteien. Mal ganz explizit: wie die „parteinahen“ Stiftungen, wie es euphemistisch heißt, die mit mehr als 600 Millionen Euro von Steuergeldern unterstützt werden. Außer, man steht, wie die Desiderius-Erasmus-Stiftung mit Sitz in Lübeck, der AfD nahe, dann gibt es kein Geld.
Vertrauen in den Staat
Auf der anderen Seite findet man in Deutschland auch Stiftungen mit politischem Hintergrund, der zwar nicht auf den ersten Blick auf Parteien hindeutet, nach dem zweiten Hinsehen jedoch allemal. Diese implizite Stimmungsmache unterstützen in Teilen auch Unternehmen, was überrascht, wenn es um Themen wie „Klima“ oder „große Transformation“ geht.
Die „Stiftung Klimawirtschaft“ ist so eine Institution. Sie beschreibt ihre Mission wie folgt: „Klimaneutralität erfordert nicht weniger als eine grundlegende Transformation nahezu aller gesellschaftlichen Bereiche. Und die Wirtschaft spielt dabei eine ganz zentrale Rolle: Sie muss von einem Teil des Problems zu einem Teil der Lösung werden“, heißt es auf ihrer Internetpräsenz. Dabei seien die Herausforderungen für Wirtschaft und Industrie, die dies unter den Bedingungen der globalen Wettbewerbsfähigkeit umsetzen müssen, enorm. „Damit die Klimaziele von Paris eingehalten werden können, ist nicht weniger als eine industrielle Revolution erforderlich, die in weniger als 25 Jahren global und erfolgreich umgesetzt werden muss.“
Das liest sich wie das Programm der Grünen. Auch dort ist von einer „ökologischen Transformation“ die Rede, die Unternehmen umzusetzen haben, damit sie in Deutschland weiterhin erfolgreich sein können. Teilweise ähneln sich die Mission der „Stiftung Klimawirtschaft“ und die Forderungen der Grünen kaum mehr im Wortlaut. So heißt es im Wahlprogramm von 2021: „Nur wenn auch der Staat seinen Teil beiträgt, wenn öffentliche und private Investitionen gemeinsam auf ein Ziel ausgerichtet werden, wird Europa den Anschluss im Bereich moderner Zukunftstechnologien halten und sich im Wettbewerb mit den USA und China behaupten können. Wir starten in der nächsten Legislaturperiode eine Investitionsoffensive.“
50 Unternehmen kämpfen gegen Rechts
Aktuell startete die Stiftung einen Appell mit über 50 Unternehmen aus Deutschland, darunter die Deutsche Telekom, die Drogeriemärkte dm und Rossmann, die Bilfinger SE und viele mehr. „Die Unternehmen sehen die Transformation zur Klimaneutralität als klare Chance, um langfristig wirtschaftlich in Deutschland erfolgreich zu sein“, heißt es dort. Benötigt würde hier ein Schulterschluss von Bundesregierung und demokratischer Opposition. Weiter ist sich die „Stiftung Klimawirtschaft“ sicher, dass „die neue Rechte unsere Demokratie und den Wirtschaftsstandort Deutschland bedroht“.
Schaut man sich den Vorstand an, wird endgültig klar, dass die Stiftung Klimawirtschaft so etwas wie eine Vorfeldorganisation der Grünen ist. Chefin der Stiftung ist eine gewisse Sabine Nallinger. Nallinger war im Münchener Stadtrat für Bündnis 90/Die Grünen tätig, wo sie vor allem energie-, stadtentwicklungs- und verkehrspolitische Themen betreute. 2014 kandidierte sie erfolglos für das Amt der Oberbürgermeisterin von München. Ferner ist sie Mitglied des Beraterkreises der Fraport AG. Der Flughafenbetreiber ist ein Fördermitglied der Stiftung Klimawirtschaft.
Nicht die erste und nicht die letzte grüne Vorfeldorganisation
Auch ihr Stellvertreter, Martin Kaul, hat eine politische Vergangenheit. So war er Büroleiter des Fraktionsvorstandes der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin, bevor er persönlicher Referent des Grünen-Bundestagsabgeordneten Dr. Hermann E. Ott wurde. Ott ist heute nicht mehr im Bundestag, sondern schlägt als grüner Lobbyist eine ähnliche Karriere wie Kaul ein: Laut Wikipedia baut er seit dem 1. September 2018 das deutsche Büro der internationalen Umweltrechtsorganisation ClientEarth in Berlin auf.
ClientEarth hat enge Kontakte zur Deutschen Umwelthilfe (DUH), die sie bei Prozessen vertreten hat. Lange Zeit war auch Ida Westphal als Juristin für ClientEarth tätig. Sie war „Fellow“ bei der Mercator-Stiftung; jener Stiftung, die den Ex-DUH-Chef Rainer Baake bei der Etablierung seiner „Agora“-Denkfabrik unterstützte. Außerdem war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Öko-Institut. Damit verdrahtet ist auch der Graichen-Clan. Rebekka Popp, zuständig für europäische und internationale Politik bei der Stiftung, war früher für das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und dem Berliner Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen aktiv. Daniel Hufeisen (Leitung Kommunikation) war Pressesprecher für Greenpeace Deutschland und der DUH. Als die Stiftung noch Stiftung 2° hieß, war sie Partner der Agora Verkehrswende und ist heute weiterhin Partnerin der Agora Energiewende.
Die größte Einzelspende erhielt die Stiftung im Jahr 2022 vonseiten der European Climate Foundation (ECF), einer Schlüsselfigur im internationalen Öko-Lobby-Geflecht, von der sowohl die DUH als auch die Agora profitiert haben. Die ECF überwies der Stiftung Klimawirtschaft rund 200.000 Euro. Zuschüsse in Höhe von rund 170.000 EUro kamen vonseiten des Budnesumweltministeriums. Die Beträge von den Förderern aus der Wirtschaft bewegten sich dagegen häufig im mittleren fünfstelligen Bereich. Die höchsten Zuschüsse kamen freilich von den Unternehmen, die auch im Kuratorium sitzen, wie etwa Otto, Schwäbisch Hall, EnBW, Salzgitter AG (alle 50.000 Euro) und Schüco (120.000 Euro).
Die Stiftung Klimawirtschaft war nicht die erste und wird auch nicht die letzte Vorfeldorganisation der Grünen sein. Neben der Rettung des Klimas schreiben sich Unternehmungen wie diese auch den Kampf gegen Rechts auf die Fahnen. Daher erstaunt es umso weniger, dass große deutsche Unternehmen dem Zeitgeist hinterherlaufen und Stiftungen wie diese unterstützen. Die Frage bleibt, wie nachhaltig diese Firmenpolitik auf Dauer ist, wenn sich der gesellschaftliche Trend von linksgrün wegbewegt.