Ohne NGO-Schiffe würden sich viele Migranten weigern, die Überfahrt von Libyen und anderswo anzutreten. Dieses Zitat wird von Frontex überliefert. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sogar die EU-Grenzschutzagentur zu dieser Erkenntnis gelangt wäre. Denn ohne die Hilfe der NGO-Schiffe müssten die Migranten hunderte Seemeilen in ihren kleinen, dann doch unsicheren Booten überwinden. So werden sie schon nach wenigen Seemeilen aufgefangen und auf größeren Schiffen an die gegenüberliegende Seite des Mittelmeers gebracht, die Europa heißt.
Naseem Areebi, alias Mazen Al-Zuwari, scheint ein legendärer Schlepper zu sein, dem sicher viele tausende Migranten zu Dank verpflichtet sind. Gemäß neuen Belegen arbeiten er oder seine Bootsführer direkt, Hand in Hand, mit der deutschen NGO „SOS Humanity“ zusammen.
Das X-Profil Migrant Rescue Watch, das die Erleichterung und die Organisation der illegalen Migration rund um Libyen schon länger dokumentiert, hat mehrere Videos veröffentlicht, die diese Zusammenarbeit zu illustrieren scheinen. Es sind Videos, die von den Migranten – vielleicht auch einem Schlepper – selbst gemacht wurden, um die erfolgreiche Einschleusung in ein EU-Land zu dokumentieren, sie zu feiern – und so wiederum für weitere Einschleusungen zu trommeln. Genannt wird auch eine Website „Arab Wind“, auf der man illegale Überfahrten von Libyen für 5.000 und mehr Dollar kaufen kann. Das scheint das Luxussegment zu sein, eventuell mit garantierter Abholung durch eine (deutsche) NGO. Dem professionellen Schlepper, Al-Zuwari, wird in dem Video der größte Respekt gezollt, er sei die „Nummer 1“ sagen mehrere der arabischen Migranten, einige zeigen das Victory-Zeichen. Sie werden vom Kameramann sogar dazu aufgefordert, so etwa ein gewisser Fadi, der im Hintergrund sitzt und nicht gleicht bemerkt hat, dass es hier um fröhliche Gesichter und Gesten geht.
Das Video zeigt aber nicht nur das, sondern auch ein Beiboot, das mutmaßlich von dem NGO-Schiff „Humanity 1“ abgelegt hat, welches wiederum dem Verein SOS Humanity gehört. In den auf X veröffentlichten Video-Aufnahmen sagt der deutsche Anführer der NGO-Beiboot-Crew unter anderem: „I’m gonna decide who’s coming next, and you only come, when we give you the signal.“ – „Ich entscheide, wer als nächster drankommt, und ihr kommt erst, wenn wir euch das Signal geben.“ Man scheint zum Zeugen der Dreharbeiten für einen Film geworden zu sein, den die NGO-Leute (im dunkelblauen Einheitsdress, mit gelbem Schutzhelm, sie sehen wie offizielle Schutzleute aus) zusammen mit den Schleppern drehen. Laut der Tageszeitung Il Giornale hat die italienische Polizei, genauer der Servizio centrale operativo (Sco), der sich etwa auch mit der organisierten Kriminalität befasst, Ermittlungen wegen der fragwürdigen Aktion eröffnet.
Der deutsche Bootsführer, der zuvor vom Selektieren der Migranten sprach, von einem Vorgehen, das nur er festlegt, bestätigt, dass er mit seinem Beiboot gleich wiederkommen werde. Es handelt sich ganz klar um eine inszenierte Situation, inszeniert auch von der deutschen NGO „SOS Humanity“ mit offiziellem Sitz in Berlin, die letztes Jahr 790.000 Euro von der Bundesregierung erhielt – als Teil eines Regierungsprogramms, das die illegale Einschleusung von Migranten nach Italien mit einer Geldprämie sanktioniert.
Nach einem Videoschnitt folgen Bilder aus Sicht des Beiboots, in denen man das Umsteigen der Araber von Boot zu Boot sieht. Hier ist aufgekratzte, arabische Musik untergelegt. In nicht allzu großer Ferne sieht man das Mutterschiff der NGO liegen.
Fehlende Rettungswesten als Rettungsgrund
Die Migranten tragen dabei von Anfang an Rettungswesten. Ein Tweet von SOS Humanity besagt aber, dass die Bootsinsassen ursprünglich keine Rettungswesten trugen. Man hat sie ihnen also zunächst gegeben, um dann – in irgendeiner Weise filmreif – wieder zurückzukehren und das kleine Werbevideo zu drehen. Im NGO-Tweet ist von 64 Insassen in einem „überfüllten, seeuntüchtigen Holzboot in Seenot“ die Rede – doch das ist eher eine Fiktion, die die NGO für ihr Publikum und natürlich aus rechtlichen Gründen aufrechterhalten muss. Von einer Notsituation im klassischen Sinne ist auf den Videos nichts zu bemerken. Das Fehlen von Rettungswesten und Navigationsinstrumenten muss dafür herhalten, diese angebliche „Rettung“ eines sorgenfreien Jungmännerverbundes zu rechtfertigen.
Die jungen Männer gehen dabei genau nach Plan aus den Händen ihrer Schlepper in die der deutschen Hilfsschleuser über. Angeblich ist auf den Videos auch die Stimme eines Libyers aus der Kyrenaika zu hören, der ein Gehilfe Al-Zuwaris (oder Al-Zuwari selbst?) sein könnte.
So wie die deutschen Geldgeber durch die immer wieder kommenden Medienartikel davon überzeugt werden, dass ihr Geld (inklusive der Steuergelder) genauso eingesetzt wird, wie geplant, dass also wirklich illegale Migranten unweit der Küste Libyens aufgelesen und anschließend in italienischen Häfen abgeliefert werden, so braucht auch der libysche Schlepper Al-Zuwari immer wieder Beweise für seine erfolgten Schleppungen. Daneben könnte solch ein Video – wenn es hier gedreht wurde – natürlich auch wirklich Promotion für die deutsche NGO machen. Es gibt ja inzwischen sogar einen abendfüllenden Kinostreifen, der das Treiben im Mittelmeer gehörig emotionalisiert und heroisiert.
Es fällt das Wort „Almanija“
Auch auf der „Humanity 1“ zeigen sich die jungen Männer – auch einige Minderjährige und Kinder sind dabei, aber keine Frauen – quasi besoffen von ihrem Erfolg und feiern ihren Schlepper. Es fällt das Wort „Almanija“ – die Migranten sind nun sicher, auf dem besten Weg in ihr Zielland zu sein, das Land ohne funktionierende Asylverfahren, dafür mit unbegrenzter Versorgung für die ankommenden Migranten – egal ob als Antragsteller oder nach dem Verfahren, egal ob einer Arbeit hat oder nicht. Dort, in diesem noch fernen „Almanija“, wird für die jungen Männer gesorgt sein, aber auch für die Familien, die sie im Land gründen, und für die übrigen Verwandten, die sie nachholen werden. Am Ende, nach maximal fünf Jahren, wird das Land sie auch noch zu deutschen Staatsbürgern machen, wenn die jungen Männer das wollen, und es wird dabei eine doppelte Staatsbürgerschaft zulassen, auch wenn zwischen Herkunftsland und Aufnahmeland eine durchaus kontrastreiche Beziehung herrscht, ein Loyalitätskonflikt also nicht ausgeschlossen werden kann.
Weitere Bilder zeigen, wie die arabischen Männer mit jungen Frauen mit offenem Haar tanzen. Eine der Frauen trägt einen schwarzen Overall, auf dessen Rücken deutlich das Logo „SOS Humanity“ zu sehen ist (Video in Tweet 2/3, Minute 1:36). Es sind offenbar die faszinierten NGO-Mitarbeiterinnen, die sich dem von ihnen gesuchten exotischen Flair hingeben. Einige der scheinbar weltoffenen jungen Männer tanzen und klatschen mit. Drei Knaben sitzen derweil am Boden. Eine arabische Frau ist noch immer nicht in Sicht. Froh posieren die NGO-Mitarbeiterinnen – auf diesen Schiffen scheinen sich in der Mehrheit Frauen auszuleben – mit den männlichen Migranten.
Filme locken täglich Tausende in Lebensgefahr – oftmals in den Tod
Und alles das scheint wirklich so etwas zu sein wie das „tödlichste Kumbaya der Welt“ – wie ein Tweet von Migrant Rescue Watch es sieht – eine Unterhaltungsveranstaltung für weiße Europäer, die sich damit ihre Restlaufzeit mit gelebtem Exotismus und Fremdenliebe versüßen. Frühere Berichte aus dem Innenleben der NGOs, etwa in der US-People Magazin „Vanity Fair“, ließen ganz ähnliche Gedanken aufkommen. Meist sind das junge, pseudo-idealistische Menschen – die tatsächlich gegen eine große innere Leere anzukämpfen scheinen –, welche sich auf diese modernen „Seelenkähne“ begeben, um ihren Kontinent mit neuen Bewohnern zu versorgen.
Tatsächlich locken Bilder wie diese – Promo-Filmchen für kriminelle Schlepper – täglich tausende Menschen auf die gefährliche Reise zum und übers Mittelmeer. Insofern ist Migrant Rescue Watch rechtzugeben: Die feiernden Migranten tanzen auf den Leichen ihrer Fahrtgenossen, die vielleicht keine 5.000 Dollar für ihren illegalen Trip ausgeben konnten.
Am Ende des Threads von „SOS Humanity“ steht wieder einmal die Klage über die Anwendung des italienischen Piantedosi-Dekrets, das die Zuweisung von Häfen an die NGO-Schiffe vorsieht. In diesem Fall sei der weit entfernte Hafen und Urlaubsort Marina di Carrara bei La Spezia zugewiesen worden, 1.200 Kilometer nördlich von der Rettungsstelle. Doch wer hatte die NGO auch damit beauftragt, kurz vor der libyschen Küste nach geschleppten Migranten zu fahnden? Niemand außer ihren verqueren „Idealen“.
Allein 155.000 Migranten reisten im letzten Jahr illegal nach Italien ein, meist mit einem Zielland weiter im Norden. Im Januar kamen die Migranten auf der zentralen Mittelmeerroute vor allem aus Tunesien, Bangladesch und Syrien. Auch Deutschland ist betroffen: In Regensburg sorgen derzeit Tunesier für Unruhe, wie parallel dazu in Chemnitz und an vielen anderen Orten in Deutschland. Frankreich intensivierte nach einer Uneinigkeit mit Rom seine Grenzkontrollen, und hat dieselben noch nicht wieder aufgehoben oder zurückgefahren.