Das Rezessionsrisiko in Deutschland ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch. Deutschland gehört europaweit mit 38 Prozent Wahrscheinlichkeit zur Spitzengruppe der Länder mit dem höchsten Risiko für eine Rezession. Auch das Handwerk steht schlecht da und erwartet einen Beschäftigungsrückgang. Ein Überblick:
Arbeitslosigkeit
Im Februar 2024 stieg die Arbeitslosigkeit auf 2.814.000 Personen. Auch saisonbereinigt nahm die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat zu, und zwar um 11.000. Verglichen mit dem Februar des vorigen Jahres ist die Arbeitslosenzahl um 194.000 höher. Die Arbeitslosenquote lag im Februar 2024 wie im Januar bei 6,1 Prozent, konstatiert die Bundesagentur für Arbeit. „Das schwache konjunkturelle Umfeld dämpft den insgesamt robusten Arbeitsmarkt“, sagte BA-Chefin Andrea Nahles in Nürnberg. „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nehmen im Februar zu und die Nachfrage der Unternehmen nach neuen Arbeitskräften gibt nach.“
Jobverluste bei Thyssenkrupp
In die Kategorie Negative Beschäftigungserwartungen fällt auch Thyssenkrupp. Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel arbeite an einem Konzept, das eine Schließung von mindestens einem Hochofen und zwei Walzwerken am Standort in Duisburg vorsehe, berichtete kürzlich das Handelsblatt unter Berufung auf Unternehmenskreise. Offenbar beinhalten die Planungen einen Rückbau auf etwa acht bis neun Millionen Tonnen Produktionskapazität. Insidern zufolge könnten mit diesen Plänen mindestens 5.000 der 27.000 Jobs bei der Stahlsparte überflüssig werden. Thyssenkrupp wollte sich dazu nicht äußern, heißt es bei finanzen.net.
Die Kursentwicklung der Thyssenkrupp-Aktie verharrt momentan auf 4,74 € pro Aktie. In den letzten sechs Monaten fiel der Kurs um etwa 33 Prozent. Im gesamten letzten Jahr um etwa 34 Prozent.
Und wie war das noch mit dem „Grünen Stahl“? Für den Bau einer Anlage zur grünen Stahlproduktion soll Thyssenkrupp bis zu zwei Milliarden Euro erhalten, lauteten Berichte im Sommer vergangenen Jahres. Die EU-Kommission hat diese „Hilfen“ genehmigt. Mit dem Projekt könnten fast 60 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, hieß es bei der Tagesschau. Zunächst sollten Subventionen von bis zu 550 Millionen Euro fließen, „um eine Anlage für die Stahlproduktion zu bauen und zu errichten. Diese soll zunächst noch mit Erdgas betrieben werden, das aber bis 2037 vollständig durch erneuerbaren und damit klimafreundlicheren Wasserstoff ersetzt werden soll.“
Und andererseits, wie oben, die Schließung von mindestens einem Hochofen und zwei Walzwerken in Duisburg einschließlich Verlust von 5.000 Arbeitsplätzen.
Der Absturz bei Baugenehmigungen setzt sich fort
Die Zahl genehmigter Wohnungen sinkt auf niedrigsten Stand seit 2012. Im Jahr 2023 wurde in Deutschland der Bau von 260.100 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen am Donnerstag mitteilte, waren das 26,6 Prozent oder 94.100 Wohnungen weniger als im Jahr 2022. Niedriger war die Zahl der Baugenehmigungen zuletzt im Jahr 2012 (241.100 Wohnungen).
In den Zahlen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten. Zum Rückgang der Bauvorhaben im Jahr 2023 dürften unter anderem gestiegene Kosten für Baumaterialien und verschlechterte Finanzierungsbedingungen beigetragen haben, so die Statistiker.
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen war in allen Monaten des Jahres 2023 niedriger als im jeweiligen Vorjahresmonat. Mit negativen Veränderungsraten von über 30 Prozent waren die Rückgänge in den Monaten April, Juli und August sowie zuletzt im Dezember 2023 (-35,1 Prozent gegenüber Dezember 2022 auf 21.200 Wohnungen) besonders deutlich. Alle übrigen Monate bis auf Oktober und November 2023 (-10,7 Prozent und -15,4 Prozent) wiesen Rückgänge von über 20 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat auf.
Im Zuge dessen verschärft sich die Wohnungsnot und steigen die Mieten. Laut einer Studie, die das Bündnis Soziales Wohnen vorgestellt hatte, herrscht in Deutschland der größte Wohnungsmangel seit mehr als 20 Jahren.
Das Ifo-Institut hatte zum Jahresbeginn pessimistische Einschätzungen für die Entwicklung des Wohnungsbaus vorgelegt: Danach werden in 2024 nur 225.000, in 2025 195.000 und in 2026 rund 175.000 Wohnungen fertiggestellt. Im europäischen Vergleich ist die Talfahrt des Wohnungsbaus damit in Deutschland am stärksten ausgeprägt. Die Prognose für 2024 bedeutet also erneut einen Rückgang um weitere 45.000 Wohneinheiten.
Für das Baugewerbe kommt ein entscheidender Aspekt hinzu: Hält der aktuelle Absturz weiter an, sind weitere Insolvenzen nicht zu vermeiden. Wegen des aktuellen Einbruchs der Bautätigkeit berichtet eine steigende Zahl von Baufirmen über finanzielle Schwierigkeiten, wie das Ifo-Institut bereits im Herbst 2023 berichtete. Die Stornierungen im Wohnungsbau türmten sich zu einem neuen Höchststand auf.
Schrumpfen erst einmal die Kapazitäten der Branche, würde das nach Einschätzung des Ifo-Konjunkturexperten Wohlrabe zum Hemmnis für eine künftige Wiederbelebung werden. „Die Stornierungen im Wohnungsbau türmen sich zu einem neuen Höchststand auf“, so Wohlrabe. „Seit Beginn der Erhebung 1991 haben wir noch nichts Vergleichbares beobachtet. Die Verunsicherung im Markt ist riesig.“