Tichys Einblick

Der Anschlag auf Tesla zeigt, wohin Appeasement bei Klimaextremisten führt

Ein Brandanschlag von Linksextremisten legt das Tesla-Werk in Grünheide lahm und sorgt für einen Stromausfall in den Nachbargemeinden. Der Angriff gilt auch Elon Musk als Luzifer der Klimabewegung. Vor allem steht er aber in einer historischen Tradition.

IMAGO

Und plötzlich sind es Linksextremisten. Nicht die nach Nancy Faeser größte Gefahr in der Bundesrepublik, nicht Rentnerputschisten und Potsdam-Verschwörer, sondern die „Vulkangruppe“ hat sich zum Anschlag auf die Tesla „Gigafactory“ in Grünheide bekannt. Im Sommer 2023 hatte die „Vulkangruppe Lützerath“ einen Brandsatz an das Heizkraftwerk Reuter West in Berlin angebracht.

Das solche Sabotageaktionen im Großen an die Sabotageaktionen im Kleinen erinnern, sollte nicht verwundern. Wer signalisiert, dass die Lahmlegung des Berufsverkehrs oder das Eindringen auf das Gelände von Flughäfen und Kohlekraftwerken eine Petitesse sind und die Verantwortlichen ein Demokratiezeugnis vom Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes ausgestellt bekommen, sollte sich über Trittbrettfahrerei und Radikalisierung nicht wundern.

Es ist vermutlich nicht der erste Angriff der „Vulkangruppe“ auf Tesla. Schon 2021 stand die Gruppe im Verdacht, einen Anschlag auf die Stromversorgung der damaligen Tesla-Baustelle verübt zu haben. Auf Indymedia warfen die Extremisten dem US-Konzern vor, „weder grün, ökologisch noch sozial“ zu sein.

Bereits zuvor hatten 100 Tesla-Gegner ein Waldstück in der Nähe besetzt und dort nach dem Vorbild des Hambacher Forstes Baumhäuser gebaut. Die Polizei hat diese Besetzung – unter Auflagen – geduldet.

Der Brandanschlag auf einen Strommast in der Nähe der Fabrik hat nicht nur zum Stillstand der Tesla-Produktion geführt, sondern auch in den anliegenden Gemeinden Freienbrink, Erkner, Neu Zittau, Dahlwitz-Hoppegarten, Neuenhagen, Woltersdorf, Schöneiche und Gosen den Strom ausgeknipst. Der Kampfmittelräumdienst war laut Bericht der Märkischen Allgemeinen im Einsatz, wohl aufgrund eines Zeltes das mit der Aufschrift „Kampfmittel hier verbuddelt!“ warnte. Der Schaden dürfte in die Millionen gehen.

Der Fall ist nicht nur wieder ein Beleg für die Schere zwischen Wahrnehmung und Realität – nichtig darüber zu spekulieren, was medial und politisch los wäre, wenn der Urheber aus dem gegenüberliegenden Lager gekommen wäre. Dass das ökologische Lager in einen möglichen Öko-Terrorismus abdriften könnte, ist schon vor Jahren prognostiziert worden – nicht nur von Konservativen, sondern aus den eigenen Reihen. Mögliche Überlegungen, wie man Pipelines sprengt, werden mit einem Lächeln als Folklore wahrgenommen; selbst, wenn der Urheber solcher Wünsche und Vordenker der militanten Klimaszene im Spiegel einen großen Artikel schrieben darf.

Schon lange sind dabei nicht die klassischen Großkonzerne von Gas, Öl und Kohle Zielscheibe der verniedlicht als Aktivisten beschriebenen Gruppen. Teslas „Greenwashing“, nämlich die Behauptung, grün zu sein und in Wirklichkeit nichts für Umwelt und Klima zu tun, sondern weiterhin dem verschwenderischen Kapitalismus zu frönen, ist ihnen ein mindestens genau so großer Dorn im Auge. Denn den Radikalen sind kleine Schritte nie radikal genug. Sie glauben nicht an den evolutionären Fortschritt, weder in der Wirtschaft, noch in der Politik. Sie wollen die Revolution. Für diese Jakobiner sind selbst Annalena Baerbock und Robert Habeck verachtenswerte Verräter, weil deren Umbau zu langsam vonstatten geht.

Mehrmals konnte man solche Brüche bei den Klimakonferenzen zwischen den grünen Eliten drinnen und dem grünen Fußvolk draußen erkennen. Bei Tesla gesellt sich aber noch ein weiterer Faktor hinzu. Während die meisten Milliardäre auf den grünen Zug aufgesprungen sind und die verbündeten NGOs mit Geld vollpumpen, ist Elon Musk zum Luzifer der woken Bewegung im Allgemeinen und der Klimabewegung im Besonderen aufgestiegen. Dabei war die Übernahme von Twitter (heute: X) nur ein Schlussstein. Musk ist für weite Teile der linksradikalen Szene zum Trump-Ersatz geworden.

Der Vorfall zeigt aber auch, warum der Begriff „Klimaextremismus“ oder „Klimaextremisten“ weiterhin eine korrekte Bezeichnung bleibt; vermutlich wäre aber „Klimasaboteur“ korrekter. Klimaextremisten stören nicht nur das tägliche Leben, sondern stören und zerstören Infrastruktur. Seit Auftauchen des Begriffs hat der Saboteur zudem die Konnotation eines Gegners, der nicht selten von außen bezahlt wird – eine Parallele, die sich angesichts der weitläufigen Finanzierungen durch internationale Geldgeber zusätzlich aufdrängt.

Es besteht der breit aufgestellte Versuch, Sabotage zu entdämonisieren und das, was man landläufig unter Sabotage versteht, mit dem zahmen Wort des zivilen Ungehorsams bemänteln zu wollen. Ziviler Ungehorsam versteht sich vor allem als moralischer Widerstand. Zum Vergleich: die „Weiße Rose“ hat Flugblätter verteilt, Gandhi hat bei seinem Salzmarsch nicht einmal in der Theorie ein unbeteiligtes Menschenleben in Gefahr gebracht. Die Klimaextremisten bedienen sich dagegen der Mittel linkradikaler Widerständler in der Tradition der Pariser Kommunarden. Ihre Vertreter üben keinen gesitteten Widerstand, sondern proben die Rebellion, die sich moralisch durch ihren Endzweck rechtfertigt. Die postulierten Bürgerrechte sind imaginierte Rechtsansprüche, die sie mantra-artig wiederholen, aber so viel profunden Unterbau haben wie marxistische Geschichtsdeutungen.

Dabei ist die Verwendung des Sabotagevorwurfs kein Kotau vor der politischen Korrektheit. Politische Korrektheit hieße es, die lange Tradition der linksradikalen Sabotageversuche, wie sie unter kommunistischen und sozialistisch gefärbten Organisationen seit dem vorletzten Jahrhundert zur Regel gehören, nicht als das benennen zu wollen, was sie waren. Die „Vulkangruppe“, aber auch die „Letzte Generation“ und ihre ideologischen Schwestern und Brüder stehen tief in dieser Tradition, die nichts weiter ist als eine alte Idee im neuen Gewand; und dass sie damals wie heute zur Überwindung des „Kapitalistischen Systems“ eingesetzt wird, fügt sie wie ein Mosaikstein in ein größeres Bild.


Anzeige
Die mobile Version verlassen