Tichys Einblick
Sinkende Beschäftigungszahl

Dem deutschen Handwerk droht Rezession

Umsatzrückgänge, geringer Auftragsbestand, negative Beschäftigungserwartungen sowie Zurückhaltung bei Investitionen sind die Zutaten des wirtschaftlichen Abschwungs im Handwerk.

IMAGO / Seeliger

Minister Habeck „warnte“ unlängst davor, die Wirtschaft schlechtzureden. Deutschland habe Probleme, das bedeute aber nicht, dass alles schlecht sei. Im Umkehrschluss: Der Wirtschaft geht’s gut, nur die Zahlen sind schlecht, wie CDU-Mann Jens Spahn kürzlich im Bundestag ergänzte.

Fakt ist, die Erosion des deutschen Wirtschaftsmodells nimmt beständig zu. Die Wirtschaft schrumpft deutlicher als erwartet. Selbst das Handwerk ist davon betroffen. Ohne Standortimpulse und Lockerung der Konjunkturbremsen drohe im Handwerk eine Rezession, stellte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) nach einer Umfrage in den Betrieben fest.

„Die Handwerksbetriebe haben für die ersten beiden Quartale des laufenden Jahres in der Summe deutlich rückläufige Umsatzerwartungen im Vergleich zu den beiden Vorjahresquartalen“, lautet die Bestandsaufnahme. „Auch vor dem Hintergrund der hohen Preissteigerungsraten der letzten 12 Monate ist das ein alarmierendes Ergebnis.“ Etwa jeder fünfte Betrieb gehe von einer sinkenden Beschäftigtenzahl aus.

Kleinere Firmen erwägen Schließungen

Das bedeutet, es macht sich angesichts des schwierigen konjunkturellen Umfelds zunehmend Pessimismus breit. Ursächlich für die schwachen Umsatzerwartungen dürfte vor allem die Entwicklung der Auftragsbestände sein, heißt es weiter. Aktuell berichten die Betriebe noch von Auftragspolstern, die im Durchschnitt für 10,1 Wochen reichen.

Die große Unsicherheit im Hinblick auf die weitere konjunkturelle Entwicklung führt aufseiten der Handwerksbetriebe vor allem zu einer starken Zurückhaltung bei Investitionen. 42 Prozent berichten davon, Investitionsvorhaben verschieben zu wollen. Bedingt durch die rückläufige Nachfrage nach handwerklichen Erzeugnissen oder Dienstleistungen erwägt zudem beinahe jeder vierte Betrieb (24 Prozent) die Schließung einzelner Betriebsstätten oder die Aufgabe einzelner Geschäftsfelder. Die Reduzierung von Öffnungszeiten wird von 18 Prozent in Betracht gezogen oder bereits vollzogen. Wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anhalten, können sich 13 Prozent als Ultima Ratio sogar die Schließung oder Übergabe des eigenen Betriebs vorstellen.

Wie überall im Land drücken Energiekosten sowie Steuern und Abgaben

Als besonders belastend im aktuellen Konjunkturumfeld wirken derzeit nach Auffassung der Handwerksbetriebe die hohe Steuer- und Abgabenlast (68 Prozent) sowie die zu erfüllenden Dokumentations- und Nachweispflichten (52 Prozent). Große Belastungsfaktoren sind der Fachkräftemangel (44 Prozent), die hohen Energiekosten (43 Prozent) und der derzeitige Auftragsrückgang (41 Prozent).

Zum hohen Anteil der unternehmerischen Arbeitszeit hinsichtlich Dokumentations- und Nachweispflicht wird festgestellt: Im Durchschnitt des Gesamthandwerks berichten die Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber davon, dafür circa ein Viertel ihrer Arbeitszeit einzusetzen. Immerhin 6 Prozent informieren darüber, dass entsprechende Tätigkeiten mehr als die Hälfte der unternehmerischen Arbeitszeit einnehmen.

Negative Beschäftigungserwartungen

Für das 1. Quartal 2024 gingen 47 Prozent von einem Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahresquartal aus, während nur 7 Prozent einen Umsatzanstieg erwarteten. Für das 2. Quartal fallen die Umsatzerwartungen kaum besser aus. 38 Prozent der Betriebe erwarten demnach abnehmende Auftragspolster, noch 16 Prozent zunehmende. Das schwache wirtschaftliche Umfeld führt auch zu deutlich negativen Beschäftigungserwartungen bis zum Ende des 2. Quartals 2024.

Steuersenkungen (53 Prozent) und die Sicherstellung einer bezahlbaren Energieversorgung (46 Prozent) werden am häufigsten benannt, wenn es um die standortverbessernden Faktoren geht, die die Bundesregierung prioritär angehen sollte. Zudem fehlt es an einer grundsätzlichen Wertschätzung für eine selbstständige Tätigkeit und unternehmerisches Handeln (45 Prozent).

Die Ergebnisse der Umfrage sind für den Zentralverband des Deutschen Handwerks im Grunde ein Hilferuf der Betriebe, endlich die Standortbremsen zu lösen.

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