Was bleibt von den Demonstrationen „gegen Rechts“? Das fragt die Mitarbeiterin des Deutschlandfunks Karin Prien (CDU). Mit dem Deutschlandfunk ist es wie mit der Aktuellen Kamera und dem Neuen Deutschland in der DDR: Die Inhalte sind derart stramm auf Linie der Regierung, dass sie intellektuell und moralisch nur schwer zu ertragen sind. Will der Hörer Informationen daraus ziehen, muss er in die Interpretation: Was bleibt von den Demonstrationen „gegen Rechts“? Nie würde es die Ampel zugeben – und damit auch der Deutschlandfunk nicht –, doch die Formulierung verrät es. Die Realität hat das Ablenkungsmanöver „Kampf gegen Rechts“ wieder aus dem Interesse verdrängt und wird es auch immer wieder tun, egal, wie stark sich die Regierung und ihre Anhänger wehren. Die Krisen Deutschlands sind stärker als eine von einem Konzeptkünstler erdachte Kampagne.
Und was macht die CDU? Sie startet ein Ausschlussverfahren gegen den Wirt, in dessen Räumen das „Geheimtreffen von Potsdam“, die „Wannseekonferenz 2.0“ stattgefunden hat. Daran ist alles falsch. Zuallererst ist das inhaltlicher Quatsch: Von der Fragwürdigkeit der „Recherche“ Correctivs mal abgesehen – ein Wirt hat Räume vermietet. Was soll er tun? All seine Gäste vorher auf politische Verlässlichkeit untersuchen. Die Gespräche mithören? Intervenieren, wenn seine Gäste etwas sagen, das ihm nicht passt? Das ist ein Denken, das in die Partei von Erich Mielke (SED) passt. Nicht in die Partei von Konrad Adenauer (CDU). „Wir wählen die Freiheit.“
Doch so sehr das Ausschlussverfahren eine inhaltliche Dummheit ist, viel dümmer ist nur noch der taktische Gedanke dahinter: In dem Moment, in dem die PR-Welle am Strand der Realität bricht, stellt sich die CDU an die Spitze der Bewegung. Führende Mitglieder der großen konservativen Partei der Bonner Republik kämpfen „gegen Rechts“. Zeitgleich erklärt der Vorsitzende Friedrich Merz, er strebe weiterhin eine Koalition mit den Grünen an. Energischer als die CDU hat sich noch nie eine Partei von ihren potenziellen Wählern distanziert.
Eine gesellschaftliche Mehrheit steht gegen die grün dominierte Politik der Ampel. Deren Bilanz ist so verheerend, dass mittlerweile ausländische Medien Analysen über den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Abstieg Deutschlands veröffentlichen. Laut Umfragen sagen rund 40 Prozent der Wähler, dass die Grünen eine Partei sind, die sie auf keinen Fall wählen würden. In dieser Situation sagt der Oppositionsführer, dass er diese Politik unter anderen Vorzeichen fortführen und seinen Wählern vor die Nase stellen will. Einen vergleichbaren Kampfgeist haben zuletzt 1982 die Fußballer von Deutschland und Österreich in Gijón gezeigt.
Eigentlich müsste Merz nur die Schürze aufhalten und die Früchte ernten: die verschreckten Wähler, die vor der Ampel fliehen. Das Chaos, in dem jeder mit einer Unze Führungstalent wie ein großer Feldherr aussehen würde. Doch Merz stellt seine Partei in eine Position, in der sie weiter auf das Wohlwollen der Grünen angewiesen ist. Und in eine Situation, in der sie sich ständig für ihre Inhalte entschuldigen muss.
Wie das funktioniert, führt das Interview mit Prien vor. Zuerst zeigt sich die Mitarbeiterin des Deutschlandfunks einig mit der Bildungsministerin in Schleswig-Holstein: Schlimm dieses Rechts, gut, dass die Menschen demonstrieren, so gut. Doch dann zwingt die Öffentlich-Rechtliche die CDU-Linke zur Selbstkritik. Unter Merz würde die CDU die „Brandmauer“ gegen die AfD in Frage stellen. Prien wehrt sich. Vor Ort müsse man die Daseinsvorsorge sichern, da komme es zu Zusammenarbeiten mit der AfD, die SPD tue das in Dithmarschen doch auch.
Christdemokraten erwarten immer noch Fairness von Öffentlich-Rechtlichen. Irgendwie auch niedlich. Doch der Deutschlandfunk-Kader hakt nach. Es sei ja wohl Merz, der verbal übergriffig werde. Die Paschas, die Zahnbehandlung, Merz stelle doch die Brandmauer in Frage. Von da an fährt Prien nur noch im Rückwärtsgang. Die Beschlüsse zur Einwanderung setze die Ampel ja nicht um, man müsse das doch erwähnen dürfen … Die Wortwahl sei ja eher in einem komödiantischen Zusammenhang zu sehen und die Krise mit der Einwanderung sei ja real.
Ja. Das ist sie. Die unkontrollierte Einwanderung gehört zu den schweren Problemen, die Medien im ausländischen Westen durchaus erkennen – aber nicht in der Ampelrepublik Deutschland (ARD). Doch die CDU hat sich mit ihrem „Kampf gegen Rechts“ in eine Situation gebracht, in der sie dieses Problem nicht mehr offen ansprechen kann – aus Angst, aus dem Medien- und Parteienkartell zu fliegen, das den „Kampf gegen Rechts“ organisiert. Damit verprellt die CDU ihre Anhänger. Nicht nur an der Basis. Sondern noch viel mehr in den Gemeinderäten, Rathäusern und Landratsämtern.
Im Mai will die CDU ihr neues Grundsatzprogramm beschließen. Eines, das die Partei über anderthalb Jahre finden musste. Weil sie ihre eigentlichen Grundsätze verloren hat. Das „Wir wählen die Freiheit“ Konrad Adenauers, das bürgerliche Selbstbewusstsein Helmut Kohls. An ihre Stelle treten designte Grundsätze – erdacht, um in einer linken Medienlandschaft zu glänzen. Die Innenministerin, die Links-Hardlinerin Nancy Faeser (SPD) stellt im Staatsfunk die gesellschaftliche Mitte in den Generalverdacht, anschlussfähig für Rechtsextremismus zu sein. Und die CDU übernimmt diese Erzählung und kämpft „gegen Rechts“. Damit kämpft die CDU gegen sich – und ist eigentlich zu Ende erzählt.